Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung eines Angestellten. Fristlose Kündigung. Wettbewerbsverbot. Abwerbung von Arbeitnehmern. Konkurrenztätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Versucht ein kaufmännischer Angestellter, eine Mitarbeiterin eines Handelsvertreters des Arbeitgebers für ein eigenes Konkurrenzunternehmen abzuwerben, kann die fristlose Kündigung gerechtfertigt sein. Es ist nicht erforderlich, dass der Abwerbeversuch besonders intensiv erfolgt (im Anschluss an BAG, AP Nr. 3 zu § 60 HGB).

2. Die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB beginnt erst, wenn der Arbeitgeber Kenntnis davon erlangt hat, dass der kaufmännische Angestellte ein Konkurrenzunternehmen erworben hat, wenn aus dem Inhalt des Abwerbegesprächs (von dem der Arbeitgeber vorher Kenntnis erlangt hat) nicht hervorgeht, dass die Abwerbung für ein Konkurrenzunternehmen versucht wird.

 

Normenkette

BGB § 626; HGB § 60 Abs. 1 2. Alt.

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Teilurteil vom 11.11.2005; Aktenzeichen 7 Ca 2569/05)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.06.2008; Aktenzeichen 2 AZR 190/07)

 

Tenor

Das Teilurteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 11.11.2005 – 7 Ca 2569/05 – wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.891,43 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2005 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 90,5 % und die Beklagte zu 9,5 %.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (geboren 30.11.1969) wurde gemäß Anstellungsvertrag vom 02.05.2002 von der Beklagten zum 06.05.2002 als Produktionsleiter/Kanton, China eingestellt. Auf die weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrages wird Bezug genommen (Bl. 4 – 8 d. A.).

Der Kläger und sein Lebenspartner waren die einzigen Angestellten einer Niederlassung der Beklagten in Kanton. Die Beklagte vermittelt Aufträge deutscher Handelsunternehmen an Produzenten von Bekleidungsstücken in China und bedient sich hierzu u. a. ihrer Niederlassung in Kanton. Als Handelsvertreter und allgemeiner Vertreter auf dem chinesischen Markt ist für die Beklagte eine Gesellschaft chinesischen Rechts tätig. Diese hat ihren Sitz am Sitz der Niederlassung der Beklagten in Kanton und beschäftigt eigene Angestellte.

Aufgabe des Klägers war die Vermittlung der Geschäfte für die Beklagte. Zugleich leitete er mit seinem Lebenspartner die Gesellschaft chinesischen Rechts.

Im Jahr 2004 überlegten der Kläger und sein Lebenspartner, sich selbständig zu machen. Am 13.11.2004 vereinbarten die Parteien, dass die Kündigungsfrist für das Anstellungsverhältnis auf sechs Monate zum Quartalsende verlängert wird und dass es dem Kläger untersagt ist, während der Dauer von sechs Monaten zum Quartalsende nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses für ein Unternehmen tätig zu werden, welches mit der Beklagten in direktem oder indirektem Wettbewerb steht. Auf die weiteren Einzelheiten der Vereinbarung vom 13.11.2004 wird Bezug genommen (Bl. 55 – 56 d. A.).

Im Juli 2005 erwarben der Kläger und sein Lebenspartner eine Gesellschaft in Hongkong. Als Leiter der Gesellschaft wurde der Lebenspartner des Klägers in das Gesellschaftsregister von Hongkong mit seiner deutschen Adresse eingetragen. Am 22.07.2005 wurde die Firma der Gesellschaft in „1221 G. O. M.” geändert. Die Beklagte erfuhr hiervon am 01.11.2005.

Mit Schreiben vom 26.07.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos. Dieser hielt sich zu jener Zeit in Deutschland auf. Bei einem Aufenthalt in den Geschäftsräumen der Beklagten am 26.07.2005 wurde ihm das Kündigungsschreiben vorgelegt. Er verweigerte die Entgegennahme des Kündigungsschreibens und die Abgabe eines Empfangsbekenntnisses. Daraufhin wurde ihm der Inhalt des Schreibens vorgelesen. Außerdem übersandte die Beklagte ihm das Schreiben auf dem Postweg. Der Kläger erhielt es am 30.07.2005.

Mit Schriftsatz vom 28.07.2005, der bei dem Arbeitsgericht Mönchengladbach am 29.07.2005 eingegangen ist, hat der Kläger Klage gegen die fristlose Kündigung vom 26.07.2005 erhoben und mit einem weiteren Schriftsatz vom 02.08.2005, der bei dem Arbeitsgericht Mönchengladbach am 04.08.2005 eingegangen ist, zusätzlich geltend gemacht, auch die ihm am 30.07.2005 zugegangene Kündigung habe das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst.

Mit Schreiben vom 22.09.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut fristlos und vorsorglich fristgerecht. Auch diese Kündigung hat der Kläger angegriffen.

Er hat beantragt,

  1. festzustellen, dass die dem Kläger am 26.07.2005 zur Kenntnis gegebene außerordentliche und fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, sondern dieses darüber hinaus unverändert fortbesteht;
  2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die weitere außerordentliche, hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 22.09.2005, dem Kläger zugeg...

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