Revision

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeine Feststellungsklage. verlängerte Anrufungsfrist. Zurückverweisung

 

Leitsatz (amtlich)

Verbindet der Arbeitnehmer eine Klage gegen eine fristlose Kündigung gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG mit einem allgemeinen Feststellungsantrag gemäß § 256 ZPO, schließt dessen Streitgegenstand regelmäßig eine weitere fristlose Kündigung, die dem Arbeitnehmer am selben Tag zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt und zunächst nicht gemäß §§ 13 Abs. 1 Satz 2, 4 Satz 1 KSchG angegriffen wurde, mit ein (im Anschluss an BAG 27.01.1994 AP Nr. 28 zu § 4 KSchG 1969). In entsprechender Anwendung des § 6 Satz 1 KSchG besteht eine verlängerte Anrufungsfrist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz. Wurde die weitere Kündigung bis zu diesem Zeitpunkt in den Rechtsstreit eingeführt und hat das Arbeitsgericht den Arbeitnehmer nicht darauf hingewiesen, daß er eine dem Wortlaut des § 4 Satz 1 KSchG entsprechende Antragstellung vorzunehmen hat, kann dies noch in der Berufungsinstanz nachgeholt werden (im Anschluss an BAG 16.04.2003, AP Nr. 2 zu § 17 TzBfG). Der Rechtsstreit ist an das Arbeitsgericht zurückzuverweisen.

 

Normenkette

ZPO § 256 Abs. 1; KSchG § 4 S. 1, §§ 6, 13 Abs. 1 S. 2; ArbGG § 68

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Urteil vom 03.12.2003; Aktenzeichen 6 Ca 2731/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.05.2005; Aktenzeichen 2 AZR 426/04)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 03.12.2003 – 6 Ca 2731/03 – wird teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 27.06.2003 und die vorsorgliche fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 27.06.2003 nicht aufgelöst ist.

Der Antrag, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen auch über den 31.12.2003 hinaus fortbesteht, wird abgewiesen.

Wegen des Antrags, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 30.06.2003 und durch die vorsorgliche fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 30.06.2003 nicht aufgelöst ist, wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 03.12.2003 – 6 Ca 2731/03 – einschließlich des zugrunde liegenden Verfahrens ab dem 03.12.2003 aufgehoben. Insoweit wird der Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Mönchengladbach zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Arbeitsgericht vorbehalten.

Die Revision wird zugelassen, soweit das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach aufgehoben ist. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger (geboren 25.11.1959) war seit dem 01.07.1995 bei der Beklagten, in deren Betrieb regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen tätig sind, als Leiter des Rechnungswesens beschäftigt. Gemäß Zusatzvertrag vom 17.09.1998 wurde der Kläger zum Einzelprokuristen bei der Beklagten und einer weiteren Gesellschaft bestellt.

Mit Schreiben vom 07.05.2003 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung und entzog ihm gleichzeitig die Prokura. Der Kläger gab mit Schreiben vom 12.05.2003 eine Gegendarstellung zu der Abmahnung ab. Auf die Einzelheiten der Abmahnung und der Gegendarstellung wird Bezug genommen (Bl. 65 – 69 d. A.).

Mit Rechtsanwaltsschreiben vom 20.05.2003 forderte der Kläger die Beklagte auf, die Abmahnung aus seiner Personalakte zu entfernen. In der Folgezeit verhandelten die Parteien über ihre Anwälte über eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Mit Schreiben vom 14.06.2003 erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 70 und 71 d. A.).

Unter dem 18.06.2003 richtete der Kläger eine E-Mail an den damaligen Geschäftsführer der Beklagten, in der es u. a. heißt:

„Ihre Abmahnung vom 14. Juni 2003 … habe ich mit Befremden zur Kenntnis genommen. …

Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung den gesamten Sachverhalt zur Sprache bringen werde. Dies betrifft auch die im Unternehmen geführte „Nebenkasse” W. … Es ist offensichtlich, dass Ihre Unzufriedenheit mit meiner kritischen Haltung gegenüber diesem Sachverhalt der wahre Grund für die Abmahnungen und das Herausdrängen meiner Person aus dem Unternehmen sind. Sollten wir uns nicht auf der von mir angebotenen Vergleichsbasis treffen, auf der ich bereits erhebliche Zugeständnisse gemacht habe, werden die Dinge wohl vor Gericht ihren Lauf nehmen müssen.”

Am 17.06.2003 versandte der damalige Geschäftsführer der Beklagten eine E-Mail an den Mitarbeiter N., in der er diesen u. a. darauf hinwies, er könne aufgrund der Angelegenheit des Klägers die Bearbeitung M. nicht mehr so abrechnen wie in der Vergangenheit. Der Kläger, der bei der Beklagten auch EDV-Beauftragter war, erlangte Kenntnis vom Inhalt dieser E-Mail und richtete daraufhin am 20.06.2003 eine E-Mail an den Geschäf...

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