Entscheidungsstichwort (Thema)

Entschädigungsanspruch. Schwerbehinderung. Diskriminierung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. In § 81 Abs. 2 Nr. 1 S. 3 SGB IX ist eine Beweislastumkehr für den Fall festgelegt worden, dass der schwerbehinderte Mensch glaubhaft macht, dass eine Benachteiligung wegen der Behinderung vorliegt. Der schwerbehinderte Mensch muss danach zunächst beweisen, dass eine Benachteiligung überhaupt gegeben ist. Soweit es um den Benachteiligungsgrund geht, genügt es, wenn er glaubhaft macht, dass er wegen der Behinderung benachteiligt worden ist.

2. Der Arbeitgeber trägt dann die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder eine bestimmte körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung für die angestrebte Tätigkeit ist.

3. Die Beweislastregel in § 81 SGB IX, dass der schwerbehinderte Mensch zunächst die Benachteiligung darlegen bzw. im Streitfall beweisen muss, verstößt nicht gegen die Richtlinie EGRL 78/2000.

 

Normenkette

SGB IV § 95 Abs. 2, §§ 83, 81 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Bremen (Urteil vom 05.03.2003; Aktenzeichen 7 Ca 7457/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.02.2005; Aktenzeichen 9 AZR 635/03)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bremen vom 05.03.2003 – Az: 7 Ca 7457/02 – wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Die Revision wird gegen dieses Urteil zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine Entschädigungszahlung wegen Diskriminierung.

Der schwerbehinderte Kläger, der gelernter Altenpfleger ist und über eine abgeschlossene Ausbildung zum medizinischen Dokumentationsassistenten verfügt, hat sich am 04.02.2002 beim Z. Bremen-N., einem nicht rechtsfähigen Eigenbetrieb der Beklagten, um die Stelle eines Stationssekretärs beworben. Seine Bewerbung erfolgte aufgrund einer Stellenausschreibung in den Bremer Nachrichten vom 02.02.2002. Die Stellenanzeige hatte folgenden Wortlaut:

„Zum nächstmöglichen Termin suchen wir eine/n

Stationssekretärin/-sekretär

– Teilzeitbeschäftigung möglich –

Sie werden als Ansprechpartner/in für Ärzte/Ärztinnen, Pflegepersonal und Patienten/-innen auf einer der Stationen eingesetzt. Neben den medizinischen Schreibarbeiten sollen Sie die Mitarbeiter/innen von administrativen Arbeiten, wie zum Beispiel Telefondienst, Terminplanung und vielem mehr entlasten. Sie werden die Krankenakten führen und die medizinischen Leistungen in die EDV eingeben. Für die Bewältigung der Aufgaben benötigen Sie Organisationstalent und Fingerspitzengefühl ebenso wie die Fähigkeit, in hektischen Zeiten einen „kühlen Kopf” zu bewahren.

Sie sollten über eine Ausbildung als Arzthelfer/in oder vergleichbare Erfahrungen im medizinischen Bereich verfügen. Gute Schreibmaschinenkenntnisse sowie Erfahrung im Umgang mit der EDV setzen wir voraus.

Schwerbehinderte haben bei im wesentlichen gleicher fachlicher und persönlicher Eignung den Vorrang.

Ihre aussagefähige schriftliche Bewerbung richten Sie bitte an das

Z. Bremen-N.

– Personalabteilung –

H. Straße

28. Bremen

Besuchen Sie uns auch im Internet unter www.z….de”

Das Bewerbungsschreiben des Klägers vom 04.02.2002 hatte folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte mich um die ausgeschriebenen Arbeitsstelle in Ihrer Einrichtung bewerben. Zusätzlich zu der nachfolgend beschriebenen Qualifizierung möchte ich auf mein Examen in der Altenpflege hinweisen. Diesen Beruf kann ich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben, bin aber selbstverständlich bereit meine gesammelten, pflegerischen Erfahrungen in meinen neuen Aufgabenbereich einfließen zu lassen.

Im Rahmen einer beruflichen Reha-Maßnahme habe ich am 18.04.01 meine Ausbildung zum Medizinischen Dokumentationsassistenten beendet und mit der staatlichen Prüfung erfolgreich abgeschlossen.

Hier eine Aufstellung meines aktuellen Leistungsstandes:

  • • Kenntnisse in der Medizinischen Dokumentation
  • • mathematische und statistische Grundkenntnisse
  • • EDV-Erfahrung mit den Betriebsystemen Windows 98 bzw. Windows NT 4.0
  • • Anwendungsprogramme Access, Word, Excel, Powerpoint und Outlook
  • • professionelle Datenerfassung
  • • Datenbank-/ Softwarepflege
  • • medizinische Fachterminologie (inkl. Englische Terminologie)
  • • Internet-Recherchen in medizinischen Datenbanken (vornehmlich in DIMDI)

Während meiner Ausbildung habe ich auch zwei Berufspraktika absolviert:

Im ersten Schuljahr ein sechswöchiges Praktikum im St. Josef-Stift, Bremen. Dort habe ich Erfahrungen in der Aufnahme bzw. im Archiv gesammelt.

Im zweiten Ausbildungsjahr ein dreimonatiges Praktikum im Gesundheitsamt Bremen, eingesetzt war ich während dieser Zeit im Projekt „elektronische Fallakte” und habe das Programm Albis on Windows für die medizinische Ambulanz konzeptioniert.

In diesem zuletzt erwähnten Projekt konnte ich mein Talent zum kreativen und selbständigen Arbeiten unter Beweis stellen.

Anschließend möchte ich noch auf eine anerkannte Schwerbehinderun...

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