Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungsschutz im Kleinbetrieb

 

Leitsatz (amtlich)

Zur abgestuften Darlegungs- und Beweislast.

 

Normenkette

GG Art. 12 (1), Art. 2 (1), Art. 3 (1); KSchG § 23 (1) 2; BGB II 242; BGB II 138

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 05.04.2002; Aktenzeichen 13 Ca 9012/01)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.04.2002 – 13 Ca 9012/01 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert: 11.373,69 EUR.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Rechtswirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

Der am 09.02.1953 geborene Kläger, der einem 13-jährigen Sohn und seiner geschiedenen Ehefrau gegenüber unterhaltspflichtig ist, ist seit dem 01.08.1979 bei der Beklagten als Fahrer und Lagerarbeiter tätig, und zwar gegen eine monatliche Vergütung von 2.274,73 EUR plus Urlaubs- und Weihnachtsgeld.

Im Dezember 1988 wurde aufgedeckt, dass der Kläger vier Jahre lang Ware aus dem Lager unterschlagen, aus der Firma gebracht und an Abnehmer verkauft hatte. Hinsichtlich der Einzelheiten sei auf die vom Kläger unterzeichnete „Erklärung wegen Betriebsdiebstahl” (Bl. 27 d. A.) verwiesen. Deshalb wurde das Arbeitsverhältnis zunächst außerordentlich gekündigt, gleichzeitig jedoch zu zum Nachteil des Klägers geänderten Bedingungen fortgesetzt (vgl. „Fristlose Kündigung – Änderungskündigung”, Bl. 28 d. A.).

Mit Schreiben vom 13.12.1999 (Bl. 29 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung. Diese bezog sich in sechs Punkten darauf, dass der Kläger angeblich seine Arbeit nur zögernd, widerwillig und mit innerem Widerstand gegen Anordnungen der Geschäftsleitung bzw. der Weisungsbevollmächtigten mache. Darin wurde ihm zur Kenntnis gegeben, dass Frau K. und Herr Sch. im Auftrag des Geschäftsführers weisungsbefugt seien. Schließlich sei der von ihm gefahrene Firmen-LKW aufgeräumt und sauber zu halten.

Mit Schreiben vom 08.06.2001 erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung (Bl. 30 d. A.), in der er aufgefordert wurde, seine Arbeit zügig zu erledigen. Da angenommen wurde, dass er dies u. a. deshalb nicht tue, weil er auf seinem Handy ständig Privatgespräche führe, wurde ihm für die Arbeitszeit hiermit ein Handyverbot erteilt.

Mit Schreiben vom 15.11.2001 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 30.06.2002.

Zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung waren bei der Beklagten einschließlich des Klägers insgesamt 5 Arbeitnehmer beschäftigt, davon zwei im Sekretariatsbereich, zwei einschließlich des Klägers im Lagerbereich sowie ein Außendienstmitarbeiter.

Mit der am 05.12.2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Kündigung sei wegen Verstoßes gegen § 242 BGB rechtswidrig.

Der Kläger hat behauptet:

Er sei wegen seiner Arbeitsunfähigkeit gekündigt worden, und zwar bereits am vierten Tag.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten:

Eine solche Kündigung sei willkürlich und sachlich durch nichts zu rechtfertigen. Damit verstoße sie aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts zum Kündigungsschutz in Kleinbetrieben gegen § 242 BGB, zumal hier seine lange Betriebszugehörigkeit zu berücksichtigen sei. Es sei Sache der Beklagten, im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast die Kündigungsgründe vorzutragen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht endet aufgrund der Kündigung vom 15.11.2001 zum 30.06.2002,
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.06.2002 hinaus ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

den Kläger mit der Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet:

Die Kündigung sei auf einen neuerlichen Verstoß gegen die Abmahnung vom 08.06.2001 zurückzuführen. Der Kläger führe im Übrigen jede Arbeit nur mit Widerwillen aus oder wälze sie auf den Arbeitskollegen B. ab. Der die Kündigung auslösende Fall sei eine ständige Arbeitsverweigerung sowie eine schlechte Außendarstellung gewesen.

Sie hat die Auffassung vertreten:

Auch nach der vom Kläger zitierten Rechtsprechung sei die Kündigung rechtswirksam. Im Übrigen komme es bei dieser verhaltensbedingten Kündigung nicht auf die soziale Auswahl an, so dass auch die lange Betriebszugehörigkeit des Klägers bzw. ein größerer sozialer Schutz die Kündigung nicht rechtswidrig mache.

Mit Urteil vom 05.04.2002 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und hat dies unter anderem wie folgt begründet:

Das Kündigungsschutzgesetz sei auf den Kleinbetrieb der Beklagten gem. § 23 Abs. 1 Abs. 2 KSchG nicht anwendbar. Die Kündigung verstoße auch nicht gegen § 242 BGB. Eine Auswahlentscheidung zwischen mehreren Arbeitnehmern sei hier nicht zu treffen gewesen. Die Kündigung sei auch nicht deshalb als treuwidrig anzusehen, weil die Beklagte im Prozess die Kündigungsgründe nicht ausreichend dargelegt habe. Zwar habe die Beklagte lediglich pauschal verhaltensbedingte Kündigungsgründe angegeben, ohne hierzu die einzelne...

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