Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer tariflichen Bezugnahmeklausel. Vertrauensschutz nach Rechtsprechungsänderung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Gewährung von Vertrauensschutz in eine aufgegebene höchstrichterliche Rechtsprechung setzt voraus, dass die Partei in die Fortgeltung der bisherigen Rechtsprechung vertrauen durfte. Diese Voraussetzung ist bei einer einzelnen höchstrichterlichen Entscheidung nicht erfüllt.

2. Die Gewährung von Vertrauensschutz in die frühere Rechtsprechung des 4. Senats des BAG zur Auslegung dynamischer Bezugnahmeklauseln als Gleichstellungsabrede setzt voraus, dass der Arbeitgeber tarifgebunden war.

 

Normenkette

TVG § 4 Abs. 1, § 3 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 17.10.2007; Aktenzeichen 4 Ca 5279/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.10.2009; Aktenzeichen 4 AZR 396/08)

 

Tenor

1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.10.2007 – 4 Ca 5279/07 – wird abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt,

  1. an den Kläger 400,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2007 zu zahlen;
  2. an den Kläger 170,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2007 zu zahlen;
  3. an den Kläger 170,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Gehaltstarifverträge bzw. Entgelttarifverträge für die Hessische Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Vergütung nach den Entgelttarifverträgen für die Hessische Metallindustrie in ihrer jeweiligen Fassung zu zahlen hat.

Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Er wurde zum 01.03.1981 von der I. GmbH eingestellt.

Nach dem Arbeitsvertrag vom 24.02.1981/03.03.1981 ist u. a. Folgendes vereinbart:

1. „Sie treten am 1. März 1981 als Kundendienst-Techniker in der Abteilung Gebäudeautomation-Kundendienst, Düsseldorf in unsere Dienste ein.

2. Als Vergütung für Ihre Tätigkeit, die nach Tarifgruppe T 4 bewertet wird, zahlen wir Ihnen ein monatliches Bruttogehalt von DM …, das sich gemäß dem derzeit gültigen Manteltarif der Hessischen Metallindustrie wie folgt zusammensetzt:

Grundgehalt: …

Freiwillige, jederzeit widerrufliche übertarifliche Zulage: … Brutto: … …

7. Alle weiteren, das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte richten sich nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie und der Arbeitsordnung.”

Die I. GmbH hatte und hat ihren Sitz in Hessen und war und ist Mitglied des Verbandes der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen. Dieser Arbeitgeberverband schließt mit der IG Metall Tarifverträge für alle Betriebe der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie ab. In räumlicher Hinsicht gelten die Tarifverträge für das Land Hessen.

Der Kläger war und ist in einem Betrieb in Düsseldorf/Erkrath beschäftigt. Zum 01.04.2007 ist das Arbeitsverhältnis nach § 613 a Abs. 1 BGB auf die Beklagte übergegangen. Diese ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes.

Im Mai 2007 vereinbarten der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen und die IG Metall, dass die Tabellenwerte ab Juni 2007 um 4,1 % steigen und die Beschäftigten für April und Mai 2007 eine Pauschalzahlung von 400,00 EUR erhalten.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die monatliche Tariferhöhung ab Juni 2007 für den Kläger 170,00 EUR brutto beträgt.

Die Beklagte ist der Ansicht, die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel sei nach der Rechtsprechung des BAG als Gleichstellungsabrede auszulegen, da der Arbeitsvertrag vor dem 01.01.2002 abgeschlossen worden sei.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage durch Urteil vom 17.10.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen.

Gegen das ihr am 25.10.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 19.11.2007 bei dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese – nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.01.2008 – mit einem am 22.01.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.10.2007 – 4 Ca 5278/07 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

  1. an den Kläger 400,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.06.2007 zu zahlen;
  2. an den Kläger 170,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.07.2007 zu zahlen;
  3. an den Kläger 170,00 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.08.2007 zu zahlen;
  4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Gehaltstarifverträge bzw. Entgelttarifverträge für die Hessische Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung ...

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