Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungsklausel

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitgeber darf die Zahlung von bereits in vollem Umfang verdienter Arbeitsvergütung nicht an Voraussetzungen knüpfen, die dazu führen, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur unter Verlust erarbeiteten Verdienstes ausgesprochen werden kann.

 

Normenkette

BGB §§ 242, 339 ff., § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Oberhausen (Urteil vom 06.09.2002; Aktenzeichen 2 Ca 1383/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 24.03.2004; Aktenzeichen 5 AZR 202/03)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom06.09.2002 – 2 Ca 1383/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger war vom 01.10.1973 bis zum 30.09.2001 bei der Beklagten, die im Bereich des Vorsorgemanagements tätig ist, als sog. Geschäftsführer im Außendienst im Bereich der IHK M. und I. tätig. Seit dem 01.10.2001 befindet er sich im Ruhestand.

Ursprünglich richtete sich das Arbeitsverhältnis nach dem am 27.04./17.05.1973 geschlossenen Anstellungsvertrag. Dieser wurde in der Folgezeit mehrfach geändert, so u. a. am 05.07./17.08.1979, wobei es um die Anhebung der Festbezüge und die Kosten für Einrichtung und Betrieb der Geschäftsstelle ging. Am 08.03./13.04.1982 schlossen die Parteien einen neuen Anstellungsvertrag, der denjenigen aus dem Jahre 1973 ersetzte. In diesem Vertrag heißt es im Abschnitt VI. „Bezüge” u. a.:

„4. Gesamtbezüge

Die Gesamtbezüge eines Geschäftsführers bestehen also aus

  1. den festen Bezügen
  2. den verdienten erfolgsabhängigen Bezügen
  3. dem Bonus.

Die zum 30. September nachträglich ermittelten Gesamtbezüge werden in den folgenden 12 Monaten in gleichen Beträgen ausgezahlt.

In Position 13 der monatlichen Umsatzmeldung stehen die Gesamtumsätze und die Gesamtbezüge. Die Gesamtumsätze sind die Summe der Position 3 plus 10 minus 5.

…”

Im Jahre 1991 kam es bei der Beklagten zu Überlegungen, das bisherige Vergütungssystem für alle Außendienstmitarbeiter umzustellen und neu zu regeln. Die Beklagte hatte zu diesem Zeitpunkt einen Betriebsrat. Zwischen der Geschäftsleitung der Beklagten und dem Betriebsrat wurde vereinbart, unter Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter eine Verhandlungskommission zu bilden, in der eine Übereinkunft über die Frage des Vergütungssystems gefunden werden sollte. Für jeden Hauptgeschäftsstellenbereich wurde von allen Geschäftsführern/Außendienstmitarbeitern, so auch dem Kläger, ein Vertreter gewählt, der in der Verhandlungskommission mitwirken und ihre Interessen vertreten sollte. Die Verhandlungen innerhalb der Kommission fanden zwischen Januar und August 1991 statt. Nach den einzelnen Verhandlungen wurde in den Bereichen der Hauptgeschäftsstellen von den gewählten Vertretern den anderen Außendienstmitarbeitern über den aktuellen Stand berichtet. Davon unabhängig erfolgten weitere Informationen und Mitteilungen an den Kläger, u. a. mit Schreiben vom 08.08. und 15.08.1991.

Im Ergebnis der Tätigkeit der Verhandlungskommission bei der Beklagten kam es zur Ausarbeitung einer Vergütungsrichtlinie, die in der Endfassung zunächst zur Zustimmung und individuellen Unterzeichnung an alle betroffenen Mitarbeiter versandt wurde. Der Kläger unterzeichnete die Vergütungsrichtlinie unter dem 30.09.1991.

In der Vergütungsrichtlinie vom 30.09.1991 heißt es u. a.:

„1. Vorbemerkung

Die nachstehenden Vergütungsrichtlinien (Vergütung „Neu”) ersetzen die Vergütungsregelungen (Vergütung „Alt”), die vor dem 01. Oktober 1991 die Bezüge der Geschäftsführer im Außendienst bestimmten. Mit der Vergütung „Neu” sind alle Leistungen und Aufwendungen abgegolten, die der Mitarbeiter in einem Außendienstjahr (01. Oktober bis 30. September) für die Betreuung der vorhandenen Kundenbeziehungen, die Pflege des Versicherungsbestandes seiner Geschäftsstelle, für die Akquisitionsbemühungen, die Gewinnung neuer Kunden, insbesondere für die von ihm selbst zu tragende Spesen und Bürokosten einsetzt. …

8. Zahlungsmodalitäten

Die gesamte für ein Außendienstjahr festgestellte Vergütung eines Geschäftsführers wird ihm im folgenden Außendienstjahr in zwölf gleichen Teilbeträgen jeweils zum Monatsende brutto ausgezahlt.

Für den Fall, dass der Geschäftsführer länger als sechs Wochen krank ist und die gesetzliche Lohnfortzahlung einsetzt, entfällt ein Bezüge-Anteil in Höhe von 2,4 Prozent des bewerten Umsatzes des vorangegangenen Außendienstjahres; nach der Vergütung „Alt” entfielen das Gehalt und die Spesenpauschale.

In den Fällen, in denen der Geschäftsführer gemäß des mit ihm abgeschlossenen Anstellungsvertrages nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses Anspruch auf Weiterzahlung der erfolgsabhängigen Bezüge aus dem vorangegangenen Außendienstjahr hat, werden sie um einen Anteil in Höhe von 5,4 Prozent des bewerteten Umsatzes des vorangegangenen Außendienstjahr gekürzt. Dieser Anteil ist ein Äquivalent für die mit Beendigung des Mitarbeiters zur Betreuung und Pflege der Kundenbeziehungen des Versicherungsbestands sowie für den W...

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