Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer Versetzung

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet einer unbilligen Versetzung an einen anderen Ort vorläufig bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verbindlichkeit der Versetzung zu befolgen (entgegen BAG 22.02.2012 - 5 AZR 249/11, [...] Rn. 24).

 

Normenkette

BetrVG § 99; BGB § 315; GewO §§ 106, 121; SeeArbG §§ 32, 124; ZPO §§ 256, 259

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 08.09.2015; Aktenzeichen 15 Ca 3000/15)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.09.2015 - 15 Ca 3000/15 - abgeändert und zur Klarstellung im Hauptsacheausspruch wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger mit Dienstsitz E. weiter zu beschäftigen.

  • II.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den tatsächlichen Einsatzort des Klägers sowie die Wirksamkeit einer Versetzung.

Der Kläger war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin seit dem 04.08.1999 beschäftigt. Grundlage war zuletzt der noch mit der G. T. D. GmbH abgeschlossene Arbeitsvertrag vom 02.12.2002. In diesem hieß es u.a.:

"§ 2 Tätigkeit

1.Der Mitarbeiter wird als Callcenter Manager bei der Arbeitgeberin eingestellt. Der Dienstsitz des Mitarbeiters ist E..

2.Die Arbeitgeberin behält sich vor, dem Mitarbeiter eine andere zumutbare Arbeit - auch an einem anderen Ort - zuzuweisen, die seinen Vorkenntnissen und/oder Fähigkeiten entspricht.

..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Bezug genommen. Die G. T. D. GmbH wurde ausweislich des Handelsregisterauszugs des Amtsgerichts Nürnberg HRB 18625 im November 2011 mit der Beklagten verschmolzen. Der Kläger war inzwischen sog. Operation Director Standortleiter bei der Beklagten und zwar am Standort E.. Er bezog im Geschäftsjahr 2013/2014 ein durchschnittliches Bruttogehalt einschließlich Provisionen von 12.000,00 Euro. Er besaß Gesamtprokura gemeinsam mit einem Geschäftsführer oder einem anderen Prokuristen. Der geschiedene Kläger hatte zwei Kinder aus erster Ehe, die im März 2015 sieben und fünfzehn Jahre alt waren und bei deren Mutter in N. lebten. Die ältere, am 06.10.1999 geborene Tochter war schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100 Prozent. Der Kläger lebte mit seiner jetzigen Ehefrau, welche eine Festanstellung bei der Beklagten als Personalreferentin hatte, in L.. Die Betreuung der schwerbehinderten Tochter teilten sich die leiblichen Eltern. Der Kläger brachte dabei seine Tochter regelmäßig und zwar quartalsweise in die Universitätsklinik in Düsseldorf. An jedem zweiten Wochenende von Freitagnachmittag bis Sonntagabend wohnten beide Kinder bei dem Kläger in L., die er in N. abholte und dorthin zurückbrachte. Die persönliche Situation des Klägers war der Beklagten bekannt.

Die Beklagte, welche in den Bereichen Beratung und Dienstleistung mit dem Schwerpunkt Vertrieb tätig war, unterhielt neben dem Standort in E. einen Standort in O.. Die Beklagte wurde geleitet von den Geschäftsführern H. (bis Juni 2015) und S. sowie dem Chairman E.. Diese und die übrigen Prokuristen waren sämtlich am Standort O. tätig. Am Standort O. waren mehr als 100 Mitarbeiter eingesetzt und ein Betriebsrat war gebildet. Mehr als zwanzig der dort eingesetzten Mitarbeiter waren zum Betriebsrat wahlberechtigt. Am Standort E. waren im März 2015 einschließlich des Klägers jedenfalls zwölf Mitarbeiter im Projekt G. und vier Mitarbeiter im Projekt Y. tätig sowie eine Personalreferentin - die Ehefrau des Klägers -, eine Auszubildende und der Kläger. Der Kläger betreute bis zu seiner Versetzung in E. Projekte für die Kunden G. und Y. unter Leitung der mit diesen Projekten befassten Mitarbeiter. Er betreute weiter das Projekt T., wobei die Mitarbeiter aber in G. tätig waren. Es existierte in E. noch das Team W. Inside Sales mit 16 Mitarbeitern. Dieses war dem Standort G. zugeordnet.

Mit Schreiben vom 05.02.2015 versetzte die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 02.03.2015 in die Zentrale in O.. Der Dienstsitz sollte ausweislich des Schreibens ab diesem Zeitpunkt O. sein. Im Übrigen behalte der Arbeitsvertrag auch weiterhin mit Ausnahme des Dienstsitzes in allen Punkten seine Gültigkeit. Der Kläger führte unter Vorbehalt Tätigkeiten in O. aus. Dabei war er im Jahr 2015 an 125 Tagen arbeitsunfähig erkrankt.

Mit Schreiben vom 21.05.2015, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, ersuchte die Beklagte den in O. gebildeten Betriebsrat um Zustimmung zur Versetzung und unterrichtete den Betriebsrat, dass die personelle Maßnahme dringend erforderlich sei und deshalb vorläufig durchgeführt werde. Der Betriebsrat gab hierzu keine Stellungnahme ab.

Mit Schreiben vom 21.09.2015, auf das wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine hilfsweise Änderungskündigung zum 31.03.2016 aus und bot an, das Arbeitsverhältnis ab dem 0...

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