Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässiger Rechtsweg für Ansprüche des ULAK auf Zahlung des Mindestbeitrages für die Berufsausbildung nach dem Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe

 

Leitsatz (redaktionell)

Für Ansprüche des ULAK gegen einen Arbeitgeber auf Zahlung des Mindestbeitrages für die Berufsausbildung nach § 17 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten gegeben.

 

Normenkette

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Berlin (Entscheidung vom 19.01.2017; Aktenzeichen 61 Ca 81702/16)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 01.08.2017; Aktenzeichen 9 AZB 45/17)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 19.01.2017 - 61 Ca 81702/16 - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

III. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Parteien streiten vor dem Arbeitsgericht Berlin über die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung des Mindestbeitrages für die Berufsausbildung nach § 17 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) für den Zeitraum von April bis September 2015 in Höhe von 450,00 Euro und in diesem Zusammenhang über die Frage des Rechtsweges.

Der Kläger ist die U.- und L. des B. (ULAK), eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit Rechtsfähigkeit aufgrund staatlicher Verleihung. Er erbringt Leistungen im Urlaubs- und Berufsbildungsverfahren und zieht als gemeinsame Einzugsstelle der Sozialkassen des Baugewerbes sowohl seine eigenen Beiträge als auch die Beiträge zu den übrigen Sozialkassen ein. Der Kläger behauptet, der Beklagte unterhalte ohne Arbeitnehmer zu beschäftigen - einen Platten-, Fließen- und Mosaikverlegebetrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschnitt V VTV.

Nach § 17 des für allgemeinverbindlich erklärten VTV vom 3. Mai 2013 in der Fassung vom 10. Dezember 2014 haben zur Aufbringung der Mittel für die tarifvertraglich festgelegten Leistungen im Berufsbildungsverfahren seit April 2015 auch Baubetriebe, die keine gewerblichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigten, einen jährlichen Mindestbeitrag für den Zeitraum von Oktober bis September des Folgejahres in Höhe von 900,00 Euro zu zahlen. Der erstmalig für den Zeitraum von April bis September 2015 zu zahlende Mindestbeitrag beträgt 450,00 Euro.

Der Beklagte hat die Zulässigkeit des eingeschlagenen Rechtswegs gerügt und die Auffassung vertreten, der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen sei nicht gegeben, er sei kein Arbeitgeber i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG. Der Kläger wolle ihn lediglich wie einen potentiellen Arbeitgeber in Anspruch. Vorliegend handele sich auch nicht um einen sog. sic-non-Fall. Dieser setze voraus, dass die doppelrelevante Tatsache oder Wertung in gleicher Weise die Zulässigkeit und die Begründetheit beeinflusse. Ausschließlich zuständig seien nach § 87 Satz 2 GWB die Kartellgerichte, da die streitgegenständliche Ausbildungskostenumlage auf eine Anbieterpreisverteuerung ziele und deshalb wie eine Preisabsprache soloselbstständiger Bauunternehmerinnen und Bauunternehmer wirke. Soweit Soloselbstständige betroffen seien, unterliege der VTV auch nicht der kartellrechtlichen Privilegierung von Tarifverträgen. Denn unionsrechtlich seien nur Tarifverträge der Sozialpartner von der Kartellkontrolle befreit, die diese in ihrer Eigenschaft als Sozialpartner geschlossen haben. Hinsichtlich der Einbeziehung der Soloselbstständigen in den VTV sei dies jedoch weder auf der Arbeitgeberseite, noch auf der Gewerkschaftsseite der Fall.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG seien auch Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber, die keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, solche aber beschäftigen könnten. § 87 Satz 2 GWB greife nicht ein . Mit der Einbeziehung von Soloselbstständigen in die Ausbildungskostenumlage hätten die Tarifvertragsparteien weder ihre Regelungsbefugnis nach dem Tarifvertragsgesetz überschritten, noch sei die Einbeziehung in wettbewerbsregelnder Absicht erfolgt. § 17 VTV diene der Förderung der Berufsausbildung in der Bauwirtschaft. Das Berufsbildungsverfahren entlaste die Ausbildungsbetriebe erheblich. Es schaffe einen Anreiz auszubilden und ermögliche es vielen Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhabern, gerade auch solchen, die keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, überhaupt erst, Auszubildende einzustellen. Außerdem hätten die Tarifvertragsparteien die Beiträge der Soloselbstständigen bewusst so festgesetzt, dass den Soloselbstständigen ihr Wettbewerbsvorteil gegenüber den Betrieben, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, erhalten bleibe.

Wegen des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien bezüglich des Rechtswegs wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 01.12. 2016 (dort Bl. 26-28 d. A.).

Mit Beschluss vom 19.01.2016 hat die Kammer des Arbeitsgeric...

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