Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitnehmereigenschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob ein Dienstverhältnis als Rechtsverhältnis eines freien Mitarbeiters/einer freien Mitarbeiterin oder als Arbeitsverhältnis zu werten ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Arbeitnehmer ist derjenige Mitarbeiter, der seine Dienstleistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisation erbringt (BAG Urteil vom 30.11.1994 – 5 AZR 704/93 – AP Nr. 74 zu § 611 BGB Abhängigkeit).

2. Die Tatsache allein, daß der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin hinsichtlich der zeitlichen Bestimmung der Arbeitszeit nicht von konkreten Weisungen des Arbeitgebers, sondern z.B. von den Terminsvorstellungen des Kunden des Arbeitgebers abhängig ist, rechtfertigt nicht die Annahme, die Arbeitszeit könne frei gestaltet werden.

3. Ist die Arbeitsleistung nicht innerhalb einer räumlich festen Organisation auszuüben, aber der Ort der Arbeitsleistung insofern festgelegt, als die Tätigkeit in der Regel in den Räumen des jeweiligen Kunden des Arbeitgebers durchgeführt wird, unterliegt die Bestimmung des Arbeitsortes nicht der Disposition des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin.

Die Parteien streiten, ob die Klägerin Arbeitnehmerin oder freie Mitarbeiterin der Beklagten ist. Die Klägerin war bei der Beklagten als sogenannte Kundenschulungsbeauftragte beschäftigt. Sie hatte von ihrem Arbeitgeber vertriebene Geräte den Kunden vorzuführen und/oder sie in die Bedienung einzuweisen. Die Schulungen erfolgten in den Betriebsräumen der Kunden nach deren Terminswünschen.

 

Normenkette

BGB § 611; HGB § 84

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 30.05.1996; Aktenzeichen 11 Ca 5465/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.05.1998; Aktenzeichen 5 AZR 247/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.05.1996 verkündeteUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin Arbeitnehmerin der Beklagten ist und im weiteren um die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung.

Die Beklagte vertreibt Faxgeräte und Kopierer. Den Vertrieb von Schreibmaschinen hat sie zwischenzeitlich eingestellt. Die Klägerin ist seit Oktober 1989 als sogenannte Kundenschulungsbeauftragte bei ihr beschäftigt zu einem monatlichen Pauschalhonorar in Höhe von 1.500,– DM, das auch in Urlaubs- und Krankheitszeiten durchgängig gezahlt wurde, und einer variablen Vergütung, die abhängig ist von den bei der Beklagten getätigten Verkaufsabschlüssen. Im Honorarvertrag, der, wie in der letzten mündlichen Verhandlung unstreitig gestellt, nachdem die Klägerin ihr von der Beklagten unterschriebenes Vertragsexemplar vorgelegt hat, von den Parteien unterzeichnet wurde, sind die näheren Modalitäten dieser Vergütung geregelt. Auf Bl. 4 ff. d. A. wird insoweit verwiesen. Das durchschnittliche Einkommen der Klägerin belief sich auf etwa 4.500,– DM; zwischen August 1993 und Juli 1994 erzielte sie einen Durchschnittsverdienst von 3.452,38 DM. Die Einkünfte im Jahre 1994 waren wegen zurückgehender Umsätze der Beklagten rückläufig.

Die Klägerin war der Geschäftsstelle Köln zugeordnet und betreute Kunden vor allem aus dem Bereich dieser Geschäftsstelle, vertretungsweise auch aus anderen Bereichen, wobei sie für 30 Verkäufer zuständig war. Ihre Aufgabe bestand darin, im Vorfeld eines Verkaufs den Kunden bei sogenannten Demo-Terminen Geräte vorzuführen sowie nach Vertragsabschluß Schulungen/Einweisungen für die Geräte durchzuführen. Sie war berechtigt, neben den Basisschulungen weitergehende Schulungen mit den Kunden auf eigene Rechnung zu vereinbaren. Tatsächlich fanden solche Schulungen nicht statt. Lt. Vertrag war sie verpflichtet, an den erforderlichen, von der Beklagten durchgeführten Trainingsmaßnahmen teilzunehmen.

In der Geschäftsstelle stand ihr ein Schreibtisch und ein Telefonanschluß zur Verfügung. Die für sie bestimmte Post ging auf der Geschäftsstelle ein.

Auf dem Schreibtisch lag ihr Kalender, in den sowohl von ihr als auch von Verkäufern Kundentermine eingetragen wurden.

Mit Schreiben vom 27.07. kündigte die Beklagte das Beschäftigungsverhältnis zum 31.10.1994, ohne den Betriebsrat der Geschäftsstelle Köln zu hören.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Sie sei Arbeitnehmerin, weil sie ihre Dienstleistung im Rahmen der von der Beklagten bestimmten Arbeitsorganisation erbringe. Sie könne weder ihre Tätigkeit im wesentlichen frei gestalten noch ihre Arbeitszeit bestimmen. Sie arbeite regelmäßig acht Stunden täglich und sei persönlich abhängig. Die Schulungstermine, die sie habe wahrnehmen müssen, seien entweder von den Verkäufern festgelegt worden oder sie sei aufgefordert worden, den jeweiligen Termin unmittelbar mit dem Kunden abzustimmen.

Sie hat den Antrag gestellt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 27.07.1994 nicht aufgelöst worden ist,
  2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin als Bera...

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