Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausgleichsquittung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die in einer vom Arbeitgeber vorformulierten Ausgleichsquittung enthaltene Erklärung des Arbeitnehmers, auf alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung zu verzichten, stellt regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam.

2. Die „Verzichtserklärung” kann daneben nach dem Erscheinungsbild der Ausgleichsquittung eine Überraschungsklausel (§ 305 c Abs. 1 BGB) sein und – mangels verständlicher und klarer Darstellung der wirtschaftlichen Folgen – gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) verstoßen.

 

Normenkette

TzBfG §§ 14, 126; BGB §§ 305, 310, 615, 623

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Urteil vom 07.12.2004; Aktenzeichen 4 Ca 1633/04)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom07.12.2004 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beklagte verurteilt wird,

  1. aus dem Betrag von 4.500,00 EUR brutto abzüglich erhaltener Arbeitslosenhilfe von 792,80 EUR Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.09.2004,
  2. aus dem Betrag von 3.000,00 EUR brutto abzüglich erhaltener Arbeitslosenhilfe von 664,90 EUR Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.11.2004,
  3. aus dem Betrag von 1.500,00 EUR brutto abzüglich erhaltener Arbeitslosenhilfe von 327,00 EUR Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszins ab dem 01.12.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die Parteien streiten im wesentlichen darum, ob die Beklagte der Klägerin für die Zeit nach Ablauf des zum 31.05.2004 befristeten Arbeitsverhältnisses Verzugslohn schuldet. Nachdem das Arbeitsgericht der Entfristungs- und Zahlungsklage stattgegeben hat, ist zwischen den Parteien weiterhin im Streit, ob die Klägerin Ende Mai/Anfang Juni 2004 eine ihr aufgezeigte Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ausgeschlagen und damit ihre fehlende Leistungsbereitschaft kundgetan und ob sie am 11.06.2004 in einer „Ausgleichsquittung” wirksam auf alle Ansprüche verzichtet hat.

Die Klägerin nahm vom 01.07.2003 bis 31.12.2003 an dem von der C. Bildungszentrum GmbH, einer Schwestergesellschaft der Beklagten, durchgeführten Lehrgang „Qualifizierung Fachkraft Maschinenbedienung und Logistik in der Lebensmittelindustrie” teil. Unter dem 23.12.2003 schlossen die Parteien einen vom 02.01.2004 bis 31.03.2004 befristeten Arbeitsvertrag über den Einsatz der Klägerin als Zeitarbeitnehmerin (Helferin) bei der Fa. V. Bestfoods, Werk L.. In dem Vertrag, der die zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit und der DGB-Tarifgemeinschaft Zeitarbeit geschlossenen Tarifverträge in Bezug nimmt, ist u.a. folgendes bestimmt:

§ 1

[Abs. 2] Der Mitarbeiter wird in der Filiale L. für folgende Tätigkeiten eingestellt: allg. Helfertätigkeiten in der Lebensmittelproduktion.

[Abs. 3] Der Mitarbeiter wird ausschließlich beim Kunden V. Bestfoods Werk L. eingesetzt.”

§ 3

a) …

[Abs. 2] Der Vertrag ist gemäß § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz befristet und endet am 31.03.2004, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Grund für die Befristung ist: Festanstellung bei V. Bestfoods ab 01.04.2004.

Mit Zusatzvereinbarung vom 25.03.2004 verlängerten die Parteien das Arbeitsverhältnis bis zum 30.04.2004, mit Zusatzvereinbarung vom 29.04.2004 nochmals bis zum 31.05.2004. In beiden Zusatzvereinbarungen heißt es:

„Grund: Verlängerung der Befristung gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG. Alle anderen arbeitsvertraglich geltenden Vereinbarungen bleiben unverändert.”

Am 28.05.2004 eröffnete die Angestellte der Beklagten Frau D. der Klägerin, dass die Kundin V. es ablehne, sie, die Klägerin, zum 01.06.2004 zu übernehmen. Ob Frau D. der Klägerin eine Weiterbeschäftigung, verbunden mit Einsatz als Zeitarbeitnehmerin bei anderen Kunden, anbot und ob die Klägerin bei dieser sowie anderer Gelegenheit äußerte, an einer derartigen Tätigkeit nicht interessiert zu sein, ist zwischen den Parteien streitig.

Am 02.06.2004 hat die Klägerin beim Arbeitsgericht Krefeld Entfristungsklage eingereicht. Die Klage ist am 08.06.2004 der Beklagten zugestellt worden.

Am 11.06.2004 unterzeichnete die Klägerin eine von der Beklagten vorformulierte „Ausgleichquittung” mit folgendem Text:

„Das Arbeitsverhältnis ist am 31.05.2004 beendet worden.

Anlässlich der Beendigung meines Arbeitsverhältnisses sind mir folgende Arbeitsunterlagen ausgehändigt worden:

  1. Lohnsteuerkarte
  2. Arbeitsbescheinigung
  3. Urlaubsbescheinigung
  4. Abmeldung zur Sozialversicherung
  5. Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung

Ich bestätige ausdrücklich, dass mir aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung keine Ansprüche mehr zustehen.

Das mir zur Verfügung gestellte Firmeneigentum (z. B. Werkzeuge, Unterlagen) habe ich vollständig zurückgegeben.

Von den mir überlassenen Unterlagen habe ich keine Abschriften und Vervielfältigungen zurückbehalten.

Diese Erklärung habe ich sorgfältig gelesen und verstanden.

Ich habe eine Durchschrift er...

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