Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Zeugnisberichtigung in Bezug auf eine Beurteilung des Verhaltens des Arbeitnehmers. Zeugnisberichtigung. Einzelne Formulierung. Anspruch auf bestimmte Formulierung. Verständnis einer Zeugnisformulierung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitgeber muss im Zeugnis des Arbeitnehmers ein objektives Bild über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses vermitteln. Er ist in der Wahl der Formulierung dabei grundsätzlich frei. Auf eine bestimmte Formulierung hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch. Allerdings dürfen weder Wortwahl noch Auslassungen dazu führen, bei Dritten, den Lesern des Zeugnisses, der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen zu lassen.

 

Normenkette

BGB § 630; GewO § 109

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 03.09.2003; Aktenzeichen 48 Ca 2047/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.06.2005; Aktenzeichen 9 AZR 352/04)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 03. September 2003 – 48 Ca 2047/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Berichtigung des ihr erteilten Arbeitszeugnisses in Anspruch.

Die Klägerin war bei der Beklagten als Finanzbuchhalterin in der Zeit vom 1. April bis zum 30. September 2002 beschäftigt. Die Beklagte erteilte ihr zunächst ein Zeugnis unter dem 30. September 2002, das folgende Verhaltensbewertung enthielt:

„Ihr persönliches Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Mitarbeitern war stets einwandfrei.”

Aufgrund von anderweitigen Beanstandungen seitens der Klägerin folgte dem ein Arbeitszeugnis vom 25. Oktober 2002, worin nunmehr zu dem bezeichneten Punkt Folgendes ausgeführt war:

„Ihr persönliches Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten war in der Zeit ihrer Anstellung einwandfrei.”

Beide Zeugnisausfertigungen waren von der Leiterin der Buchhaltung verfasst. Daraufhin nahm sich der Geschäftsführer der Beklagten der Angelegenheit an und erteilte der Klägerin – erneut unter dem 30. September 2002 – ein Arbeitszeugnis, worin nunmehr folgender Satz niedergelegt ist:

„Ihr dienstliches Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten war einwandfrei.”

Damit ist die Klägerin nicht einverstanden. Sie hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse den Zusatz „dienstlich” weglassen und sei verpflichtet, ihr „stets” einwandfreies Verhalten zu bescheinigen. Außerdem sei die Beklagte insoweit an die richtige Erstfassung des Arbeitszeugnisses gebunden.

Hinsichtlich des weiteren Tatbestandes erster Instanz wird auf denjenigen des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Durch ein am 3. September 2003 verkündetes Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage mit dem Antrag,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein Zeugnis mit dem Satz

zu erteilen:

Ihr Verhalten gegenüber Mitarbeitern und Vorgesetzten

war stets einwandfrei,

stattgegeben. Sei das Verhalten des Arbeitnehmers ausnahmslos als einwandfrei anzusehen gewesen, so müsse es ihm auch mit dem Zusatz „stets” bescheinigt werden. Des weiteren könne in der Zeugnissprache durch die ausdrückliche Bezeichnung des Verhaltens des Arbeitnehmers als dienstlich der Anschein erweckt werden, als gäbe es etwas Negatives über das im Zeugnis nicht zu attestierende außerdienstliche Verhalten zu berichten. Die von der Klägerin insgesamt gewünschte Formulierung entspreche der Üblichkeit. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 24. September 2003 zugestellte Urteil richtet sich ihre beim Landesarbeitsgericht am selben Tag eingegangene Berufung, die sie am 21. November 2003 begründet hat.

Der Arbeitgeber habe gemäß den Grundsätzen zur Zeugniswahrheit ein objektives Bild über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses zu vermitteln. Solange das Zeugnis keine objektiv falschen Aussagen enthalte, sei der Arbeitgeber grundsätzlich frei in der Formulierung. Das der Klägerin zuletzt erteilte Zeugnis mache jedoch keine falschen Aussagen. Sie habe der Klägerin damit eine überaus positive Einschätzung ihres Verhaltens gegeben.

Für die Annahme, durch den ausdrücklichen Hinweis auf die Beurteilung des dienstlichen Verhaltens könne der Eindruck erweckt werden, es würde etwas Negatives zum außerdienstlichen Verhalten zu berichten geben, gebe es im Hinblick darauf, dass der Arbeitgeber ausschließlich das dienstliche Verhalten zu beurteilen habe, keine Grundlage.

Das Wort „stets” sei überflüssig” und stelle nur einen deklaratorischen Akt dar, der nur zu einem „Wortgeklingel” führen würde, worauf der Arbeitnehmer keinen Anspruch habe. Der Verzicht auf einen überflüssigen Zusatz könne nicht unüblich sein.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 3. September 2003 – 48 Ca 2047/03 – abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Das streitgegenständliche Zeugnis entspreche gerade nicht der Wahrheitspflicht des Arbeitgebers. Die Beklagte verkenne die Bedeutung...

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