Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersteilzeit. Anspruch für Angestellte im Vollzugsdienst

 

Leitsatz (amtlich)

1) Wird in einer Tarifbestimmung festgelegt, dass einem Altersteilzeitverlangen im Blockmodell unter bestimmten Voraussetzungen entsprochen werden soll, ist die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers eingeschränkt. Die Ablehnung ist nur noch mit gewichtigen sachlichen Gründen möglich.

2) Allein der Hinweis auf die derzeitige Haushaltssituation des Landes Nordrhein-Westfalen rechtfertigt keine Ablehnungsgründe, die sich auf den Beginn der Freistellungsphase am 01.02.2013 beziehen.

 

Normenkette

TV Altersteilzeit (BAT) SR zu BAT

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Urteil vom 06.12.2007; Aktenzeichen 2 Ca 1406/07)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.09.2009; Aktenzeichen 9 AZR 643/08)

 

Tenor

1) Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 06.12.2007 – 2 Ca 1406/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird für das beklagte Land zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob das beklagte Land dem Kläger die Inanspruchnahme von Altersteilzeit im so genannten Blockmodell zu ermöglichen hat.

Der 55-jährige Kläger ist seit dem 01.04.1983 beim beklagten Land als technischer Angestellter beschäftigt und wird seitdem im Werkdienst in der Druckerei der Justizvollzugsanstalt (JVA) H. eingesetzt. Seine Bruttomonatsvergütung beträgt derzeit 3.200,– EUR. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden unter anderem die Bestimmungen des „Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit” (TV ATZ) und die „Sonderregelungen für Angestellte im Vollzugsdienst” (SR 2 n BAT) Anwendung.

§ 2 TV ATZ lautet wie folgt:

(1)Der Arbeitgeber kann mit Arbeitnehmer, die

  1. das 55. Lebensjahr vollendet haben,
  2. eine Beschäftigungszeit (z. B. § 19 BAT/BAT-O) von fünf Jahren vollendet haben,
  3. innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens 1080 Tage in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Dritten Sozialgesetzbuch gestanden haben, die Änderung des Arbeitsverhältnisses in ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes vereinbaren…

(2) Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen, haben Anspruch auf Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der Arbeitnehmer hat den Arbeitgeber drei Monate vor dem Beginn der Altersteilzeit über die Geltendmachung des Anspruchs zu informieren; von dem Fristerfordernis kann einvernehmlich abgewichen werden.

(3) Der Arbeitgeber kann die Vereinbarung eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses ablehnen, soweit dienstliche bzw. betriebliche Gründe entgegenstehen…

Die einschlägige Vorschrift in SR 2 n BAT hat folgenden Wortlaut:

Nr. 2 zu § 15 Regelmäßige Arbeitszeit

(1) Durch bezirkliche Vereinbarung kann die Arbeitszeit in der Weise geregelt werden, dass die regelmäßige Arbeitszeit mehrerer Wochen in einer kürzeren Zeit geleistet und in der auf den Arbeitszeitraum folgenden Woche entsprechende Freizeit gewährt wird (Wochenwechselschichten).

(2)Einem Antrag des Angestellten auf Vereinbarung von Altersteilzeitarbeit nach dem Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) soll auch schon vor der Vollendung des 60. Lebensjahres entsprochen werden.

Mit Schreiben vom 06.12.2006 beantragte der Kläger beim Leiter der JVA H. die Teilnahme an der Altersteilzeit im Blockmodell vom 01.02.2008 bis zum 31.01.2018 (Bl. 5 d. A.). Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 22.12.2006 unter Hinweis auf entgegenstehende betriebliche Gründe abschlägig beschieden (Bl. 6 d. A.).

Mit seiner am 18.05.2007 beim Arbeitsgericht Wesel anhängig gemachten Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und darauf verwiesen, dass er die persönlichen Voraussetzungen zur Inanspruchnahme der Altersteilzeit erfülle. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes stünden auch keine betrieblichen oder dienstlichen Gründe seinem Verlangen entgegen. Angesichts der Formulierung in Nr. 2 Abs. 2 SR 2 n BAT könne sein Altersteilzeitantrag nämlich nur aus dringenden betrieblichen Gründen abgelehnt werden, die nicht vorlägen.

Der Kläger hat zunächst beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, mit dem Kläger einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell für den Zeitraum vom 01.02.2008 bis zum 31.01.2018 abzuschließen.

Entsprechend dieses Antrags ist am 30.08.2007 gegen das beklagte Land ein Versäumnisurteil ergangen, gegen das das beklagte Land mit Schriftsatz vom 10.09.2007 rechtzeitig Einspruch eingelegt hat.

Der Kläger hat danach beantragt,

das Versäumnisurteil vom 30.08.2007 aufrechtzuerhalten.

Das beklagte Land hat beantragt,

das Versäumnisurteil vom 30.08.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat sich zur Begründung seines ablehnenden Bescheides auf die Formulierung der Anspruchsvoraussetzungen in § 2 Abs. 2 TV ATZ berufen und die Auffassung vertreten, dass hiernach gerade kein Anspruch auf Altersteilzeit bestehe, sondern nur eine Entscheidung nach billigem Ermessen...

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