Leitsatz (amtlich)

Für das Vorliegen der Voraussetzungen der Vermutungswirkung in § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG a. F. kommt es, was die Betriebsänderung i. S. des § 111 BetrVG betrifft, ausschließlich auf eine nachgewiesene beabsichtigte Betriebsänderung an.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 5; BetrVG §§ 111-112

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 10.04.2001; Aktenzeichen 3 Ca 2685/98)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.01.2004; Aktenzeichen 2 AZR 111/02)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 10.04.2001 – 3 Ca 2685/98 – abgeändert:

Die Klage wird auch im übrigen abgewiesen.

2. Die gesamten Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten in zweiter Instanz nur noch über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten ordentlichen Kündigung.

Der am 30.08.1941 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 11.09.1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin zu einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt DM 6.100,00 beschäftigt. Zuvor war er seit dem 01.04.1971 bei der Deutschen B. AG tätig, wo er zum 10.09.1980 durch Eigenkündigung ausschied und zur Firma L. AG überwechselte. In dem mit dieser Firma geschlossenen Arbeitsvertrag war die Anwendung des Tarifvertrages für die Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie NRW (künftig: MTV Metall NW) vereinbart worden.

Mit Wirkung ab 01.07.1993 ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin über. Der Kläger war zuletzt als Inspektor für die Qualitätsüberwachung von Isolierungen an Kesselanlagen in verschiedenen bundesdeutschen Kraftwerken eingesetzt und in die Vergütungsgruppe M 4 des Gehaltsrahmenabkommens der Metallindustrie NRW eingruppiert worden.

Mit Schreiben vom 27.05.1997 kündigte die Beklagte erstmals das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 30.11.1997. Diese Kündigung basierte auf einem mit dem Betriebsrat am 26.05.1997 geschlossenen Interessenausgleich mit Namensliste. In dem darauf geführten Kündigungsrechtsstreit obsiegte der Kläger vor dem erkennenden Gericht am 21.04.1998 – 3 (11) (18) Sa 1968/97 – und vor dem Bundesarbeitsgericht am 20.05.1999 – 2 AZR 532/98 –.

Unter dem 03.07.1998 schlossen die Beklagte und deren Betriebsrat einen neuerlichen Interessenausgleich und Sozialplan. In diesem war u.a. bestimmt worden:

„Der infolge der Betriebsänderung erforderliche Personalabbau wird in folgenden Schritten durchgeführt:

(1)

Für den Zentralbereich/Bereich Dampferzeuger wird ein Personalabbau von 73 Mitarbeitern durchgeführt. Die Maßnahmen werden sofort eingeleitet.

(2)

Für die Bereiche –EM- und –WS- wird ein Personalabbau in der Größenordnung von 45 Mitarbeitern festgelegt. Die Maßnahmen werden nach dem 31.07.1998 umgesetzt.

(3)

Für den Bereich –SFO- und übrige Bereiche wird ein Personalabbau in der Größenordnung von insgesamt 67 Beschäftigten durchgeführt.

(4)

Für den Bereich –WS- und ggf. die übrigen Bereiche wird ein Personalabbau in einer Größenordnung von 200 Mitarbeitern abzüglich der unter Ziff. (2) enthaltenen WS-Mitarbeiter durchgeführt.

Die Mitarbeiter, die infolge der Schritte (1) – (3) zur Kündigung anstehen, werden in Kündigungslisten namentlich aufgeführt. Die Listen werden entsprechend dem zeitlichen Fortgang des Personalabbaus vereinbart. Die Liste für den 1. Schritt ist als Anlage 1 Bestandteil des Interessenausgleichs. Die Liste für den 2. Schritt wird bis 31.07.1998 erstellt.

Diese Listen sind Bestandteil des Interessenausgleichs i.S.d. § 1 Abs. 5 KSchG. Über die gemäß Abschnitt (4) betroffenen Mitarbeiter wird ab 02.01.1999 bis 31.01.1999 verhandelt.”

In der als Anlage 1 zum Interessenausgleich vom 03.07.1998 vereinbarten Namensliste vom selben Tage war neben 72 anderen Arbeitnehmern auch der Name des Klägers aufgeführt.

Mit Schreiben vom 29.07.1998 sprach die Beklagte erneut gegenüber dem Kläger eine Kündigung zum 31.01.1999 aus. Nachdem der Kläger in der Zwischenzeit seine Schwerbehinderung beantragt hatte, die dann mit einem Grad von 50 % anerkannt wurde, schlossen die Parteien am 02.07.1998 in dem vor dem Arbeitsgericht Oberhausen – 2 Ca 1833/98 – wegen der Kündigung vom 29.07.1998 eingeleiteten Kündigungsrechtsstreit einen Vergleich. Danach waren sie sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis durch die vorerwähnte Kündigung nicht aufgelöst wurde.

Mit Schreiben vom 25.08.1998 beantragte die Beklagte die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zu einer weiteren Kündigung. Diese wurde mit Bescheid vom 04.11.1998 erteilt. Mit Schreiben vom 16.11.1998 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger eine ordentliche Kündigung zum 31.05.1999 aus.

Mit seiner beim Arbeitsgericht Oberhausen am 27.11.1998 eingereichten und der Beklagten am 02.12.1998 zugestellten Klage macht der Kläger, soweit für die zweite Instanz noch von Interesse, die Unwirksamkeit der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung vom 16.11.1998 geltend.

Der Kläger hat im Wesentlichen geltend gemacht:

Er sei nach § 20 MTV Metall NW grundsätzlic...

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