Entscheidungsstichwort (Thema)

arbeitnehmerstatus. Kommissionär. Backshop

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Kommissionär im Sinne des § 383 HGB übt ein selbständiges Gewerbe aus.

2. Wird die Tätigkeit des Kommissionärs dadurch stärker eingeschränkt als es aufgrund gesetzlicher Obliegenheiten geboten ist, das dem Kommissionär die Unternehmerfreiheit hinsichtlich der Personalstärke beschränkt, die Bezugspreise von Rohstoffen auch dann vorgegeben werden, wenn der Kommissionär diese Rohstoffe von Dritten bezieht, und dem Kommissionär die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs genommen wird, kann ein Arbeitsverhältnis anzunehmen sein.

3. Dies liegt aber im konkreten Einzelfall dann nicht vor, wenn der Backshop-Kommissionär zeitweilig (ein Jahr und drei Monate) zwei Backshops gleichzeitig betreibt, über Jahre hinweg eigene Arbeitnehmer beschäftigt und während dieser Zeit dadurch Gelegenheit für den Erwerb der Meisterprüfung findet, dass seine Ehefrau ihn im Backshop vertritt.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; KSchG § 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1; HGB § 383 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 25.05.2001; Aktenzeichen 44 Ca 1225/01)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 25.05.2001 – 44 Ca 1225/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, dabei in der Hauptsache um die Arbeitnehmereigenschaft des Klägers.

Der Kläger fuhr bis zum Beginn des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten, die eine Großbäckerei in H. mit mehr als fünf Arbeitnehmern betreibt, bei der ein Betriebsrat besteht, zur See. Auf eine Annonce der Beklagten hin meldete er sich bei dieser und arbeitete in der Zeit vom 1. November bis zum 30. November 1998 als Verkäufer in unterschiedlichen Filialen in Berlin. Vom 1. Dezember 1998 bis zum 31. März 1999 arbeitete der Kläger aufgrund eines Kommissionsvertrages, der in den Grundzügen dem Kommissionsvertrag vom 17. März 1999 entspricht (vgl. dazu den Vertrag in Kopie Bl. 9 ff. d.A.), in der Filiale in der B.-straße in Berlin, ab 1. April 1999 nach dem Kommissionsvertrag vom 17. März 1999 in der Filiale 55284 im Kaufhof in der M. 23 in Berlin sowie in der Zeit vom 1. Juli 1999 bis zum 30. September 2000 aufgrund eines weiteren Kommissionsvertrages, der in den Grundzügen dem Kommissionsvertrag vom 17. März 1999 entspricht, ebenfalls im Kaufhof an der M. 6 in Berlin in der Filiale 55288 jeweils als Bäcker und Verkäufer von Backerzeugnissen. Die beiden Filialen 55284 und 55288 befinden sich im selben Gebäude.

Während der Zeit, in der er aufgrund der Kommissionsverträge arbeitete, legte der Kläger seine Meisterprüfung als Bäcker ab. Dies gelang ihm nach seiner Auskunft in der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2001 vor dem Landesarbeitsgericht Berlin dadurch, dass er selbst hart arbeitete und ihn seine Ehefrau in den Filialen vertrat.

Die jeweiligen Filialen sind von der Beklagten angemietet und wurden dem Kläger nach den Bestimmungen der Kommissionsverträge überlassen. Im letzten Kommissionsvertrag vom 17. März 1999 heißt es dazu unter anderem:

„Kommissionsvertrag

1.1. Die Firma unterhält in:

… BERLIN

Kaufhof M.

Fil.-Nr.: 55284

ein Ladengeschäft zum Einzelhandel mit Backwaren und Begleitsortiment unter der Aufmachung –gestrichen–, nachfolgend als „Filiale” bezeichnet.

1.2. Der Kommissionär ist bereit, innerhalb der o.g. Filiale ausschließlich –gestrichen– GmbH-Erzeugnisse, die von der Firma geliefert werden, zu verkaufen.

Der Kommissionär ist selbständiger Gewerbetreibender. Er führt alle Erzeugnisse in Kommission und verkauft in eigenem Namen und für Rechnung der Firma zum von der Firma festgelegten Preis. Das Preisrisiko trägt die Firma. Die Ware bleibt bis zum Verkauf an den Endverbraucher Eigentum der Firma. Eine Übernahme der Ware durch den Kommissionär als Käufer ist ausgeschlossen.

Dieser Vertrag ist an die Person des Kommissionärs und die oben genannte Filiale gebunden. Eine Vertragsübernahme durch Familienangehörige oder Rechtsnachfolger kann nur mit schriftlicher Zustimmung der Firma erfolgen. Verkaufs- und sonstiges Personal sind Sache des Kommissionärs, in eigenem Namen und für eigene Rechnung. Der Kommissionär ist zu persönlicher Tätigkeit nicht verpflichtet, er ist in der Verwendung seiner eigenen Arbeitskraft frei. Er steht für Vertragserfüllung durch seine Gehilfen ein und wird diese sorgfältig auswählen und überwachen.

1.4. Die Zusammenarbeit setzt ein enges und vertrauliches Partnerschaftsverhältnis voraus. Der Kommissionär wird jeden Wohnungswechsel unverzüglich anzeigen. Der Kommissionär verkauft keine Erzeugnisse anderer Firmen in der o.g. Filiale und tritt im jeweiligen Kundeneinzugsbereich aller Filialen der Firma nicht in Wettbewerb zur Firma.

2. Einzelbestimmungen

2.1. Einrichtung der Verkaufsstelle und Betriebskosten

Die Firma stellt dem Kommissionär für die Dauer des Vertrages ihren unter 1.1. bezeichneten Verkaufsladen einschließlich Ei...

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