Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung. Befristeter Arbeitsvertrag. Vertretung wegen Elternzeit. ergänzende Vertragsauslegung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Rahmen eines zeitbefristeten Arbeitsvertrages vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bei Dienstaufnahme der Stelleninhaberin endet und kehrt diese nach Ablauf der Befristung wegen Gewährung von Sonderurlaub nicht an ihren Arbeitsplatz zurück, ist eine nachträgliche Regelungslücke entstanden, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (im Anschluss an BAG v. 26.06.1996, NZA 1997, S. 200).

2. Die vereinbarte Zeitbefristung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Umstandes, dass die Stelleninhaberin Sonderurlaub beantragt und ihr dieser gewährt wird, der zur Vertretung beschäftigten Arbeitnehmerin eine Befristung bis zum Ablauf des Sonderurlaubs angeboten hätte.

 

Normenkette

TzBfG § 14 Abs. 1 Nr. 3; BErzGG § 21 Abs. 1; TzBfG § 14; BErzGG §§ 21, 16; BGB § 157

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 21.03.2007; Aktenzeichen 2 Ca 3803/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.04.2009; Aktenzeichen 7 AZR 768/07)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 21.03.2007 – 2 Ca 3803/06 – wird abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht zum 11.01.2007 beendet ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin (geb. am 09.05.1948, verheiratet) war seit dem 06.03.1997 in mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen bei der beklagten Stadt als Sekretärin beschäftigt.

Am 20.02.2004 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag. Darin heißt es u.a.:

㤠1

Die Arbeitnehmerin wird ab 09.03.2004 als Angestellte befristet nach § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz (BerzGG) in der jeweils geltenden Fassung für die Dauer der Elternzeit der Stelleninhaberin der Stelle 40 25 0200 090 (Schulsekretärin/Bürokraft, Kath. HS O.) in der Tätigkeit als Schulsekretärin bis zum 11.01.2006 eingestellt. Die Übertragung anderer Tätigkeiten bleibt vorbehalten.

Die Beschäftigung erfolgt in Mönchengladbach. Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt.

§ 2

Ungeachtet der in Nr. 7 SR 2y BAT enthaltenen Regelungen kann das Arbeitsverhältnis nach § 21 Abs. 4 BerzGG gekündigt werden.

§ 5

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 29,0 Stunden wöchentlich.”

Die in § 1 des Arbeitsvertrages genannte Stelleninhaberin ist Frau T. L., der vom 09.03.2004 bis 11.01.2006 Elternzeit bewilligt worden war. Nach Beantragung und Bewilligung eines dritten Jahres Elternzeit für Frau L. teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.05.2005 Folgendes mit:

„Ihr Arbeitsverhältnis wird über den 11.01.2006 hinaus befristet fortgesetzt, und zwar längstens bis 11.01.2007.

Das Beschäftigungsverhältnis endet, ohne dass es der Einhaltung einer Frist, einer Kündigung oder einer besonderen schriftlichen Benachrichtigung bedarf, bei Eintritt des folgenden Ereignisses:

Dienstaufnahme der Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090 (Schulsekretärin/Bürokraft, Kath. HS O.) nach Elternzeit.

Im übrigen treten in Ihrem befristeten Arbeitsverhältnis keine Änderungen ein.”

Die Klägerin erklärte am 31.05.2005, sie sei mit dieser Änderung ihres Arbeitsvertrages einverstanden.

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte Frau T. L. unbezahlten Urlaub vom 12.01.2007 bis 11.01.2010, der ihr bewilligt wurde.

Mit Schreiben vom 26.10.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, vereinbarungsgemäß laufe das befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Elternzeit der von der Klägerin vertretenen Kraft zum 11.01.2007 aus.

Die Mitarbeiterin Frau I.-I., die geschieden und alleinerziehende Mutter ist und nach Rückkehr aus der Elternzeit ab dem 29.11.2002 zunächst mit 17 Wochenstunden und ab dem 15.09.2003 mit 19 Wochenstunden als Schulsekretärin bei der Beklagten beschäftigt war, hatte im Juni 2004 einen Antrag auf Umsetzung und Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit gestellt. Mit Schreiben vom 02.11.2006 teilte der zuständige Fachbereich dem Personalamt der Beklagten mit, die Stelle der Schulsekretärin/Bürokraft an der Katholischen Hauptschule O. solle ab dem 12.01.2007 endgültig mit einer Festbeschäftigten wiederbesetzt werden und schlug hierfür die Mitarbeiterin Frau I.-I. vor. Entsprechend geschah dies bei gleichzeitiger Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit dieser Mitarbeiterin.

Mit einem am 15.12.2006 bei dem Arbeitsgericht Mönchengladbach eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, ein sachlicher Grund für eine Befristung sei nicht gegeben. Es treffe nicht zu, dass die Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090 den Dienst nach Elternzeit wieder aufgenommen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht zum 11.01.2007 beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzu...

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