Entscheidungsstichwort (Thema)

Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

Eine auf einem fremden Werksgelände über Jahre unterhaltene „Baustelle” bildet keinen selbständigen Betrieb i. S. von § 1 Abs.1 KSchG. wenn ihr ein Leitungsapparat fehlt, der insbesondere in personellen oder sozialen Angelegenheiten wesentliche Entscheidungen selbständig trifft. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die rechtsgeschäftlichen Beziehungen zum alleinigen Auftraggeber von der Hauptverwaltung durch einen Rahmenvertrag und einen Arbeitswertekatalog für die Laufzeit der Verträge geregelt sind und der Leiter der „Baustelle” keine Befugnisse hat, die über die eines Poliers hinausgehen.

 

Normenkette

KSchG § 1 (1)

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Urteil vom 20.09.1996; Aktenzeichen 5 Ca 534/96)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 29.08.1996 – 5 Ca 534/96 – wird zurückgewiesen.

Der Auflösungsantrag des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Kläger zu ¼ und der Beklagten zu % auferlegt.

Streitwert: 30.000,– DM.

 

Tatbestand

Der am 28.07.1940 geborene, verheiratete und einem Sohn unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 28.05.1958 bei der Beklagten beschäftigt, und zwar zunächst als Schlosser. Mit Arbeitsvertrag vom 19.10.1988 (Bl. 19 d. A.) wurde der Kläger als Betriebsleiter in der Betriebsabteilung H. AG eingesetzt, und zwar nach Lohngruppe 10 zu einem Stundenlohn von 19,71 DM brutto. Mit Arbeitsvertrag vom 02.01.1989 (Bl. 20 d. A.) wurde dies dahingehend geändert, daß der Kläger ab 01.01.1989 in seiner Funktion als Betriebsleiter der Betriebsabteilung H. AG als technischer Angestellter neu eingruppiert wurde. Hiernach erhielt er ein Gehalt von 4.000,00 DM brutto im Monat. Zuzüglich sogenannter Gutstunden, die anfielen, wenn ein Gewerk früher als geplant fertiggestellt werden konnte, verdiente der Kläger zuletzt insgesamt ca. 10.000,00 DM brutto monatlich.

Die Beklagte führt Rohrleitungsbau aus. Ihren früheren Produktionsbetrieb in W. sowie einen anders gelagerten Produktionsbetrieb in K. hat sie mit Wirkung zum 01.08.1995 verkauft. Seitdem ist in W. nur noch die Verwaltung der Beklagten mit vier Arbeitnehmern. Darüber hinaus gibt es Betriebsstätten, und zwar:

Chemische Werke H., M., ca. 20 Arbeitnehmer, Leiter: Kläger.

B.-Werk D., seit 1947, ca. 40 Arbeitnehmer, Leiter: Herr M.

R. Werk L., seit 1947, ca. 50 Arbeitnehmer, eigener Betriebsrat, Leiter: Herr F.

D.-Raffinerie W., seit 10 Jahren, ca. 30 Arbeitnehmer, Leiter: Herr S.

B.-Werk K., seit 1955, ca. 20 Arbeitnehmer, Leiter: Herr E.

In den jeweiligen Betriebsstätten wurde der Rohrleitungsbau aufgrund von Rahmenverträgen durchgeführt, die entweder mit dem jeweiligen Werk oder mit einem dazwischen geschalteten Unternehmer abgeschlossen wurden. Für die maßgebliche Betriebsstätte M. sei auf die Vereinbarung zwischen der Beklagten und der Chemische Werke H. Aktiengesellschaft in M. über die Instandhaltung von Maschinen und Apparaten sowie die Fertigung und Instandhaltung von Rohrleitungs- und Anlagenzubehör v. 06.02.1985 (Bl. 164 d. A.) verwiesen, die u.a. wie folgt lautet:

„1.0 Auftragserteilung

1.1 AN ist verpflichtet, die o.g. Arbeiten für AG auszuführen. Das geschätzte Gesamtauftragsvolumen für das Jahr 1986 beläuft sich voraussichtlich auf ca. … DM (ohne MwSt). Der AG erteilt dem AN im Rahmen des Auftragsgegenstandes Einzelbestellungen, in denen der jeweilige Leistungsumfang und der Ausführungstermin der zu erbringenden Arbeiten enthalten sind. AN ist verpflichtet, AG unverzüglich zu benachrichtigen, sobald 70 % des Gesamtauftragsvolumens abgerufen sind. Eine Verpflichtung des AG, Einzelbestellungen bis zur Höhe des geschätzten Gesamtauftragsvolumens von …, DM an AN zu erteilen, besteht nicht.

1.2 Die Einzelbestellungen, die auf besonderen Formblättern erteilt werden, beinhalten insbesondere:

  • die Bezeichnung der durchzuführenden Arbeiten,
  • den Ausführungszeitraum bzw. bestimmte Ausführungstermine
  • die Grundlagen für die Preisermittlung für die Einzelbestellung,
  • die Unterschriften von AG und AN,
  • ggf. besondere, nur die Einzelbestellung betreffende Zusatzvereinbarungen zwischen AG und AN. Dabei kann bestimmt werden, daß ausnahmsweise Arbeitsgerät durch AG zur Verfügung gestellt wird. Auch können Zuschläge auf den Preis dafür vereinbart werden, daß die Arbeiten an Sonn- und Feiertagen oder während der Nachtzeit oder zu bestimmten Terminen durchgeführt bzw. fertiggestellt werden müssen. Für die ersten beiden Mehrarbeitsstunden an Werktagen sind Zuschläge nicht möglich.

Die Partner werden sich gegenseitig diejenigen Personen, die zur Erteilung bzw. zur Entgegennahme von Einzelbestellungen befugt sind, schriftlich mitteilen. Die Mitteilungen sind Bestandteil dieses Vertrages.

2.0 Preisermittlung. Abrechnung

2.1 Die Leistungen des AN werden gemeinsam vom AG und AN nach Fertigungsunterlagen oder durch Aufmaß festgestellt und nach den Arbeitswert-Katalogen des AG bewertet. Diese sind Grundlage der Vergütung, die der AG dem AN für die Einzelbestellung sc...

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