Entscheidungsstichwort (Thema)

Stufentarifvertrag mit Blankettverweisung; Verbandsaustritt des Arbeitgebers

 

Leitsatz (amtlich)

Tritt ein Arbeitgeber aus seinem Verband aus, nachdem dieser einen Stufentarifvertrag mit Blankettverweisung (auf „das jeweils geltende Entgelt nach dem jeweiligen Entgelttarifvertrag” eines anderen Tarifbezirks) abgeschlossen hat, bleibt die Tarifgebundenheit nach § 3 Abs. 3 TVG nur bis zum Erreichen der letzten Stufe des Stufentarifvertrags bestehen. Wird der in Bezug genommene Entgelttarifvertrag danach (erneut) geändert, wirkt er nur noch nach § 4 Abs. 5 TVG nach.

 

Leitsatz (redaktionell)

Hinweis der Geschäftsstelle:

Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7facher Ausfertigung bei dem Bundesarbeitsgericht einzureichen.

 

Normenkette

TVG § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 16.06.1999; Aktenzeichen 45 Ca 1568/99)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 04.04.2001; Aktenzeichen 4 AZR 215/00)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 16. Juni 1999 – 45 Ca 1568/99 – teilweise geändert:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits werden insgesamt der Klägerin auferlegt.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten (in zweiter Instanz noch) darüber, ob die Beklagte nach § 3 Abs. 3 oder § 4 Abs. 5 TVG verpflichtet ist, eine Tariferhöhung an die Klägerin weiterzugeben, die nach ihrem, der Beklagten, Austritt aus dem tarifschließenden Arbeitgeberverband wirksam geworden ist.

Die Beklagte betreibt mit etwa 34 Beschäftigten eine Brauerei im Ostteil Berlins. Sie war seit 1990 Mitglied in der Tarifgemeinschaft der Brauereien in Berlin und Brandenburg sowie im Brauereiverband Berlin/Brandenburg e.V., einem Interessen verband, der für seine Mitgliedsfirmen keine Tarifverträge, im eigenen Namen abschließt. Zum 28. Februar 1997 trat die Beklagte aus der Tarifgemeinschaft aus, behielt ihre Mitgliedschaft im Brauereiverband jedoch bei.

Die Klägerin ist seit Mai 1981 bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin als „Mitarbeiterin Logistik” beschäftigt und gehört seit längerem der Gewerkschaft Nahrung – Genuß – Gaststätten, Landesbezirk Berlin/Brandenburg an.

Für das Arbeitsverhältnis galt ab 1. Januar 1994 der „einheitliche Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in Brauereien, Mälzereien und Bierniederlassungen in Berlin/Brandenburg”, abgeschlossen zwischen der o. g. Tarifgemeinschaft und der NGG, Landesbezirk Berlin. Außerdem galt ab 1. November 1994 ein Entgelttarifvertrag vom 14. November 1994, abgeschlossen zwischen denselben Tarifparteien, dessen räumlicher Geltungsbereich mit „für das Gebiet Berlin-Ost und Land Brandenburg” bezeichnet ist (im folgenden: ETV-Ost 1994). In dessen § 2 sind für verschiedene „Bewertungsgruppen” Entgeltsätze festgelegt. Sein § 3 lautet wie folgt:

㤠3

Festgelegte Änderungen

Die Entgeltsätze in § 2 steigen ab

  • November 1995 auf 94 %
  • Juli 1996 auf 96%
  • November 1996 auf 100 %

des dann jeweils geltenden Entgelts nach dem jeweiligen Entgelttarifvertrag zwischen dem Brauereiverband Berlin/Brandenburg e.V./Gewerkschaft Nahrung – Genuß – Gaststätten, Landesbezirk Berlin/Brandenburg, für den Bereich Berlin West.”

In einer Protokollnotiz zum ETV-Ost 1994 heißt es sodann:

  1. „1. Abweichend zum oben genannten Tarifvertrag vereinbaren die Tarifvertragsparteien folgendes:

    1. Die in § 2 genannten Steigerungsstufen werden für die … GmbH dahingehend verändert, daß die Anhebung auf 90 % des jeweils geltenden Entgelts im Tarifgebiet Berlin-West statt zum 1. Juli 1995 zum 1. Oktober 1995 erfolgte. Die weiteren in § 5 genannten Erhöhungsstufen greifen in Abweichung – von der dortigen Regelung unter Beibehaltung der genannten Prozentsätze erst zum 1. Februar 1996, 1. Oktober 1996 und 1. Mai 1997.
  2. Es besteht Einvernehmen, daß der o. g. Entgelttarifvertrag für die betroffenen Mitgliedsbetriebe außer Kraft tritt, wenn ein neuer Entgelttarifvertrag abgeschlossen ist.”

Ab Mai 1997 erhielt die Klägerin ein Monatsgehalt in Höhe von 4.491,– DM brutto, welches zu dieser Zeit der „Bewertungsgruppe VI” des räumlich für Berlin-West geltenden Entgelttarifvertrages vom 13. November 1996, gültig ab 1. November 1996, entsprach, abgeschlossen zwischen denselben Tarifparteien (im folgenden: ETV West). Mit Wirkung ab 1. November 1997 erhöhten die Tarifparteien für den räumlichen Geltungsbereich Berlin-West die tariflichen Vergütungen, für die Bewertungsgruppe VI auf 4.571,– DM; diese Tariferhöhung gab die Beklagte nicht an die Klägerin weiter, was diese hinnahm. Am 27. November 1998 schlossen die Tarifparteien für den räumliche Geltungsbereich Berlin-West einen weiteren ETV-West mit Wirkung ab 1. November 1998, durch den die Entgeltsätze für sämtliche Bewertungsgruppen um 100,– DM brutto angehoben wurden.

Mit ihrer am 15. Januar 1999 beim Arbeitsgericht Berlin eingereichten, am 28. Januar 1999 zugestellten und im Mai 1999 erweiterten Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung einer Jahressonder...

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