Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungsvorbehalt. Provisionsanspruch. Arbeitsvertragliche Einheitsregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

Gelten in einem Betrieb verschiedene Provisionsregelungen, die teilweise auf einer Betriebsvereinbarung bzw. Gesamtzusage mit Änderungsvorbehalt und zum anderen auf einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung ohne Änderungsvorbehalt beruhen, unterliegt eine ändernde Betriebsvereinbarung zur Einführung einer neuen, einheitlichen Provisionsregelung dem Günstigkeitsprinzip.

 

Normenkette

BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 77 Abs. 6; TVG § 4 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Eberswalde (Urteil vom 14.11.2002; Aktenzeichen 4 Ca 635/02)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.06.2005; Aktenzeichen 1 AZR 213/04)

 

Tenor

1.Das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 14.11.2002 – 4 Ca 635/02 – wird abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 3.363,86 Euro brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 1.245,71 Euro seit dem 11.05.2002 und auf 2.128,55 Euro seit dem 19.08.2002 zu zahlen.

2.Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.

3.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Provisionszahlung.

Der Kläger war gemäß Vertrag vom 13.12.1979 seit dem 17.12.1979 bei der Fa. Pxxxx GmbH Brot- und Backwaren beschäftigt, einem Unternehmen zur industriellen Herstellung und Vertrieb von Brot- und Backwaren. Sein Einsatz erfolgte als Frischdienstverkäufer in der Niederlassung Sxxxxxxxxxxxxx in Bxxxxx. Für seine Tätigkeit, zu der die Auslieferung der Waren an den Lebensmitteleinzelhandel, die Regalpflege in den Handelsgeschäften die Warendisposition und die Kontaktpflege zum Kunden gehörte, erhielt er neben dem tariflichen Festlohn eine Verkaufsprovision gemäß Betriebsvereinbarung vom 20.10.1976. Ende 1987 wurde im Zuge eines Unternehmens- und Betriebsübergangs die Großbäckerei Wxxxxxx Bxxxxx GmbH & Co KG Inhaberin des Betriebes. Sämtliche Kollektivregelungen einschließlich der Betriebsvereinbarung vom 20.07.1976 wurden weiterhin angewandt. In der Betriebsvereinbarung vom 25.09.1989 über die Umsetzung der 38,5 – Stunden – Woche wurde unter § 2 vereinbart, dass die Betriebsvereinbarung vom 20.10.1976 über die Provisionsregelung bis zum Abschluss einer neuen ihre Gültigkeit behält. In einer weiteren Vereinbarung mit dem Betriebsrat vom 28.02.1990 wurde anlässlich einer Preiserhöhung die bisherige Provisionsberechnung geändert, nachdem bereits 1986 eine Änderung des Provisionssatzes erfolgt war. 1992 wurde damit begonnen, die Auslieferungstouren unter Beibehaltung der Kunden nach und nach in den seit Anfang der 90er Jahre aufgebauten Produktionsbetrieb in Bxxxxx zu verlagern, in dem ein eigener Betriebsrat vorhanden war. Damit kam auch das Personal von der Sxxxxxxxxxxxx nach Bxxxxx, wo keine Betriebsvereinbarung über Provisionszahlungen existierte. Die dort eingestellten Frischdienstverkäufer (künftig „Ostfahrer”) erhielten auf Grund einer arbeitsvertraglichen Einheitsregelung als Provision 2,85 % des Umsatzes für Markenware und 0,5 % des Umsatzes für Billigware sowie zur Honorierung besonders niedriger Retourenwerte 200,00 DM als Retourenprämie. Die Summe von Fixum, Gesamtprovision und Retourenprämie wurde auf den Tariflohn angerechnet. Mit Verlegung der letzten Tour Ende Februar 1999 wurde der Betrieb in der Sxxxxxxxxxxxx stillgelegt. Wegen der Verlagerung wurde mit seinem Betriebsrat am 19.06.1992 ein Interessenausgleich und Sozialplan vereinbart, in dem hinsichtlich der anstehenden Versetzungen bestimmt wird, dass alle Betriebsvereinbarungen ihre Gültigkeit behalten, bis sie durch eine andere beim neuen Arbeitgeber ersetzt werden. Dem gemäß erhielt der Kläger wie auch die übrigen von der Sxxxxxxxxxxxx nach Bxxxxx versetzten Frischdienstverkäufer „Westfahrer”) die bisherige Verkaufsprovision bis zum 31.12.2001 weitergezahlt, bei deren Berechnung der Tagessatz entsprechend der Hausmitteilung des Arbeitgebers vom 21.07.1995 von 910,00 DM auf 1.074 DM erhöht worden war. Für die „Ostfahrer” verblieb es dagegen bei der arbeitsvertraglichen Einheitsregelung.

In der 2. Hälfte der 90er Jahre verschmolzen die Großbäckerei Wxxxxxx Bxxxxn GmbH & Co. KG und die Wxxxxxx Brot Bxxxxx – Bxxxxxxxxxx GmbH & Co. KG, die ebenfalls in Bxxxxx einen Betrieb hatte, zur Wxxxxxx Brot Nord – Ost GmbH & Co. KG. Ihre beiden Betriebe wurden zu einem einheitlichen Betrieb zusammengefasst, in dem ein neuer Betriebsrat gewählt wurde. Die Wxxxxxx Brot Nord – Ost GmbH & Co. KG. kündigte mit Schreiben vom 20.09.1999 die Betriebsvereinbarung über die Provisionsregelung, um zu einem einheitlichen Abrechnungssystem für alle Frischdienstverkäufer zu kommen. Nach erneuter Unternehmensumwandlung in die Wxxxxxx Brot Nord – Ost GmbH im Juni 2001 wurde unter dem 29.01.2002 eine Betriebsvereinbarung über die Entlohnung für die Frischdienstverkäufer abgeschlossen, die am 01.01.2002 in Kraft trat und für den Kläger mit einer geringeren Provisionszahlung verbunden war. Die sich hieraus ergebenden Differenzen für die Monate Janua...

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