Entscheidungsstichwort (Thema)

Geschlecht. Diskriminierung. Entgelt

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 612 Abs. 3 BGB a.F. darf bei einem Arbeitsverhältnis für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts. Hinsichtlich der Beweislastregeln wird auf § 611a Abs. 1 S. 3 BGB verwiesen. Danach trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder das Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist, wenn im Streitfall der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft macht, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen.

 

Normenkette

BGB § 612a Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 30.01.2008; Aktenzeichen 35 Ca 7441/07)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 08.09.2014; Aktenzeichen 1 BvR 2781/13)

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin wird hinsichtlich des Antrages zu 2) zurückgewiesen.

II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien stritten – soweit für das hiesige Teilurteil von Relevanz – ursprünglich im Wege der Stufenklage über Auskunftsansprüche bzgl. der Bezahlung des Herrn R. für die Zeit vom 1. Januar 2000 bis 10. Dezember 2006 und die Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin ebenso zu vergüten. Zwar hatte die Klägerin Kenntnis von der Vergütung des Herrn R., sah sich aber im Hinblick auf möglicherweise einschränkende Regelungen in ihrem Arbeitsvertrag gehindert, diese offen legen zu dürfen. Nachdem die Beklagte in der Berufungsverhandlung vom 30.07.2008 dem zustimmte, hat die Klägerin die Vergütungsdifferenz für die Zeit vom 01.01.2000 bis 31.12.2006 mit 41.711,65 EUR brutto berechnet. Sie ist der Ansicht, in dieser Zeit trotz mindestens gleichwertiger Arbeit wegen ihres Geschlechts bei der Vergütung gegenüber Herrn R. diskriminiert worden zu sein.

Die am … 1961 geborene Klägerin ist seit 1986 ausgebildete „staatlich geprüfte Betriebswirtin”. Sie nahm an einem pädagogisch-didaktischen Fachkurs „Dozent für Weiterbildung” mit sehr gutem Erfolg teil. Dieser bestand u. a. aus 35 Stunden zum Durcharbeiten von 11 Selbst-Lern-Bausteinen, 70 Stunden zur Bearbeitung von Test-, Übungs- und Vertiefungsbausteinen und die Teilnahme an 20 Seminartagen (167 Stunden). Vom 5. September 1988 bis 30. September 1991 war die Klägerin Schulungsleiterin bei der „St. Hotels AG”. Hierbei richtete sie am Standort Berlin u. a. eine Schulungsabteilung ein und baute diese aus. Auch führte sie Mitarbeitergespräche durch. Während der Tätigkeit bei der „M.-T.-GmbH” nahm sie u. a. administrative Aufgaben wahr und war als Dozentin tätig.

Der Beklagte ist ein wirtschaftlicher Verein Kraft staatlicher Verleihung gem. § 22 BGB. Nach seiner Satzung wird er durch zwei der jeweils drei Vorstandsmitglieder vertreten. Rechtlicher Sitz ist Berlin. Der Beklagte erbringt Dienstleistungen im Inkassobereich. Er gliedert sich in 10 Bezirksdirektionen und zwei Generaldirektionen, eine in Berlin und eine in M.. Beide Generaldirektionen haben eigenständige Personalverwaltungen, denen jeweils eine Person vorstand, die – mit Ausnahme der Klägerin – bis zum 9. Dezember 2006 als Personalleiter/Personalleiterin bezeichnet wurde. Übergeordnet ist die Funktion des Personaldirektors, der ab 10. Dezember 2006 als Personalleiter bezeichnet wird.

Die Klägerin wurde bei dem Beklagten am 1. Januar 1993 als Personalreferentin eingestellt. Nach dem Vorstand, den Direktoren, den Abteilungsdirektoren und den Abteilungsleitern ist dies die fünfte Ebene, wenn die Gliederungen der Bezirksdirektionen unbeachtet bleiben. Zum 1. Juli 1995 wurde der Klägerin die Stellvertretung für die Personalverwaltung in Berlin mit 340 Mitarbeitern übertragen.

In diesem Zeitraum waren in B. Frau G. und in M. Frau St. Personalleiterinnen der jeweiligen Generaldirektion. Beide sind Juristinnen. Der Beklagte stellt die Personalleiter/innen den Abteilungsdirektoren gleich. Frau St., eine Fachanwältin für Arbeitsrecht, war 1990 als Personalreferentin eingestellt worden. Zum 1. April 1994 übernahm Frau G. zusätzlich kommissarisch die Leitung der übergeordneten Personaldirektion, während Frau St. zu ihrer Stellvertreterin berufen wurde (Anlage K38, Bl. 572 d. A.). Frau St. war wegen Mutterschutz/Elternzeit vom 14. August 1999 bis 7. Juli 2005 nicht tätig. Am 30. September 1999 schied Frau G. aus. Nachdem die Klägerin ca. 5 Monate in Berlin faktisch die Personalverwaltung leitete, wurde Herr Dr. M. im Jahre 1999 eingestellt. Er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und war – wie Frau G. – Personalleiter in Berlin und gleichzeitig Personaldirektor.

Mit Zeitungsanzeige vom 7./8. August 1999 wurde wegen der Schwangerschaft von Frau St. und ihrer beabsichtigte Elternzeit für ca. zwei Jahre ein Personalleiter/in für M. gesucht. In der Anzeige heißt es, „dass ein Personalleiter o...

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