Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Vereinbarung der Geltung von Tarifverträgen mit der Einschränkung "soweit sie für den Arbeitgeber verbindlich sind"

 

Leitsatz (amtlich)

Wird in einem Arbeitsvertrag die Geltung von näher konkretisierten Tarifverträgen mit der Einschränkung "soweit sie für den Arbeitgeber verbindlich sind" vereinbart, handelt es sich auch nach den seit dem 01.01.2002 geltenden Beurteilungsmaßstäben um eine Gleichstellungsabrede.

 

Normenkette

TVG §§ 1, 4 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 23.12.2015; Aktenzeichen 8 Ca 4305/15)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 05.07.2017; Aktenzeichen 4 AZR 867/16)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 23.12.2015 - AZ: 8 Ca 4305/15 - abgeändert.

    Die Klage wird abgewiesen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

  • III.

    Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Vergütungsansprüche.

Die Beklagte betreibt E.-G.-Shops an Flughäfen. Die am 29.05.1962 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin, der Firma Gebr. I., beschäftigt. In dem Anstellungsvertrag vom 26.05.1992 finden sich unter anderem die folgenden Regelungen:

"1.Der Mitarbeiter wird ab dem 15.10.93 für I. als Verkäuferin/Kassiererin tätig.

3.Es gelten die Bestimmungen der für den Einsatzort einschlägigen Tarifverträge für die Beschäftigten im Einzelhandel - soweit sie für I. verbindlich sind - sowie etwaige Betriebsvereinbarungen/-ordnungen in ihrer jeweils geltenden Fassung.

6.Der Mitarbeiter wird in die Gehaltsgruppe II, Stufe 3.-5 des geltenden Gehaltstarifvertrages eingestuft (Tarifgehalt derzeit DM 2.706,--). Die Vergütung (nachfolgend kurz: Gehalt) wird monatlich nachträglich auf ein vom Mitarbeiter einzurichtendes Konto gezahlt."

(Die von den Unterzeichnern kursiv hervorgehobenen Textteile entsprechen den maschinenschriftlich eingetragenen Angaben in das verwendete Vertragsformular).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Anlage K 1, Bl. 47 ff. d.A., verwiesen.

Der bei Vertragsbeginn am 01.05.1992 noch geltende Gehaltstarifvertrag zwischen dem Einzelhandelsverband Nordrhein e.V. und der Gewerkschaft Handel, Bank und Versicherungen sowie der Deutschen Angestellten - Gewerkschaft vom 21.06.1991 (im Folgenden GTV 1992) enthielt in § 3 (Beschäftigungsgruppen) unter lit. B. folgende Regelungen:

"...

Gehaltsgruppe I

Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit

Beispiele: Verkäufer

Kassierer mit einfacher Tätigkeit

...

...

Gehaltsgruppe II

Angestellte mit einer Tätigkeit, die erweiterte Fachkenntnisse und eine größere Verantwortung erfordern.

Beispiele:Erste Verkäufer

...

Kassierer mit gehobener Tätigkeit

...

...

3. bis 5. Jahr der TätigkeitDM 2.706,00

..."

Unter dem 07.01.2002 trafen die Parteien unter der Überschrift "Ergänzung des Arbeitsvertrages vom 26. Mai 1992" die folgenden Vereinbarungen (Blatt 121f. der Gerichtsakte):

"1.In der Zeit vom 01.Januar 2002 bis zum 31. März 2002 reduzieren wir Ihre monatliche Arbeitszeit von derzeit 163,0 Stunden auf 120,0 Stunden. Rechtzeitig vor Ablauf der drei Monate werden wir in einem gemeinsamen Gespräch darüber entscheiden, ob sie für einen weiteren Monat 120,0 Stunden arbeiten werden.

2.Analog zu Ihrer neuen monatlichen Arbeitszeit kürzen sich Ihre monatlichen Bezüge wie folgt:

Tarifgehalt G II. nach dem 5. Tätigkeitsjahr€ 1.610,80

Essensgeld brutto€ 15,83

Mankogeld€ 11,78

gesamt€ 1.638,41

========

3.Entsprechend Ihrer monatlichen Arbeitszeit kürzen wir das Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld und Ihren Urlaubsanspruch.

4.Alle übrigen Punkte behalten weiterhin ihre Gültigkeit."

Unter dem 19.05.2006 schlossen die Parteien für die Zeit vom 01.05. bis zum 31.10.2006 wiederum eine entsprechend formulierte Vereinbarung über die Kürzung der Arbeitszeit.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten trat mit Ablauf des 31.12.2011 aus dem Arbeitgeberverband "Rheinischer Einzelhandels- und Dienstleistungsverband" aus. Die zum 01.07.2012 im Gehaltstarifvertrag zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft - ver.di (im Folgenden GTV) vom 29.06.2011 vorgesehene Erhöhung der Vergütung in der Gehaltsgruppe II nach dem 5. Tätigkeitsjahr von monatlich 2.589,00 € brutto auf monatlich 2.641,00 € brutto gab sie an die Klägerin weiter.

Am 01.01.2013 ging das Arbeitsverhältnis im Wege eines Betriebsübergangs auf die Beklagte über, die nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist.

Der zwischen dem Handelsverband Nordrhein-Westfalen und ver.di vereinbarte GTV vom 10.12.2013 beinhaltete zum 01.08.2013 eine 3%ige Entgelterhöhung in der Gehaltsgruppe II auf monatlich 2.720,- € brutto und zum 01.05.2014 eine 2,1%ige Erhöhung der Vergütung auf monatlich 2.777,- € brutto. Eine weitere 2,5%ige Tariferhöhung erfolgte ab dem 01.08.2015 auf monatlich 2.848,- € brutto. Die Beklagte zahlte der Klägerin unverändert ein monatliches Entgelt in Höhe von 2.641,- € zuzüglich einer Reinigungspauschale, vermögenswirksamen Lei...

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