Entscheidungsstichwort (Thema)

zeitdynamische Bezugnahme auf BAT führt wegen Tarifsukzession zu TV-L. Bezugnahmeklausel. Auslegung einer Bezugnahmeklausel. Anwendbarkeit TV-L

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Formulierung im Arbeitsvertrag, der Arbeitnehmer erhält Vergütung in Anlehnung an eine bestimmte Vergütungsgruppe des BAT, stellt sich als zeitdynamische Inbezugnahme des BAT hinsichtlich der genannten Vergütungsgruppe dar und umfasst damit auch die jeweiligen Tariferhöhungen.

2. Die zeitdynamische Inbezugnahme des BAT führt auch zur Anwendbarkeit des TV-L, weil beim Übergang auf letzteren ein Fall der Tarifsukzession vorlag und kein Systemwechsel.

3. Wurde Weihnachtsgeld in tariflicher Übung nach den Regeln des BAT gezahlt, wandelt der Anspruch sich in Folge der Tarifsukzession in einen solchen auf Jahressonderzahlung nach TV-L um.

 

Normenkette

TV-L § 20; BGB § 305c Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 21.10.2008; Aktenzeichen 3 Ca 291/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.11.2010; Aktenzeichen 5 AZR 633/09)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers, soweit nicht teilweise zurückgenommen, und die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 21.10.2008 – Az. 3 Ca 291/08 – werden zurückgewiesen.

2. Im Umfang der Teilrücknahme ist der Kläger des Rechtsmittels der Berufung gegen das unter 1 bezeichnete Urteil verlustig.

3. Der Kläger trägt 1/10, der Beklagte 9/10 der Kosten der Berufung.

4. Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist seit 14.07.1980 beim beklagten Verein als Hausmeister tätig. Grundlage des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ist der Arbeitsvertrag vom 14.08.1980, in dessen Nr. 5 es heißt:

Herr L. erhält für ihre/seine Tätigkeit eine Vergütung in Anlehnung an den BAT (Bund/Länder) nach Vergütungsgruppe VII.

Mit vorliegender Klage macht der Kläger Ansprüche auf Weihnachtsgeld, auf Einmalzahlungen nach dem Tarifvertrag über Einmalzahlungen für das Jahr 2007 (TV Einmalzahlungen-L), Jahressonderzuwendung nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L), tarifliche Erhöhungen nach dem Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) sowie des TV Einmalzahlungen-L, die Anwendbarkeit des TV-L sowie der diesen vergütungsrechtlich ergänzenden Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis sowie die Pflicht des Vereins geltend, ihm weiterhin eine Regiomonatskarte des Verkehrsverbundes F. zu überlassen.

Nachdem bis 2003 die Jahressonderzuwendung („Weihnachtsgeld”), das Urlaubsgeld sowie sämtliche Tariferhöhungen nach dem BAT und den jeweiligen Vergütungstarifverträgen zum BAT gezahlt wurden, erfolgten ab dem Jahre 2003 entsprechende Leistungen nicht mehr in vollem Umfang. Im Jahre 2004 verzichtete der Kläger auf einen Teil der Tariferhöhung. Im Jahre 2006 bot der Verein allen Mitarbeitern einen neuen Arbeitsvertrag an. Dabei nahm er die Ablösung des BAT durch den TV-L zum Anlass, ein neues, aus seiner Sicht für die Arbeit des Vereins sinnvolleres und gerechteres System als den TV-L zu wählen. Der Kläger akzeptierte den angebotenen Vertrag nicht.

Der Kläger verlangt die Nachzahlung fehlenden Weihnachtsgeldes für die Jahre 2003 bis 2005 unter Berufung auf die seiner Auffassung nach im Arbeitsvertrag vorgenommene dynamische Inbezugnahme auf die jeweiligen Tarifverträge des öffentlichen Dienstes der Länder. Im Jahre 2006 sei der BAT im Wege der Tarifsukzession durch den TV-L abgelöst worden. Der Verein sei deshalb nunmehr aufgrund der vertraglichen Inbezugnahme an die Regelungen des TV-L gebunden und habe die dort vereinbarten Einmalzahlungen und die Jahressonderzahlung nach § 20 TV-L weiterzugeben. Zum 01.01.2008 sei er zudem nach dem TVÜ-L nach Vergütungsgruppe E 6 zu vergüten und habe Anspruch auf Erhöhung um 2,9 Prozent nach dem TV Einmalzahlungen-L. Schließlich habe er auch weiterhin Anspruch auf die seit April 2005 bis einschließlich März 2008 jeden Monat überlassene Regiomonatskarte.

Der Kläger hat folgende Anträge gestellt:

  1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 7.845,02 brutto zu zahlen zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 555,45 brutto seit 01.12.2003, aus weiteren EUR 1.100,13 brutto seit 01.12.2004, aus weiteren EUR 1.112,91 brutto seit 01.12.2005, aus weiteren EUR 992,24 brutto seit 01.12.2006, aus weiteren EUR 310,00 brutto seit 01.02.2007, aus weiteren EUR 450,00 brutto seit 01.10.2007, aus weiteren EUR 2.437,49 brutto seit 01.12.2007, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.02.2008, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.03.2008, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.04.2008, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.05.2008, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.06.2008, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.07.2008, aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.08.2008 und aus weiteren EUR 98,54 brutto seit 01.09.2008.
  2. Es wird festgestellt, dass der Kläger Anspruch auf Vergütung entsprechend dem Tarifvertrag für den öffentlichen ...

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