Entscheidungsstichwort (Thema)

Schriftform. Fax. Faxkopie. Aufhebungsvertrag. Treu- und Glauben

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein vom Arbeitnehmer auf dem Original unterzeichneter, aber lediglich per Telefaxkopie zurückgesandter Aufhebungsvertrag entspricht nicht dem Schriftformerfordernis des § 623 BGB.

2. Beruft sich der Arbeitnehmer später auf diesen Formmangel, liegt hierin nur in Ausnahmefällen ein Verstoß gegen Treu und Glauben.

 

Normenkette

BGB §§ 623, 126, 242

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 10.06.2005; Aktenzeichen 3 Ca 3436/04)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom10.06.2005 – 3 Ca 3436/04 – abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch den Aufhebungsvertrag vom 26.11./ 01.12.2004 („Arbeitsvertrag Transfergesellschaft”) nicht aufgelöst worden ist.

2. Die Kosten des Rechtsstreit trägt die Beklagte.

3. Streitwert: unverändert (9.270,00 EUR).

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Aufhebungsvertrag aufgelöst worden ist.

Die Beklagte, ein zum Konzern der E. C. AG gehörendes Unternehmen, befasst sich unter anderem mit dem Neubau und der Sanierung von Brückenbauwerken der E. C.. Der am 15.03.1958 geborene Kläger, zur Zeit 47 Jahre alt, Bauingenieur, war seit dem 01.09.2001 bei ihr bzw. deren Rechtsvorgängerin in der Niederlassung West als Planungsingenieur beschäftigt. Sein Monatseinkommen belief sich zuletzt auf ca. 3.090,00 EUR brutto.

Nach Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung zum Strukturwandel vom 28.04.2004 traf die Beklagte im Frühjahr 2004 wegen beabsichtigter Personalreduzierungen Vorbereitungen zur Sozialauswahl des davon betroffenen Personenkreises. Auf entsprechende Veranlassung der Beklagten füllte auch der Kläger einen „Erfassungsbogen zur Durchführung der Sozialauswahl” (vom 03.06.2004) aus. Mit Schreiben vom 27.09.2004 teilte die Beklagte ihm mit, dass unter anderem sein Funktionsbereich vom Beschäftigungswegfall betroffen und nach dem Ergebnis der getroffenen Sozialauswahl auch er vom Verlust seiner Beschäftigung betroffen sei. Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 05.10.2004. Mit Antwortschreiben vom 11.10.2004 teilte die Beklagte ihm mit, dass bei vergeblicher Suche eines neuen Arbeitsplatzes innerhalb des Konzerns ab 01.12.2004 entsprechend den geltenden Tarifregelungen im Konzern seine Übernahme in eine Transfergesellschaft vorgesehen sei. Mit weiterem Schreiben vom 11.11.2004 übersandte sie ihm ein Beschäftigungsangebot mit einem beigefügten „Arbeitsvertrag Transfergesellschaft”. Dieser sah eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zum 01.12.2004 und daran anschließend die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit der Transfergesellschaft Q. Q.- und B. GmbH vor, befristet auf den Zeitraum 01.12.2004 bis 31.07.2006. Die Beklagte bat um Prüfung und Mitteilung des Klägers bis zum 26.11.2004, ob er das Angebot annehme. Zugleich bat sie für den Fall der Annahme um Rücksendung der von ihm unterschriebenen Vertragsexemplare.

Mit Klageschrift vom 22.11.2004, bei dem Arbeitsgericht Duisburg eingegangen ebenfalls am 22.11.2004, der Beklagten zugestellt am 26.11.2004, wandte sich der Kläger zunächst gegen die ihm gegenüber getroffene Sozialauswahl und machte deren Rechtswidrigkeit geltend. Am 26.11.2004 unterzeichnete er das Original des von der Beklagten übersandten Vertrags, fügte einen Vorbehalt über die gerichtliche Überprüfung der Sozialauswahl hinzu und übersandte ebenfalls am 26.11.2004 eine Faxkopie an die Beklagte. Diese und die Transfergesellschaft Q. unterzeichneten die übersandte Faxkopie am 01.12.2004. Im erstinstanzlichen Verfahren stritten die Parteien über die gegenüber dem Kläger getroffene Sozialauswahl.

Der Kläger hat dort zuletzt beantragt,

  1. festzustellen, dass der Aufhebungsvertrag vom 26.11.2004 das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat;
  2. hilfsweise für den Fall des Obsiegens: festzustellen, dass die Sozialauswahl, die die Beklagte zur Durchführung des Arbeitsplatzverlustes des Klägers durchgeführt hat, soweit sie den Kläger betrifft, rechtswidrig ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Duisburg hat die Klage mit Urteil vom 10.06.2005 – 3 Ca 3436/04 – abgewiesen. Es hat den Aufhebungsvertrag als rechtswirksam und die von der Beklagten getroffene Sozialauswahl als zutreffend angesehen. Auf die Entscheidungsgründe im Einzelnen wird verwiesen.

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Berufung, die er zu den im Sitzungsprotokoll vom 29.11.2005 genannten Zeitpunkten eingelegt und begründet hat und mit der er weiterhin die Rechtsunwirksamkeit des Aufhebungsvertrags vom 26.11./01.12.2004 geltend macht. Er begründet dies nunmehr damit, dass es insoweit an der Schriftform des § 623 BGB fehle.

Die Beklagte beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Berufung und beanstandet das Verhalten des Klägers als rechtsmissbräuchlich, da er sel...

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