Entscheidungsstichwort (Thema)

Entgeltbegriff in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Umsatzabhängige Zurverfügungstellung eines Büros

 

Leitsatz (amtlich)

Es liegt kein Entgelt im Sinne des § 87 Abs 1 Ziff 10 BetrVG vor, wenn der Arbeitsgeber einem Arbeitnehmer bei Erfüllung bestimmter Kriterien des „Umsatzes” des Arbeitnehmers diesem ein eigenes Büro zur Verfügung stellt und ihm einen Mitarbeiter zuweist.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 24.06.2003; Aktenzeichen 20 BV 1/03)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 31.05.2005; Aktenzeichen 1 ABR 22/04)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24. Juni 2003 – 20 BV 1/03 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I. Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit des Spruchs einer Einigungsstelle sowie darum, ob dem Beteiligten zu 1) ein Mitbestimmungsrecht bei der Festsetzung und/ oder der Veränderung von Einrichtungskriterien für Bezirksdirektorenbüros bei der Beteiligten zu 2) zusteht.

Der Beteiligte zu 1) ist der bei der Beteiligten zu 2) gebildete Gesamtbetriebsrat.

Die Beteiligte zu 2) betreibt ein Versicherungsunternehmen mit Sitz in Hamburg.

Die Beteiligte zu 2) ermöglicht ihren Außendienstmitarbeitern, ihre Tätigkeit aus der jeweiligen Vertriebsdirektion abzuwickeln oder aber ein häusliches Arbeitszimmer einzurichten. In jedem Fall erhalten die Mitarbeiter eine monatliche Aufwandspauschale von 772,50 EUR, die unstreitig nicht die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer ganz oder teilweise abdecken soll.

Bei der Erfüllung bestimmter Kriterien ernennt die Beteiligte zu 2) ihre Außendienstmitarbeiter zu „Bezirksdirektoren”. Zunächst erfolgte dies, wenn ein Mitarbeiter ein Versicherungsbeitragsvolumen von 15.000 Nettowerteinheiten im Laufe eines Jahres erwirtschaftete und es ihm gelang, 5 hauptberufliche Verkäufer in seinem Verantwortungsbereich anzuwerben. Die Beteiligte zu 2) richtete dem Bezirksdirektor ein Büro ein von ca. 100 m², das technisch vollständig ausgestattet und an das zentrale EDV-System angebunden ist. Darüber hinaus weist die Beteiligte zu 2) jedem Bezirksdirektor einen Innendienstmitarbeiter zu. Auch die Bezirksdirektoren erhalten die Aufwandspauschale von 772,50 EUR.

Seit dem 01. Januar 2001 erfolgt die Ernennung zum Bezirksdirektor zwar noch unter den bisherigen Voraussetzungen; Bezirksdirektoren erhalten ein Büro nebst Innendienstmitarbeiter aber erst dann, wenn sie in einem Jahr 18.000 Nettowerteinheiten erwirtschaftet und 5 hauptberufliche Mitarbeiter in ihrem Verantwortungsbereich angeworben haben sowie 80 % der Planstellen nebenberuflicher Außendienstmitarbeiter in ihrem Bezirk besetzt sind.

Mit Wirkung ab dem 01. Januar 2002 setzte die Beteiligte zu 1) die Grenze der Nettowerteinheiten für die Einrichtung eines eigenen Büros auf 21.000 Nettowerteinheiten hinauf.

Die Beteiligte zu 2) ernennt Außendienstmitarbeiter zu Bezirksdirektoren, auch ohne ihnen ein Büro einzurichten. Die Aufwandspauschale wird in unveränderter Weise an die Bezirksdirektoren gezahlt, unabhängig davon, ob ihnen ein Büro eingerichtet wurde oder nicht.

Der Beteiligte zu 1) forderte die Beteiligte zu 2) vergeblich auf, eine Entscheidung der Einigungsstelle über die von ihr vorgenommene Änderung herbeizuführen. Die Beteiligte zu 2) stellte die Mitbestimmungspflichtigkeit der von ihr getroffenen Maßnahme – der Festsetzung bzw. Veränderung der Einrichtungskriterien für Bezirksdirektorenbüros – in Abrede.

Der Beteiligte zu 1) leitete ein Beschlussverfahren nach § 98 Arbeitsgerichtsgesetz beim Arbeitsgericht Hamburg ein. Dieses setzte mit Beschluss vom 15. Februar 2002 (Az. 6 BV 20/01) eine Einigungsstelle zur Regelung der Veränderung der Einrichtungskriterien für Bezirksdirektoren-Büros bei der Beteiligten zu 2) ein. Die von der Beteiligten zu 2) eingelegte Beschwerde wurde vom Landesarbeitsgericht Hamburg durch Beschluss vom 11. April 2002 – 1 TaBV 1/01 – (Anlage 2, Bl. 9 – 12 d. A.) zurückgewiesen.

Die Einigungsstelle fasste in der Sitzung vom 31. Oktober 2002 folgenden Spruch: „Die Einigungsstelle erklärt sich für unzuständig” (Anlage 3, Bl. 18 d. A.). Hinsichtlich der schriftlichen Begründung wird auf die Anlage 4 (Blatt 19 bis 20 d. A.) verwiesen.

Der Beteiligte zu 1) hat geltend gemacht:

Die Einigungsstelle habe sich zu Unrecht für unzuständig erklärt, da von dem Bestehen eines Mitbestimmungstatbestandes auszugehen sei. Der Erfolg und die Produktivität des einzelnen Bezirksdirektors würden ganz erheblich mit der Einrichtung eines eigenen Büros gesteigert. Ein Bezirksdirektor mit eigenem Büro könne seine Aktivitäten ohne Rücksicht auf andere Organisationseinheiten effektiver steuern und sein Personal erfolgreicher ausbilden. Dies führe unmittelbar zu einer Erhöhung seiner Provision. Immer dann, wenn leistungsbezogen vergütet werde und die Leistung zugleich durch vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Arbeitsmittel maßgeblich beeinflusst werde, liege der Tatbestand der L...

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