Entscheidungsstichwort (Thema)

keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen des Alters bei Bezeichnung einer Hierarchieebene mit „Junior”

 

Leitsatz (amtlich)

Die Ausschreibung einer Stelle mit der Bezeichnung „Junior Personalreferent Recruiting” beinhaltet keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung älterer Bewerber wegen des Alters.

 

Normenkette

AGG § 15 Abs. 2, 4, § 3 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 7 Abs. 1; BGB §§ 1004, 823 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Urteil vom 24.02.2011; Aktenzeichen 33 Ca 14979/10)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 24.02.2011 – 33 Ca 14979/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Entschädigungs- und Schadensersatzansprüche sowie um einen Unterlassungsanspruch wegen Benachteiligung bei der Stellenbewerbung.

Die Beklagte, ein Unternehmen der Werbebranche mit einer Vielzahl von Arbeitnehmern, schrieb am 21.04.2010 auf einer Internet-Plattform eine Stelle als „Junior Personalreferent Recruiting (m/w)” unter Hinweis darauf aus, dass zu den Aufgaben dieser Stelle insbesondere die internationale Rekrutierung von Fach- und Führungskräften gehöre. Im Anforderungsprofil wurden der erfolgreiche Abschluss eines wirtschafts- oder rechtswissenschaftlichen Studiums mit Schwerpunkt Personal, das Sammeln erster einschlägiger Berufserfahrungen im Personalwesen, insbesondere im Bereich Recruiting, sehr gute MS-Office-Kenntnisse sowie verhandlungssichere Englischkenntnisse in Wort und Schrift verlangt (Kopie der Stellenausschreibung Bl. 9 d. A.).

Der Kläger bewarb sich aufgrund dieser Stellenausschreibung mit Schreiben vom 26.04.2010 (Bl. 58 d. A.) bei der Beklagten, in dem er auf sein Alter von 41 Jahren, seinen Abschluss als Diplombetriebswirt mit Studienschwerpunkt Personalmanagement, seine Berufserfahrung und seine Gehaltsvorstellung von 3.300,00 EUR brutto hinwies. Aus dem beigefügten Lebenslauf (Bl. 59/ 60 d. A.) ergaben sich sein Fachhochschulabschluss, ein nachfolgend von 1998 bis 2002 durchgeführtes Wirtschaftspädagogikstudium, abgeschlossen mit dem Vordiplom für Diplom-Handelslehrer, sehr gute EDV-Kenntnisse und gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift.

Mit Schreiben vom 05.05.2010 (Bl. 11 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Absage unter Hinweis darauf, dass sie sich aufgrund der Vielzahl der täglich eingehenden Bewerbungen auf Kandidaten konzentriere, die ihrem Anforderungsprofil noch besser entsprächen. Die Beklagte stellte einen Bewerber ein, der ausweislich seines Lebenslaufes (Bl. 53 bis 55 d. A.) Diplombetriebswirt mit Studienschwerpunkt Personalmanagement war, erste Berufserfahrung im Personalwesen und insbesondere im internationalen Recruitment gesammelt hatte, Englisch in Wort und Schrift fließend beherrschte und etwa 10 Jahre jünger als der Kläger bei seiner Bewerbung war.

Mit Anwaltsschreiben vom 03.07.2010 (Bl. 12 bis 14 d. A.) forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm eine strafbewehrte Unterlassungserklärung zukommen zu lassen, die Besetzung einer Stelle künftig am Alter festzumachen, und machte Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von 9.900,00 EUR unter Hinweis darauf geltend, dass die Beklagte mit der Bezeichnung „Junior Personalreferent Recruiting” einen jungen Mitarbeiter gesucht und ihn wegen seines Alters von über 40 Jahren nicht berücksichtigt habe. Höchst vorsorglich machte er ferner den Anspruch auf materiellen Schadensersatz dem Grunde nach geltend. Für die Erfüllung dieser Ansprüche setzte er der Beklagten eine Frist bis zum 18.07.2010. Die Beklagte wies die Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 16.07.2010 (Bl. 15/ 16 d. A.) zurück.

Mit der am 01.10.2010 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage hat der Kläger diese Ansprüche weiterverfolgt.

Der Kläger hat gemeint, die Ausschreibung mit der Stellenbezeichnung „Junior” begründe die Vermutung der Altersdiskriminierung. Sofern diese Bezeichnung ausschließlich die Hierarchieebene betreffe, sei nicht ausgeschlossen, dass sein Alter mittelbar oder unmittelbar eine Rolle gespielt habe. Bewerber auf Stellen niedrigerer Hierarchieebenen seien in der Regel jünger, sodass eine mittelbare Altersdiskriminierung vorliege. Auch seien Bewerber mit geringerer Berufserfahrung typischerweise jünger. Aufgrund seines abgeschlossenen BWL-Studiums mit Schwerpunkt Personalmanagement dürfte es sich bei ihm um den bestqualifizierten Bewerber gehandelt haben. Dafür, dass dies nicht der Fall sei, trage die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast.

Die Beklagte hat behauptet, das Alter der Stellenbewerber sei irrelevant für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle gewesen. Sie beschäftige mehrere Arbeitnehmer in Junior-Positionen, die älter als 40 Jahre seien. Entscheidend für die Bewerberauswahl seien neben der Grundqualifikation die verhandlungssicheren Englischkenntnisse und die einschlägige Rekrutierungserfahrung gewesen, über die der Kläger nicht in ausreichendem Maße verfügt hab...

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