Entscheidungsstichwort (Thema)

Strukturausgleich nach TVÜ-Bund. Auslegung von § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund in Verbindung mit der Anlage 3 zum TVÜ-Bund

 

Leitsatz (amtlich)

„Vergütungsgruppe” im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 2 TVÜ-Bund in Verbindung mit der Anlage 3 zum TVÜ-Bund ist diejenige Vergütungsgruppe, in welche der Arbeitnehmer aufgrund Erfüllung der materiellen Vergütungsgruppenmerkmale originär eingruppiert ist, nicht aber die beispielsweise durch Zeit- oder Bewährungsaufstieg erreichte Vergütungsgruppe, aus der zum Stichtag der Überleitung in den TVöD tatsächlich Vergütung gezahlt wurde.

 

Normenkette

TVÜ-Bund § 12 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 10.04.2008; Aktenzeichen 8 Ca 13/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 22.04.2010; Aktenzeichen 6 AZR 962/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 10.04.2008 (8 Ca 13/08) wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Zahlung eines Strukturausgleichs nach § 12 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten des Bundes in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-Bund) vom 13.09.2005.

Die am 0.0.1966 geborene, verheiratete und zwei Kindern unterhaltspflichtige Klägerin arbeitet seit dem 15.03.1989 bei der Beklagten, die in K. eine Forschungsanstalt betreibt, als Chemielaborantin in der Funktion einer Chemisch-Technischen Assistentin, zuletzt im Umfang der halben tariflichen Wochenarbeitszeit. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand kraft beidseitiger Tarifgebundenheit zunächst der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), seit dem 01.10.2005 dann der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. Die Klägerin erhielt aufgrund ihrer Tätigkeit als Chemielaborantin zunächst Vergütung nach Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 der Anlage 1a zum BAT, Teil II Abschnitt L Unterabschnitt II. Aufgrund eines Zeitaufstiegs (vgl. Bewertung des Arbeitsplatzes vom 16.01.1997, Bl. 69 d.A. 1. Instanz; I/69) erhält sie seit 01.01.1997 Vergütung nach Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 2 der Anlage 1a zum BAT, Teil II Abschnitt L Unterabschnitt II. Zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des TVÜ-Bund am 01.10.2005 war die Klägerin der Lebensaltersstufe 39 zugeordnet. Im Rahmen der Überleitung in den TVöD erhielt die Klägerin Entgelt nach Entgeltgruppe 8 Stufe 6 (individuelle Endstufe).

Mit ihrer am 20.12.2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 28.12.2007 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Zahlung eines Strukturausgleichs nach § 12 TVÜ-Bund i.V.m. der Anlage 3 zum TVÜ-Bund anteilig im Umfang ihrer Teilzeitbeschäftigung von EUR 20,00 brutto pro Monat, beginnend ab Oktober 2007.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, ihr stehe nach der Anlage 3 zu § 12 TVÜ-Bund dauerhaft ein Anspruch auf Strukturausgleich in Höhe von EUR 40,00 brutto pro Monat, beziehungsweise EUR 20,00 brutto pro Monat für die Dauer ihrer Teilzeitbeschäftigung zu. Es komme nach dem Wortlaut der Anlage 3 zum TVÜ-Bund insbesondere auf ihre tatsächliche Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten des TVÜ an, also Vergütungsgruppe V c BAT, an. Der TVÜ stelle nach seinem Wortlaut nicht auf eine „originäre” Eingruppierung ab. Auch die übrigen Spalten der Anlage 3 zum TVÜ-Bund beträfen die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des TVÜ aktuellen Daten.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 40,00 brutto „Strukturausgleich” für die Monate Oktober und November 2007) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 01.12.2007 zu bezahlen.
  2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin einen monatlichen Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund zu bezahlen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, der Klägerin stehe der von ihr geltend gemachte Anspruch nicht zu. Insbesondere komme es nach der Anlage 3 zum TVÜ-Bund nicht auf die aktuelle, zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des TVÜ gezahlten Vergütungsgruppe an, sondern auf die originäre Vergütungsgruppe der Klägerin, also Vergütungsgruppe VI b BAT, die im konkreten Fall der Klägerin aber keinen Anspruch auf Strukturausgleich begründe, da ihr ein Zeitaufstieg möglich gewesen sei. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf ein Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 10.08.2007 mit „Hinweisen zur Anwendung der Regelungen über Strukturausgleich gemäß § 12 TVÜ-Bund” (vgl. I/15 ff.) sowie ein Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 05.02.2008 (vgl. I/76 ff.) in einem ähnlich gelagerten Fall. Die Spalte „Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ” in der Anlage 3 zum TVÜ-Bund müsse mit der Spalte „Aufstieg” als Einheit gesehen werden.

Das Arbeitsgericht hat mit einem am 10.04.2008 verkündeten Urtei...

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