Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung einer tariflichen Jahresleistung bei krankheitsbedingten Fehlzeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Regelungen für die Kürzung der tariflichen Jahresleistung bei Krankheitsfehlzeiten gemäß den Protokollnotizen vom 19.11. und 19.12.1974 zu § 9 MTV gewerbliche Arbeitnehmer kommen auch für die tarifliche Jahresleistung nach § 9 MTV Angestellte zur Anwendung.

 

Normenkette

MTV für die Angestellten der Druckindustrie NRW vom 27.02.1997 § 9; MTV für die Angestellten der Druckindustrie NRW vom 27.02.1997 § 20 Nr. 5; MTV für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 06.02.1997 § 9

 

Verfahrensgang

ArbG Essen (Entscheidung vom 22.03.2001; Aktenzeichen 3 Ca 459/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.08.2002; Aktenzeichen 10 AZR 692/01)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 22.03.2001 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt war, die tarifliche Jahresleistung der Klägerin für das Jahr 2000 in Hinblick auf deren Krankheitsfehlzeiten zu kürzen.

Die 55 Jahre alte Klägerin steht seit dem 01.04.1986 als Finanzbuchhalterin in den Diensten der Beklagten. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft beiderseitiger Verbandszugehörigkeit die tariflichen Bestimmungen für die Angestellten der Druckindustrie im Land Nordrhein-Westfalen Anwendung. Die Klägerin arbeitet als Teilzeitbeschäftigte in der 5-Tage-Woche mit einer täglichen Arbeitszeit von 5 Stunden. Im Jahr 2000 fehlte die Klägerin krankheitsbedingt zunächst in dem Zeitraum vom 25.02. bis 03.03. und sodann ab dem 07.07. fortdauernd.

Die Beklagte zahlte an die Klägerin mit der Gehaltsabrechnung für November 2000 eine Jahresleistung in Höhe von 3.460,44 DM brutto. Dabei hatte sie – ausgehend von einem monatlichen Tarifentgelt für die Teilzeittätigkeit in Höhe von 4.197,14 DM brutto – einen Abzug wegen der Krankheitsfehlzeiten der Klägerin vorgenommen. Die tarifliche Jahresleistung ist in § 9 des Manteltarifvertrages für die Angestellten der Druckindustrie im Land Nordrhein-Westfalen (MTV Angestellte) in der Fassung vom 27.02.1997 u.a. wie folgt geregelt:

„1. Die Angestellten und Auszubildenden erhalten eine tarifliche Jahresleistung in Höhe von 95 % des jeweiligen zum Fälligkeitszeitpunkt gültigen tariflichen Monatsgehaltes bzw. der tariflichen Ausbildungsvergütung.

2. Voraussetzung für den vollen Anspruch ist ein ungekündigtes Anstellungs- bzw. Ausbildungsverhältnis, das seit dem 4. Januar bis einschließlich 31. Dezember des laufenden Fälligkeitsjahres besteht….

….

6. Teilzeitbeschäftigte erhalten eine anteilige Jahresleistung nach dem Verhältnis ihrer vereinbarten Arbeitszeit zur tariflichen Arbeitszeit…

7. Die Auszahlung der Jahresleistung ist spätestens am 31. Dezember eines jeden Jahres fällig. Der Auszahlungszeitpunkt wird im Einvernehmen mit dem Betriebsrat festgelegt. Frühere Auszahlungen gelten als Vorschuss.

…”

Für die gewerblichen Arbeitnehmer besteht eine gleich lautende Regelung der tariflichen Jahresleistung in § 9 des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom 06.02.1997 (MTV gewerbliche Arbeitnehmer). Dieser Tarifvertrag enthält zu einzelnen Vorschriften so genannte „Durchführungsbestimmungen”, aber auch „Protokollnotizen”. In einer Protokollnotiz vom 19.11.1974 zu § 9 MTV gewerbliche Arbeitnehmer heißt es:

„Der Bundesverband Druck und die IG Druck und Papier einigten sich am 19. November 1974 zur Auslegung und Ergänzung der Regelungen über die tarifliche Jahresleistung in § 9 auf Folgendes:

I. 1. Bei allen vom Arbeitgeber im Verlauf des Fälligkeitsjahres zu bezahlenden Freistellungen von der Arbeitsleistung aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Vorschriften erfolgt keine Kürzung der tariflichen Jahresleistung.

Dasselbe gilt für Zeiten ohne Arbeitsleistung nach dem Mutterschutzgesetz.

2. Eine anteilige Kürzung der tariflichen Jahresleistung erfolgt je Tag der Abwesenheit bei

  1. Unterbrechungen der Arbeitsleistung zu Bildungs- und Fortbildungszwecken, soweit sie die Dauer von 3 Wochen im Kalenderjahr überschreiten,
  2. sonstigen unbezahlten Freistellungen, soweit sie insgesamt die Dauer von 5 Arbeitstagen im Kalenderjahr überschreiten,
  3. krankheitsbedingten Arbeitsunterbrechungen, soweit sie insgesamt die Dauer von 4 Monaten im Kalenderjahr überschreiten,
  4. unentschuldigtem Fernbleiben von der Arbeit.

3. Der Betrag pro Abzugstag errechnet sich einheitlich nach folgender Formel:

Tarifliche Jahresleistung × 7

12 × 152

neue Bundesländer:

Tarifliche Jahresleistung

12 × 165

II. Für die Errechnung der tariflichen Jahresleistung sind die am Fälligkeitstag (31. Dezember) gegebenen arbeitsvertraglichen Bedingungen zugrunde zu legen. Dies gilt insbesondere für Junggehilfen, die im Fälligkeitsjahr ihre Ausbildung beendet haben sowie bei Wechsel von Vollzeit- auf Teilzeitb...

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