Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsstillegung, Betriebsübergang, Fortführung des Betriebes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird bei einem Mischbetrieb nur ein Betriebsteil übertragen, so bewirkt dies einen Übergang des gesamten Betriebes nur dann, wenn der übertragene Betriebsteil dem Betrieb das Gepräge gab.

2. Ist der Erwerber eines Betriebsteils (hier: Service-Bereich) wegen nicht übernommener materieller Betriebsmittel und wegen Fehlens behördlicher Erlaubnisse nicht in der Lage, einen anderen Betriebsteil (hier: Produktionsbereich) fortzuführen, so geht dieser Betriebsteil nicht nach § 613 a BGB über.

3. Zur Zuordnung übergreifend tätiger Arbeitnehmer

 

Normenkette

BGB § 613a; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Duisburg (Urteil vom 19.10.1995; Aktenzeichen 2 Ca 484/95)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.11.1997; Aktenzeichen 8 AZR 375/96)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird dasUrteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 19.10.1995 – 2 Ca 484/95 – teilweise abgeändert:

Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wird abgewiesen.

2. Die Berufung des Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger und der Beklagte zu 1) je zur Hälfte.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers durch den Beklagten zu 1) wirksam gekündigt und ob es auf die Beklagte zu 2) gemäß § 613 a BGB übergegangen ist.

Der am 18.06.1950 geborene Kläger ist seit dem 01.04.1966 bei der Gemeinschuldnerin als Leiter des Finanz- und Rechnungswesens beschäftigt. Sein Bruttomonatsgehalt betrug zuletzt DM 9.418,–. Auf das Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Gemeinschuldnerin fanden die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes Anwendung.

Die Gemeinschuldnerin befaßte sich in der Vergangenheit mit der Herstellung und dem Vertrieb von Sonderarmaturen, Serviceeinrichtungen und Ersatzteilen in den Bereichen der Kraftwerkstechnik und der Off-Shore Technik. Unter dem 17.01.1995 schlossen die Gemeinschuldnerin und der bei ihr gebildete Betriebsrat einen Interessenausgleich, in dem es unter anderem heißt:

  1. Die Firma C. GmbH, hat am 02.01.1995 vertreten durch den Geschäftsführer Herrn A. beim Amtsgericht Duisburg Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt. Das Gericht hat mit Beschluß vom gleichen Tage ein allgemeines Veräußerungsverbot erlassen und die Sequestration gemäß § 106 KO angeordnet.

    Zwischen dem Sequester und dem Betriebsrat besteht im Grundsatz Einigkeit, daß innerhalb des Konkursverfahrens vorrangig nach Lösungen gesucht wird, die es ermöglichen, die Produktion am Standort des Betriebes aufrecht zu erhalten und damit die Beschäftigung der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

  2. Der Betrieb wird zum 31.01.1995 stillgelegt. Bis zum Zeitpunkt ist eine Beschäftigung von Teilen der Belegschaft möglich.
  3. Der Betriebsrat bestätigt, nach dem Betriebsverfassungsgesetz zur Vorbereitung der Betriebsstillegung, der Massenentlassung sowie zur Kündigung der einzelnen Mitarbeiter nach Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes, ordnungsgemäß angehört worden zu sein.

Mit Schreiben vom 12.01.1995, dem Kläger am 17.01.1995 zugegangen, kündigte die Gemeinschuldnerin unter Zustimmung des damals zum Sequester bestellten Beklagten zu 1) das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 31.07.1995. Mit Beschluß vom 30.01.1995 eröffnete das Arbeitsgericht Duisburg alsdann das Konkursverfahren über das Vermögen der Gemeinschuldnerin und bestellte den Beklagten zu 1) zum Konkursverwalter.

Am 09.02.1995 schloß der Beklagte zu 1) mit der Firma M. GmbH, der späteren Beklagten zu 2), einen notariellen Vertrag über die Veräußerung des Teilgeschäftsbetriebs „Service-Bereich”. Im Vertrag heißt es unter § 2:

„(1)

Im einzelnen handelt es sich um folgende Vermögensgegenstände:

  1. Gesamte technische Dokumentation, insbesondere in Form von Zeichnungen, Stücklisten, Arbeitsplänen, Prüfunterlagen sowie sämtliche Akten über abgewickelte und vorhandene Aufträge einschließlich sämtlicher Duplikate;
  2. Liste des vollständigen Produktionsprogramms der Firma C. GmbH Maschinen- und Apparatebau;
  3. EDV-Hard- und Software zur Angebotserstellung und Serviceauftragsabwicklung;
  4. Werkstatt- und Metallcontainer einschließlich Einrichtung, wie z.B. Werkzeuge;
  5. Ersatzteile, eingelagert in den Räumlichkeiten der Werkzeugausgabe (Service) sowie die in denselben Räumlichkeiten eingelagerten Betriebsmittel des Servicebereiches;
  6. Kundenkartei, Kundenstatistik;
  7. Lieferantenverzeichnisse;
  8. Firmenname”

Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 2,85 Millionen DM vereinbart.

In Erfüllung des Vertrages erhielt die Beklagte zu 2) in der Folgezeit die Personalcomputer und den Computer Nixdorf Q 80, auf dem die Debitoren, Kreditoren, Kundenstammlisten sowie die Fertigungspläne der Gemeinschuldnerin gespeichert waren. Außerdem wurde der Beklagten zu 2) die EDV-Anlage übergeben. Sie übernahm zudem einige Drehmaschinen, einen Schleifbock und kleinere Werkbänke. Die ca. 40 Großmaschinen, die die Gemeinschuldnerin zur Produktion i...

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