Entscheidungsstichwort (Thema)

Auflösende Bedingung im Tarifvertrag (§ 59 Abs. 1 und Abs. 3 BAT)

 

Leitsatz (amtlich)

§ 59 Abs. 1 i.V. m. Abs. 3 BAT umgeht nach der Neufassung des § 59 Abs.3 BAT das KSchG nicht (mehr).

 

Normenkette

TVG § 4; BAT § 59 Abs. 1, 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 20.06.2003; Aktenzeichen 91 Ca 6613/03)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.12.2004; Aktenzeichen 7 AZR 135/04)

 

Tenor

1) Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 20. Juni 2003 – 91 Ca 6613/03 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2) Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine auflösende Bedingung in einem Tarifvertrag (§ 59 Abs. 1 Satz 1 BAT).

Die am … 1946 geborene Klägerin war seit dem 1. Mai 1971 gegen ein Bruttomonatsgehalt von zuletzt 2.351,94 EUR als Lehrerin bei dem beklagten Land beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung (vgl. dazu den Arbeitsvertrag in Kopie Bl. 16 d.A.).

Nach längerer Krankheit beantragte die Klägerin Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilnahme am Arbeitsleben unter dem Datum des 29. Mai 2001. Mit Bescheid vom 11. Februar 2003, der ihr am 18. Februar 2003 zuging, erhielt die Klägerin Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rückwirkend ab 1. Mai 2001 unter Hinweis darauf, dass ihr Antrag gemäß § 116 Abs. 2 SGB VI als Rentenantrag galt.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2003, welcher ihr am 28. Februar 2003 zuging, wies das beklagte Land darauf hin, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien am 28. Februar 2003 gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT ende. Unmittelbar nach Erhalt des Schreibens wandte sich die Klägerin telefonisch an den Absender des Schreibens in Person ihres Sachbearbeiters, des Herrn K.. Sie teilte diesem mit, dass der Bescheid sich allein auf eine Erwerbsminderung beziehe, sie wolle und könne aber weiterhin für das beklagte Land arbeiten.

Mit Klageschrift vom 7. März 2003, die dem beklagten Land am 27. März 2003 zugestellt worden ist, hat sich die Klägerin gegen das Schreiben vom 26. Februar 2003 gewandt, welches sie zunächst für eine Kündigung gehalten hat.

Sie sei in der Lage, weiterhin regelmäßig mehr als 6 Stunden täglich unter bestimmten Bedingungen („ohne hohen Leistungsdruck in einer kleiner gruppierten Klasse möglichst in einer reinen Mädchenklasse …”, vgl. den ärztlichen Entlassungsbericht Bl. 22 d.A.) zu arbeiten. § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT sei wegen Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes dahingehend auszulegen, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht eintrete, wenn eine Beschäftigung, wenn auch zu geänderten Bedingungen, noch möglich sei. Die zwei Wochen-Frist zur Geltendmachung einer anderen Beschäftigung des § 59 Abs. 3 BAT sei wegen Verletzung des Kündigungsschutzgesetzes, insbesondere der Klagefrist des § 4 KSchG, unwirksam.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 28. Februar 2002 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat auf die Regelung des § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT hingewiesen und die neue Fassung des § 59 Abs. 3 BAT.

Mit Urteil vom 20. Juni 2003 hat das Arbeitsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen auf den Wortlaut des § 59 Abs. 1 Satz 1 BAT und wegen der behaupteten Umgehung des Kündigungsschutzgesetzes auf die Neufassung des § 59 Abs. 3 BAT verwiesen, mit dem die Tarifpartner den Bedenken des Bundesarbeitsgerichts zur früheren Regelung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch bei anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeit nicht vorsah, Rechnung getragen hätten. Die Klägerin hätte nicht binnen der Zwei-Wochen-Frist schriftlich ihre Weiterbeschäftigung verlangt.

Ob die Tarifvertragsparteien mit der Regelung einer Ausschlussfrist von zwei Wochen die Klagefrist des § 4 KSchG unzulässig abgekürzt hätten, könne dahinstehen, da die Klägerin die Weiterbeschäftigung auch nicht innerhalb von drei Wochen geltend gemacht hätte.

Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts und des Parteivortrags erster Instanz wird auf das erstinstanzliche Urteil Bl. 30-34 d.A. verwiesen.

Gegen dieses ihr am 11. Juli 2003 zugestellte Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin am 22. Juli 2003 eingegangene und am 11. September 2003 begründete Berufung der Klägerin.

Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag erster Instanz und hält die Entscheidung der ersten Instanz aus Rechtsgründen für unrichtig. Die Ausschlussfrist des § 59 Abs. 3 BAT sei zu kurz bemessen, die dort geregelte Schriftform nicht konstitutiv. Die Klägerin hätte auf Frist und Form des § 59 Abs. 3 BAT hingewiesen werden müssen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Berlin vom 20.6.2003 – 91 Ca 6613/03 – festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin über den 28.2.2002 hinaus fortbesteht.

Das beklag...

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