Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Mietzuschüssen bei Berechnung der Jahressonderzahlung aufgrund der AVR des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland

 

Leitsatz (amtlich)

Mietzuschüsse der Leistungs- bzw. Kostenträger sind Investitionskostenerstattungen im Sinne der Anlage 14 Abs. 5 AVR. Werden die Mietkosten einer Einrichtung über die Pflegesätze der Kostenträger finanziert, können diese nicht als "festgelegte oder verhandelte" Investitionskostenerstattungen im Sinne des Abs. 5 letzter Spiegelstrich der Anlage 14 AVR bei der Ermittlung des Jahresüberschusses berücksichtigt werden und die Kürzung der erfolgsabhängigen Jahressonderzahlung begründen. Das Testat eines Wirtschaftsprüfers, das das Vorliegen eines negativen Ergebnisses bescheinigt, entfaltet nicht die Fiktionswirkung nach Abs. 4 der Anlage 14 AVR, wenn es inhaltlich offensichtlich unrichtig ist.

 

Normenkette

HGB §§ 243, 277 Abs. 4, § 249 Abs. 2; KHG § 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Aktenzeichen 2 Ca 3197/13)

 

Tenor

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 09.05.2014 - 2 Ca 3197/13 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Jahressonderzahlung auf Grundlage der Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (AVR).

Die Klägerin ist langjährig in der von der Beklagten betriebenen Fachklinik D.-von-L.-Haus (D.-Haus) tätig und Vorsitzende der Mitarbeitervertretung.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Arbeitsvertragsrichtlinien des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland (im Folgenden: AVR) Anwendung. Dort ist zur Jahressonderzahlung in Anlage 14 Folgendes geregelt:

"(3) Die Jahressonderzahlung wird zur Hälfte im November des laufenden Jahres, die zweite Hälfte im Juni des Folgejahres gezahlt. Sofern das betriebliche Ergebnis des Vorjahres nach Absatz 5 negativ ist, beträgt abweichend von Satz 1 in Einrichtungen der Altenhilfe, Rehabilitation, Jugendhilfe sowie ambulanten Diensten und Beratungsstellen der im November fällige Teil der Jahressonderzahlung 25 v.H. und der im Juni des Folgejahres fällige Teil 75 v.H. Die Höhe der Zahlung im Juni ist vom betrieblichen Ergebnis der Einrichtung abhängig. Dies gilt auch für die wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teile der Einrichtung, wenn der zuständigen Mitarbeitervertretung eine Liste der wirtschaftlich selbständigen Teile von der Dienststellenleitung vorgelegt wird.

(4) Weist die Dienstgeberin bzw. der Dienstgeber nach, dass bei voller Juni-Zahlung der anteiligen Bruttopersonalkosten der Jahressonderzahlung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein negatives betriebliches Ergebnis im Vorjahr (Wirtschaftsjahr der geleisteten Novemberzahlung) vorliegen würde, entfällt der Anspruch auch teilweise in dem Maße, in dem die Reduzierung in Summe zu einem ausgeglichenen Ergebnis führt. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung ein Testat eines vereidigten Wirtschaftsprüfers oder einer Treuhandstelle vorlegt, aus dem sich der Umfang des negativen betrieblichen Ergebnisses und die Summe der regulären betrieblichen Juni-Zahlung ergibt. Bestandteil der vorzulegenden Unterlagen ist die Zuordnung der Kosten der zentralen Dienste zu den wirtschaftlich selbständig arbeitenden Teilen der Einrichtung. ...

(5) Ein negatives betriebliches Ergebnis liegt vor, wenn der Jahresüberschuss, der sich aus § 243 HGB ableitet

?ohne betriebsfremde Aufwendungen und Erträge

?ohne außerordentliche Aufwendungen und Erträge im Sinne von § 277 Abs. 4 HGB

?ohne aperiodische Aufwendungen und Erträge

?ohne Ergebnisauswirkungen aus Bilanzierungs- und Bewertungsänderungen

?mit Pflichtrückstellungen für Altersteilzeit, Jubiläumszuwendungen und bereits beauftragten Instandhaltungsmaßnahmen, die im ersten Quartal des Folgejahres abgeschlossen werden

?ohne Erträge aus der Auflösung bzw. ohne Aufwendungen aus der Bildung von Aufwandsrückstellungen gemäß § 249 Abs. 2 HGB

?bei Einrichtungen, die zur Finanzierung laufender Kosten regelmäßig und betriebsüblich Spenden einsetzen, mit Spenden in der entsprechenden Höhe

?mit außerordentlichen Erträgen aus Pflegesatzstreitigkeiten

?ohne die mit den jeweiligen Kosten-/Leistungsträgern verhandelten oder festgelegten Investitionskostenerstattungen oder -vergütungen bis zu einer Höhe von 3 % der Erträge

negativ ist."

Für das Jahr 2012 zahlte die Beklagte den Mitarbeitern des D.-Hauses lediglich die erste Rate der im November 2012 fällig gewordenen Jahressonderzahlung. Die im Juni 2013 anstehende zweite Rate wurde mit der Begründung, dass die Einrichtung ein negatives betriebliches Ergebnis im Sinne des Abs. 5 der Anlage 14 AVR aufweise, nicht ausgezahlt.

Bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses durch die Beklagte (Bl. 61 d. A.) wurde von dem nach § 243 HGB errechneten positiven Jahresergebnis ein Betrag von 56.640,00 € als "Investitionskostenerstattungen" in Abz...

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