Entscheidungsstichwort (Thema)

Dienstordnungsangestellte. Gleichstellung mit Beamten. Erhöhter Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder. Verjährung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Geld- und geldwerten Leistungen für Dienstordnungsangestellte im Bereich der Sozialversicherungen sind nach den bestehenden gesetzlichen Verpflichtungen den für Beamte geltenden Regelungen anzupassen.

2. Verweist dementsprechend eine Dienstordnung – wie etwa § 7 Abs. 1 der Dienstordnung der AOK Rheinland vom 28.02.1994 in der Fassung vom 07.12.1998 – hinsichtlich der Vergütung auf die für Landes- (ggf. für Bundes-)beamte geltenden Vorschriften, besteht für Dienstordnungsangestellte mit drei oder mehr Kindern ein Anspruch auf erhöhten Familienzuschlag auf der Grundlage der Entscheidung des BVerfG's vom 24.11.1998 (2 BvL 26/91 u. a.). Diese Entscheidung hat gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG Gesetzeskraft (im Anschluss an BVerwG vom 17.06.2004 – 2 C 34/02).

3. Die Ansprüche kinderreicher Dienstordnungsangestellter auf erhöhten Familienzuschlag unterliegen den allgemeinen Verjährungsvorschriften.

 

Normenkette

DO AOK Rheinland § 7; BVerfGG § 31; BGB § 194

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Urteil vom 18.06.2008; Aktenzeichen 6 Ca 3942/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.07.2010; Aktenzeichen 6 AZR 82/09)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 18.06.2008 (6 Ca 3942/07) teilweise abgeändert und zur Klarstellung neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 815,88 – brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2007 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 73 % und die Beklagte zu 27 %.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung eines erhöhten Familienzuschlags für sein drittes Kind rückwirkend für die Jahre 1999 bis 2006.

Der Kläger war aufgrund Dienstvertrages vom 17.05.1990 seit dem 01.07.1990 als Dienstordnungsangestellter bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) F. beschäftigt und deren Dienstordnung unterstellt. Er ist verheiratet und hat drei unterhaltsberechtigte Kinder.

Zum 01.04.1994 fusionierte die AOK F. mit 25 weiteren rheinischen Ortskrankenkassen zur „AOK Rheinland – Die Gesundheitskasse”. Diese trat in die Rechte und Pflichten der bisherigen Krankenkassen ein. Die Dienstordnung der AOK F. wurde ersetzt durch die Dienstordnung der AOK Rheinland vom 28.02.1994 mit den nachfolgenden Änderungen vom 07.09./07.12.1998. Später schloss sich die AOK Rheinland mit der AOK Hamburg zu der „AOK Rheinland/Hamburg – Die Gesundheitskasse” zusammen. Eine neue Dienstordnung wurde bislang nicht aufgestellt.

Die Dienstordnung der AOK Rheinland bestimmt – soweit hier von Interesse – Folgendes:

§ 7 Abs. 1

„Die Besoldung richtet sich nach der Besoldungsgruppe, die der Dienstvertrag festlegt; im Übrigen nach den für die Landesbeamten geltenden Vorschriften”.

§ 20 Abs. 1

„Soweit nicht durch besondere gesetzliche Vorschriften oder in dieser Dienstordnung etwas anderes bestimmt ist, gelten für die Angestellten und die Versorgungsempfänger entsprechend oder sinngemäß die jeweiligen Vorschriften für Landesbeamte über: ….

h) die Verjährung von Besoldungs- und Versorgungsansprüchen”.

Mit Wirkung zum 01.01.2007 erhöhte das Land Nordrhein-Westfalen durch Art. 5 des Gesetzes zur Anpassung der Besoldungs- und Versorgungsbezüge vom 20.12.2007 (GV. NRW. 2007, 750) bei Beamten den Familienzuschlag für dritte und weitere Kinder von 230,58 – auf 280,58 –. Seitdem zahlte die Beklagte an den Kläger einen um 50,– erhöhten Familienzuschlag für das dritte Kind.

Mit Schreiben vom 08.05.2007 beantragte der Kläger die rückwirkende Anhebung des Zuschlags auch für die Jahre 1999 bis 2006 unter Berufung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24.11.1998 (2 BvL 26/91 u.a.) zur Anhebung des Familienzuschlags für Beamte mit mehr als zwei Kindern. Mit Schreiben vom 30.05.2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab.

Mit seiner am 30.11.2007 beim Arbeitsgericht Essen eingegangenen und der Beklagten am 06.12.2007 zugestellten Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Er hat die Auffassung vertreten, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gelte auch für ihn als Dienstordnungsangestellter. Den nachzuzahlenden Betrag hat er mit insgesamt 2.967,72 – brutto errechnet.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.967,72 – brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 07.12.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts finde auf den Kläger keine Anwendung. Diese gelte nur für Beamte. Der Kläger sei aber Arbeitnehmer, der nur vergleichbar einem Landesbeamten besoldet werde. Im Übrigen hat sie die Einrede der Verjährung erhoben die Auffassung vertreten, alle Ansprüche bis einschließlich 31.10.2004 seien verjährt.

Das Arbeitsgericht Essen hat ...

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