Entscheidungsstichwort (Thema)

Ablösung einer Betriebsvereinbarung, deren Anwendbarkeit auch einzelvertraglich vereinbart worden ist, durch eine neue Betriebsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Auslegung von Einzelarbeitsverträgen kann ergeben, daß eine als anwendbar bezeichnete bestimmte Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit nicht Inhalt des Arbeitsvertrages geworden ist, daß vielmehr die Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeit nur in der jeweiligen Fassung gelten soll ohne Notwendigkeit der Änderung der Einzelarbeitsverträge bei Abschluß einer neuen Betriebsvereinbarung.

2. Durch die neue Betriebsvereinbarung kann die Arbeitszeitregelung jedenfalls dann verschlechtert werden, wenn sich die Änderung in den Grenzen von Recht und Billigkeit bewegt.

3. Es liegt dann kein Verstoß gegen zwingende Bestimmungen des Kündigungsschutzrechts (§ 2 KSchG) vor.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157; BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1, Abs. 6; KSchG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 21.12.1995; Aktenzeichen 4 Ca 1201/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.1997; Aktenzeichen 1 AZR 572/96)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 21.12.1995 – 4 Ca 1201/95 – abgeändert

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger/die Klägerin zu je 1/7.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger zu 1. war seit 1976, der Kläger zu 2. seit 1992, der Kläger zu 3. seit 1978, der Kläger zu 4. seit 1989, die Klägerin zu 5. seit 1979, der Kläger zu 6. seit 1979 und der Kläger zu 7. seit 1978 beim Rechtsvorgänger des Beklagten, dem A. N. e. V. in K., als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitsverhältnisse sind mit Wirkung vom 01.01.1993 im Wege des Betriebsübergangs auf den Beklagten übergegangen. Die Kläger/in waren und sind als Sachbearbeiter in der sogenannten Pannenhilfezentrale bzw. „P. W.” tätig, diese „P. W.” wurde im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang verlegt von K. nach D.

Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den Parteien sind seit dem 01.08.1991 bzw. seit dem 01.04.1992 geltende schriftliche Arbeitsverträge, auf Arbeitgeberseite abgeschlossen durch den Rechtsvorgänger des Beklagten. In den gleichlautenden Arbeitsverträgen waren unter anderem folgende Regelungen enthalten:

„§ 2 – Beschäftigungsbedingungen

Der A. N. e. V. ist nicht an einen bestimmten Tarifvertrag gebunden. Er regelt seine Arbeitsverhältnisse einzelvertraglich in Anlehnung an bestehende Tarifverträge.

Für die vom A. N. e. V. unterhaltene Pannenhilfezentrale werden die Bestimmungen des Tarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen angewendet.

Abweichende Bestimmungen werden durch die Betriebsvereinbarung vom 01.08.1991 geregelt, die Bestandteil dieses Vertrages ist.

§ 4 – Arbeitstage und -zeiten

Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage regelt sich nach Artikel 4 der Betriebsvereinbarung.

§ 5 – Vergütung

Die Vergütung richtet sich nach dem Tarifvertrag für das Kraftfahrzeuggewerbe im Land Nordrhein-Westfalen in der jeweils gültigen Fassung sowie nach der Betriebsvereinbarung vom 01.08.1991.

§ 6 – Rechtsgrundlagen

Im übrigen gelten für das Arbeitsverhältnis die gesetzlichen und tarifvertraglichen Bestimmungen.

§ 7 – Kündigung

Für die Kündigung des Arbeitsvertrages gelten die gesetzlichen bzw. tarifvertraglichen Bestimmungen des Manteltarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe im Land Nordrhein-Westfalen.

§ 8 – Schlußbestimmungen

Jede der beiden Vertragsparteien erhält eine unterzeichnete Ausfertigung dieses Vertrages und der gültigen Betriebsvereinbarung. Ergänzungen und Änderungen bedürfen der Schriftform. Mündliche Vereinbarungen sind nur rechtswirksam, wenn sie schriftlich bestätigt werden.”

Soweit dort die Rede ist von einer Betriebsvereinbarung vom 01.08.1991, ist gemeint eine am 01.08.1991 in Kraft getretene Betriebsvereinbarung vom 27.07.1991. In ihr war unter anderem folgendes bestimmt:

„Artikel 2 – Tarifvertrag

Für die vom A. N. e. V. unterhaltene Pannenhilfezentrale werden die Bestimmungen des Tarifvertrages für das Kraftfahrzeuggewerbe im Lande Nordrhein-Westfalen in der jeweils gültigen Fassung angewendet. Abweichende Regelungen werden in den folgenden Artikeln getroffen.

Artikel 4 – Arbeitstage und -Zeiten

Die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Arbeitstage (das sind alle Kalendertage, also Werktage, Sonntage und Feiertage) erfolgt im Rahmen von Dienstplänen, die mit Zustimmung des Betriebsrates erstellt werden. Änderungen in Einzelfällen werden nach Rücksprache mit den betroffenen Mitarbeitern einvernehmlich vorgenommen.

Ergeben sich innerhalb eines Kalenderquartals Mehrarbeitstunden, so werden diese durch Bezahlung oder durch Freizeit abgegolten. Minderzeiten werden auf das nächste Quartal vorgetragen.

Artikel 5 – Schichtdienst

Der Dienst in der Pannenhilfezentrale wird in Wechselschicht geleistet. Die Festlegung der Schichten erfolgt im Rahmen von Dienstplänen entsprechend Artikel 4. Diese Dienstpläne berücksichtigen die Bestimmungen der Arbeitszeito...

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