Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Ausgleichsklausel. Erfassung eines Darlehnsanspruchs. Arbeitgeberdarlehn. Rückzahlungsanspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der nach den §§ 133, 157 BGB vorzunehmenden Auslegung einer Willenserklärung bzw. eines Vertrags ist maßgebend, wie die Erklärung nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte aufzufassen ist. Zunächst ist vom Wortlaut der Erklärung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem darin objektiv zum Ausdruck kommenden Parteiwillen auszugehen.

2. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind von den Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden – bzw. Arbeitnehmers – einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragsparteien unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden wird.

3. Eine Erledigungsklausel, wonach alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien erledigt sind, erfasst nicht Ansprüche aus einem Arbeitgeberdarlehen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 157, 305c

 

Verfahrensgang

ArbG Solingen (Urteil vom 12.12.2007; Aktenzeichen 3 Ca 894/07 lev)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 19.01.2011; Aktenzeichen 10 AZR 873/08)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgericht Solingen vom 12.12.2007 – 3 Ca 894/07 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass dem Beklagten gegen ihn keine Ansprüche mehr aus einem Arbeitgeberdarlehen zustehen. Die Parteien streiten dabei über die Auslegung einer Ausgleichsklausel.

Der Kläger war ursprünglich bei der B. – H. AG in M. angestellt, die ihm im Jahr 2000 ein Arbeitgeberdarlehen in Höhe von 60.000,00 DM (= 30.677,51 EUR) zu einem Zinssatz von 6 % p.a. gewährte. Die Abwicklung des Darlehens erfolgte über die Pensionskasse der C. AG, an die der Kläger die monatlichen Tilgungsraten per Einzugsermächtigung leistete. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sollte das Darlehen unabhängig von der Frage einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu den im Darlehensvertrag vereinbarten Bedingungen weiter getilgt werden.

Aufgrund eines Betriebsübergangs ging das Arbeitsverhältnis des Klägers auf die B. Photo GmbH über, auf die auch das Arbeitgeberdarlehen übertragen wurde. Die Abwicklung erfolgte weiterhin über die C. AG.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Köln vom 01.08.2005 wurde über das Vermögen der B. Photo GmbH das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eröffnet.

Unter dem Datum vom 18.12.2005 schloss der Kläger in Form eines dreiseitigen Vertrages mit der B. Photo GmbH einen Aufhebungsvertrages zum 31.12.2005 und mit der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft Connect Consulting GmbH einen vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 befristeten Anstellungsvertrag.

„Mit diesem Vertrag sind sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien, seien sie bekannt oder nicht bekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, geregelt und abgegolten, sofern es sich nicht um Insolvenzforderungen des Arbeitnehmers handelt und sich aus dem Sozialplan nichts anderes ergibt. Die Behandlung von betrieblichen Altersversorgungsansprüchen richtet sich nach den gesetzlichen Vorschriften.”

Durch weiteren Beschluss des Amtsgerichts L. vom 01.01.2006 wurde die Eigenverwaltung der B. Photo GmbH aufgehoben und der Beklagte als Insolvenzverwalter bestellt.

Bis zum 31.12.2006 leistete der Kläger die monatlichen Darlehensraten. Nachdem die Abwicklung der Arbeitgeberdarlehen von der C. AG zum 31.12.2006 eingestellt wurde, sind keine weiteren Zahlungen seitens des Klägers erfolgt.

In Höhe von 20.448,60 EUR ist das Darlehen noch nicht zurückgezahlt.

Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Beklagten haben – mit nur einer Ausnahme – alle Arbeitnehmer, die ein Arbeitgeberdarlehen erhalten hatten, trotz Unterzeichnung des hinsichtlich der Ausgleichsklausel gleichlautenden dreiseitigen Vertrages – wie der Kläger auch – weiter die Darlehensraten gezahlt.

Mit Schreiben vom 14.03.2007 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er ab dem 01.01.2007 die Abwicklung des Arbeitgeberdarlehens von der C. AG übernommen habe und bat ihn, die monatlichen Raten von nun an auf das in dem Schreiben angegebene Konto zu überweisen.

Der Kläger leistete keine weiteren Zahlungen.

Unter dem Datum vom 23.03.2007 schloss der Beklagte in einem Parallelverfahren mit einem anderen Arbeitnehmer einen gerichtlichen Vergleich, wonach ihm – dem Beklagten – keine Ansprüche aus dem diesem Arbeitnehmer gewährten Arbeitgeberdarlehen zustehen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 03.04.2007 ließ der Kläger den Beklagten unter Berufung auf die Ausgleichsklausel in Ziffer II. 5. des dreiseitigen Vertrages auffordern, zu erklären, dass keine weiteren Ansprüche aus dem Arbeitgeberdarlehen geltend gemacht werden. Außerde...

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