Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung beim Nachteilsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor einer Betriebsänderung aufgelöst worden ist, können in dem über die Betriebsänderung geschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan ausgenommen und insbes. vom Bezug einer „Produktivitätsprämie”, die für die tatsächliche Erbringung der Arbeitsleistung bis zum Kündigungstermin versprochen wird, ausgeschlossen werden. Hierin liegt keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.

 

Normenkette

BetrVG §§ 75, 112

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Urteil vom 24.06.2003; Aktenzeichen 1 Ca 466/03 v)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.03.2005; Aktenzeichen 1 AZR 49/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom24.06.2003 wird kostenfällig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

A. Die Parteien streiten darum, ob dem Kläger die in einer Betriebsvereinbarung vom 24.07.2002 vereinbarte „Produktivitätszulage” zusteht. Die Beklagte macht geltend, dass der Kläger, weil am 18.03.2002 gekündigt, von den Leistungen der Betriebsvereinbarung, die nur für nach dem 24.07.2002 gekündigte Arbeitnehmer gelte, ausgeschlossen sei. Der Kläger hält entgegen, dass die Beklagte aus Gleichbehandlungsgründen die „Produktivitätszulage” an ihn zu zahlen habe.

Die Beklagte sprach im Zuge von Personalabbaumaßnahmen, über die am 26.04.2001 ein Interessenausgleich und ein Sozialplan geschlossen waren, am 18.03.2002 gegenüber dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.10.2002 aus. Den nachfolgend geführten Kündigungsschutzprozess legten die Parteien durch einen Vergleich bei, in dem sie sich auf die Verlängerung der Kündigungsfrist bis zum 31.12.2002 verständigten.

Am 24.07.2002 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen „Interessenausgleich” über die Verlagerung der Fertigung von Aluminiumbeschlägen von X. nach M. und die voraussichtliche Schließung des Restbetriebs X. zum 31.12.2002. § 6 des „Interessenausgleichs” verweist für den Nachteilsausgleich im Wesentlichen auf den Sozialplan vom 26.04.2001. In einer ebenfalls am 24.07.2002 geschlossenen „Betriebsvereinbarung aus Anlass des Interessenausgleichs vom 24.07.2002” trafen die Betriebspartner „Regelungen … für alle Mitarbeiter …, die aufgrund der personellen Maßnahmen im Interessenausgleich vom 24.07.2002 durch eine betriebsbedingte Kündigung unmittelbar betroffen sind und am 24.07.2002 in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen.” Im Abschnitt I. sehen sie die Erhöhung der Abfindung um Euro 8.000,00 vor, wenn Arbeitnehmer in den kommenden drei Wochen oder spätestens eine Woche nach Kündigungszugang einen Abwicklungsvertrag abschließen. Den übrigen Mitarbeitern wird im Abschnitt II. „für die Zeit vom 01.08.2002 bis 31.12.2002 eine Produktivitätsprämie in Höhe von Euro 8.000,00” versprochen. Unter II. 5 ist die fehlzeitenabhängige Kürzung der Prämie vorgesehen.

Am 15.08.2002 vereinbarten die Betriebspartner eine „Protokollnotiz zur Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich vom 24.07.2002”. Danach wurde den Arbeitnehmern, die am 24.07.2002 bereits in einem betriebsbedingt gekündigten Arbeitsverhältnis standen, aber weiterhin aktiv waren, „eine Produktivitätsprämie für die Zeit vom 01.08.2002 – 31.12.2002 in Höhe von 3.000,00 Euro” zugesagt.

Die Beklagte zahlte an den Kläger die Abfindung nach dem Sozialplan vom 26.04.2001 und die Produktivitätsprämie von 3.000,00 Euro nach der Protokollnotiz vom 15.08.2002.

Mit der im Februar 2003 vor dem Arbeitsgericht Wuppertal erhobenen Klage macht der Kläger geltend, dass ihm die in der Betriebsvereinbarung vom 24.07.2002 erwähnte Produktivitätsprämie von 8.000,00 Euro zustehe und die Beklagte – nach Anrechnung der gezahlten Prämie von Euro 3.000,00 – noch Euro 5.000,00 nachzuzahlen habe. Er meint, dass der mit der Produktivitätszulage verfolgte Motivationszweck gleichermaßen für die vor dem 24.07.2002 wie für die nach dem 24.07.2002 gekündigten Mitarbeiter gelte und daher eine unterschiedliche Behandlung der Gruppen aufgrund des Zeitpunkts der Kündigungen sachwidrig sei.

Die Beklagte hält entgegen, dass die Gewährung der Produktivitätsprämie unter anderem bezweckt habe, den möglichst ungestörten Ablauf der Produktion bis zu deren Einstellung sicherzustellen. In den Verhandlungen zu den Vereinbarungen vom 24.07.2002 sei es dem Betriebsrat darum gegangen, für die von der neuen Betriebsänderung betroffenen Mitarbeiter möglichst günstige Konditionen zu erwirken. Daher habe man in Anbetracht der eingeschränkten finanziellen Mittel der Beklagten nur diesen Mitarbeitern die Prämie von Euro 8.000,00 zusagen können. Hingegen habe die Basis dafür gefehlt, den bereits gekündigten Mitarbeitern dieselbe Prämie zukommen zu lassen. Auf späteres Drängen des Betriebsrats habe sie, die Beklagte, sich zu der Protokollnotiz vom 15.08.2002 und der Gewährung einer Prämie von Euro 3.000,00 an die schon vor dem 24.07.2002 gekündigten Mitarbeiter bereit ge...

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