Entscheidungsstichwort (Thema)

unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung im öffentlichen Personennahverkehr

 

Leitsatz (amtlich)

Die Beklagte hat sowohl einzelne Buslinien als auch einzelne Teilstrecken solcher Linien („Umläufe”) an ein Tochterunternehmen vergeben. Dieses setzt die von ihm eingestellten Fahrer in Bussen der Beklagten ein und unterstellt sie während des Einsatzes der Verkehrsleitstelle der Beklagten. Trotz dieser weitgehenden Integration verneint das Urteil Arbeitnehmerüberlassung, weil die Personaldisposition ausschließlich beim Tochterunternehmen verblieben ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweis der Geschäftsstelle

Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.

 

Normenkette

AÜG Art. 1 § 9 Nrn. 1, 10 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 13.03.2002; Aktenzeichen 36 Ca 12869/01)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 06.08.2003; Aktenzeichen 7 AZR 180/03)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 13. März 2002 – 36 Ca 12869/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen nach der gesetzlichen Fiktion in Art. 1 § 10 Abs. 1 S. 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist.

Die Beklagte ist Inhaberin von Genehmigungen nach dem Personenbeförderungsgesetz und danach berechtigt und verpflichtet, Beförderungsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr in und um Berlin zu erbringen. Zur Steuerung des Omnibusverkehrs unterhält sei eine Verkehrsleitstelle (im folgenden: Leitstelle), die im ständigen Funkkontakt zu den Busfahrern steht und über eine Standleitung zur Polizei verfügt. Die Busse sind mit einem rechnergestützten Betriebsleitsystem ausgerüstet, das der Leitstelle die jeweilige Position des Busses genau anzeigt und über das die Leitstelle den Busfahrern Weisungen erteilen kann, etwa im Falle, dass Haltestellen zu früh passiert werden.

1999 gründete die Beklagte eine hundertprozentige Tochtergesellschaft, die BT B.-T. GmbH (im folgenden: BT) und schloss mit ihr unter dem 22. November 1999 einen „Geschäftsbesorgungsvertrag” über die Erbringung von Fahrleistungen für die Beklagte in den Unternehmensbereichen Omnibus, Straßenbahn und U-Bahn. Darin heißt es unter anderem:

§ 1 Vertragsgegenstand

(1) Im Rahmen dieser Geschäftsbesorgung wird BT Fahrleistungen in den Unternehmensbereichen Omnibus, Straßenbahn und U-Bahn entsprechend den von der BVG (i. R. BSU 2000) beauftragten Umfang eigenständig organisieren und durchführen.

(2) Ansprechpartner für die BVG im Rahmen dieses Vertrages ist die ständig besetzte „zentrale Einsatzleitung” der BT. Unmittelbare Anweisungen durch die BVG an die von der BT eingesetzten Mitarbeiter werden ausdrücklich ausgeschlossen. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur bei Gefahr im Verzuge, bzw. dringenden, unaufschiebbaren Fällen zulässig.

(3) Zur Erstellung der Dienstplanung und Personalzuordnung innerhalb der BT stellt die BVG der BT Linienverzeichnisse und Umlaufpläne der in Anlage 1 spezifizierten Leistung zur Verfügung.

(4) BT erbringt ihre Leistungen nach diesem Vertrag, sofern nicht in besonderen Fällen etwas anderes vereinbart wird, mit den Fahrzeugen der BVG.

§ 2 Anforderungen an den Auftragnehmer

(1) Die BT ist verpflichtet, die Fahrleistung unter Beachtung aller gesetzlichen Vorschriften, insbesondere des PBefG, der BOKraft und der BOStrab zu erbringen.

(2) Über die konkrete Art und Weise der Durchführung von Fahrleistungen, insbesondere die Entgegennahme und Rückgabe der Fahrzeugen an die BVG, wird die BT mit den BVG-Unternehmensbereichen Omnibus, Straßenbahn und U-Bahn vor Beginn ihrer Tätigkeit für diese jeweils eine gesonderte Vereinbarung treffen.

(3) Die BVG behält es sich vor, die BT auf Sicherheit und Zuverlässigkeit ihres Gesamtbetriebes, unabhängig von den vorgelegten Dokumenten zu überprüfen.

(4) Die BT stellt sicher, daß im Rahmen der Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag Personal nur in Dienstkleidung eingesetzt wird.

§ 4 Fahrausweise und Abrechnung

(1) Fahrgäste dürfen nur nach den geltenden Tarif- und Beförderungsbedingungen befördert werden. Es dürfen nur die von der BVG zur Verfügung gestellten Fahrausweise benutzt werden.

(2) Die vereinnahmten Gelder stehen der BVG zu. Die BT ist verpflichtet, den erlangten Geldwert ordnungsgemäß an die BVG zu entrichten.

(3) Abrechnungsdifferenzen gleicht die BT gegenüber der BVG aus.

§ 5 Vergütung

(1) Für die Erbringung der Leistung zahlt die BVG der BT eine Vergütung nach Maßgabe der Regelung in Anlage 2.

§ 6 Vertragsstrafe

(1) die BT verpflichtet sich, für jede schuldhaft nicht ordnungsgemäß erbrachte Fahrleistung eine Vertragsstrafe gemäß Anlage 2 an die BVG zu zahlen. In einem solchen Fall besteht keine Anspruch auf Vergütung gemäß § 5.

(2) Ein fehlendes Verschulden ist von der BT nachzuweisen.

(3) Weitergehende Ersatzansprüche behält sich die BVG ausdrücklich vor.

§ 7 H...

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