Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Vertragsklausel als konstitutive Zusage. Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung über eine variable Erfolgsvergütung (Bindungsklausel)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Verweisungen im Arbeitsvertrag auf eine Betriebsvereinbarung sind im Zweifel deklatorisch gemeint und begründen keinen eigenen individualrvertraglichen Anspruch.

2. Auf Betriebsvereinbarungen finden nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB die Vorschriften der § 305 ff. BGB keine Anwendung. Bindungsklauseln in Betriebsvereinbarungen unterliegen keiner Inhaltskontrolle. Dies gilt auch bei einer Bezugnahme auf die Betriebsvereinbarung im Arbeitsvertrag.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 133, 157, 307; BetrVG § 75

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 26.03.2009; Aktenzeichen 6 Ca 7714/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.04.2011; Aktenzeichen 1 AZR 698/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 26.03.2009 – 6 Ca 7714/08 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer variablen Vergütung für das Geschäftsjahr 2007/2008.

Der Kläger wurde am 01.11.2004 bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrages vom 30.10.2004 als Kreditrisiko-Controller am Standort E. zu einem monatlichen Bruttogehalt von 4.600,00 EUR und einer Ziel-VE für das erste Geschäftsjahr in Höhe von 5200,00 EUR eingestellt. Zuletzt betrug das Bruttomonatsgehalt 5200,00 EUR.

Der Arbeitsvertrag (Bl. 113 ff d. A.) hat u.a. folgenden Inhalt:

„§ 3 Vergütung

Ihre Bezüge gliedern sich wie folgt:

Festgehalt

13. Monatsgehalt

Variable Erfolgsvergütung (VE)

Die nach Beendigung eines Geschäftsjahres von der Bank an Sie auszuzahlende variable Erfolgsvergütung erfolgt gemäß der entsprechenden Betriebsvereinbarung auf der Grundlage einer individuell festgelegten Zielgröße (Ziel-VE). In Ihrem Falle setzen wir für das erste volle Geschäftsjahr Ihrer Tätigkeit eine Ziel-VE in Höhe von EUR 5.200,– (in Worten: Euro Fünftausendzweihundert) brutto fest. Bei einem Eintritt im laufenden Geschäftsjahr erfolgt die Auszahlung der VE zeitanteilig.

Abgeltung / Ausschluss

Mit der Zahlung der vereinbarten Bezüge ist die Leistung von Mehrarbeit abgegolten. Die Abtretung oder Verpfändung von Vergütungsansprüchen ist ausgeschlossen.”

In der Betriebsvereinbarung „Variable Erfolgsvergütung” vom 25.02.2001 (Bl. 7 – 15 d. A.) heißt es u.a.:

㤠1 Gegenstand und Geltungsbereich

Diese Vereinbarung löst die Betriebsvereinbarung vom 02.Mai 1996 ab. Sie gilt für alle Mitarbeiter, sofern es nicht Auszubildende oder leitende Angestellte i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG sind. Außerdem findet sie keine Anwendung auf Mitarbeiter mit befristeten Arbeitsverträgen, deren Anstellung nicht auf Dauer angelegt ist.

§ 8 Ausnahmen

Eine Ist-VE kommt nicht zur Auszahlung, wenn der Mitarbeiter unterjährig durch Kündigung ausscheidet oder bis zum Auszahlungstag das Arbeitsverhältnis gekündigt wird. Bei Austritt durch Erreichen der Altersgrenze oder Vorruhestand sowie bei Mutterschutz-/Erziehungsurlaub und Erwerbsunfähigkeit kommt die Ist-VE pro rata temporis zur Auszahlung.

Bei einer Versetzung des Mitarbeiters wird der Leistungsfaktor bis zum Zeitpunkt der Versetzung entsprechend der ggf. zeitanteiligen Zielerreichung festgelegt. Für den neuen Aufgabenbereich des Mitarbeiters erfolgt eine neue Zielvereinbarung. Aus den pro rata temporis festgelegten Leistungsfaktoren wird der Durchschnittswert bei Ermittlung der Ist-VE berücksichtigt.

In Fällen unterjährigen Eintritts erfolgt die Zahlung der Ist-VE pro rata temporis entsprechend der persönlichen Zielerreichung.

§ 11 Schlussbestimmungen

1. Sonstige tarifliche oder gesetzliche Regelungen bleiben von der Betriebsvereinbarung unberührt. Sollten eine oder mehrere Bestimmungen dieser Regelung ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so bleibt die Wirksamkeit dieser Betriebsvereinbarung im Übrigen davon unberührt. Der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung gilt eine solche wirksame oder undurchführbare Bestimmung, die den Willen, der diese Vereinbarung schließenden Parteien am nächsten kommt. Gleiches gilt für den Fall einer Lücke dieser Vereinbarung.”

Das Geschäftsjahr der Beklagten läuft jeweils vom 01.04. bis zum 31.03. des Folgejahres. Die variable Erfolgsvergütung ist fällig zum 15.07. des Folgejahres.

Mit Schreiben vom 12.06.2007 (Bl. 6 d. A.) teilte die Beklagte mit, dass der Kläger für das Geschäftsjahr 2006/2007 eine variable Erfolgsvergütung in Höhe von 8150,00 EUR brutto erhält. Die Ziel-VE für das Geschäftsjahr 2007/2008 wurde auf EUR 7.400,00 brutto festgelegt.

Mit der am 17.12.2008 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage begehrt der Kläger zuletzt noch eine variable Erfolgsvergütung in Höhe von 5.920,90 EUR brutto.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass ihm gem. § 3 des Arbeitsvertrages in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung ein Anspruch auf die variable Erfolgsvergütung zustehe. § 8 der Betriebsvereinb...

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