Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichbehandlung bei Sonderzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Ermittlung des Leistungszwecks einer Sonderzahlung sind vorrangig ihre tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen heranzuziehen.

 

Normenkette

ZPO § 180; BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Aktenzeichen 28 Ca 10340/06)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 01.04.2009; Aktenzeichen 10 AZR 353/08)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers sowie die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

Von den Kosten der Berufung tragen die Beklagte 55 %, der Kläger 45 %.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über eine übertarifliche monatliche Zulage sowie eine übertarifliche Sonderzahlung.

Wegen des Parteivortrages und der Sachanträge erster Instanz wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Klage auf Zahlung der Firmenzulage im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, arbeitsvertraglich sei ein entsprechender Anspruch nicht gegeben. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder § 612 a BGB liege nicht vor. Die notwendige Beteiligung des Betriebsrates sei erfolgt. Der Kläger habe aber Anspruch auf die übertarifliche Sonderzahlung aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung. Aus der Rückzahlungspflicht dieser Sonderzahlung bei einem Ausscheiden bis zu einem bestimmten Stichtag ergebe sich, dass die Sonderzahlung die Betriebstreue der Arbeitnehmer honorieren solle. Die Herausnahme der Mitarbeiter aus dem Kreis der Begünstigen, die einer verlängerten Arbeitszeit nicht zugestimmt hätten, sei sachlich nicht gerechtfertigt.

Das Urteil ist ausweislich der Postzustellungsurkunde (Bl. 64 der Akte) an die Beklagte am 26.05.2007 in der Weise zugestellt worden, dass der Bedienstete der Firma PZU GmbH es in einen „zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt” hat, weil die Übergabe des Schriftstückes in der Wohnung bzw. im Geschäftsraum nicht möglich war. Die Berufung ist am 22.06.2007 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 27.07.2007 ausgeführt worden; am 17.08.2007 hat die Beklagte vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und ausgeführt, am 26.05.2007 sei tatsächlich keine wirksame Zustellung erfolgt, da das Urteil einer Mitarbeiterin der Firma W. S. S. GmbH, einem externen von der Beklagten beauftragten Sicherheits- und Bewachungsunternehmen, das die Pförtnerloge der Beklagten verwalte, übergeben worden sei. Das Urteil sei erst am 29.05.2007 (Dienstag nach Pfingsten) von Mitarbeitern der Beklagten von der Pförtnerloge abgeholt worden. Die Poststelle im Verwaltungsgebäude sei ihre einzige Einrichtung zur Entgegennahme von Post. Diese sei nur von Montags bis Freitags besetzt. Die Mitarbeiterin der Firma W. sei als Botin des Zustellers anzusehen, weshalb die Übergabe an sie noch keine der Beklagten zuzurechnende Empfangnahme des Urteils bewirkt habe. Erst nach Zugang der Verfügung des Landesarbeitsgerichts im Parallelverfahren 6 Sa 45/07, wonach die Zustellung laut Zustellungsurkunde bereits am 26.05.2007 erfolgt sei, habe die Beklagte Anlass gehabt zu zweifeln, ob auch im vorliegenden Fall von einer Zustellung am 29.05. oder aber bereits am 26.05.2007 auszugehen sei; jene Verfügung sei dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 31.07.2007 zugegangen, weshalb jedenfalls Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei.

Das Arbeitsgericht habe den Zweck der von ihr gewährten übertariflichen Sonderzahlung fehlerhaft gewürdigt. Sowohl nach ihrer inneren Willensbildung als auch nach ihrem ausdrücklichen nach außen bekundeten Willen habe sie mit der Zahlung weder erbrachte noch künftige Betriebstreue belohnen wollen, sondern ausschließlich die erbrachte zusätzliche Leistung und Leistungsbereitschaft der in der 40-Stunden-Woche ohne Entgeltausgleich arbeitenden Mitarbeiter belohnt, wenn diese mindestens ein Jahr betrage. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Der Kläger sei mit den Arbeitnehmern, die die Sonderzahlung erhalten hätten nicht vergleichbar, da er im Gegensatz zu diesen lediglich 38,5 Stunden und nicht 40 Stunden pro Woche ohne Entgeltausgleich arbeite. Jedenfalls sei ein sachlicher Grund für die Differenzierung gegeben. Sie habe eine Differenzierung nach dem Kriterium des zeitlichen Umfanges der geleisteten und nicht gesondert vergüteten Arbeitsleistung vorgenommen und diejenigen Arbeitnehmer bedacht, die eine stärkere Belastung und einen gedanklichen Entgeltnachteil gegenüber der anderen Gruppe hätten. Sie habe den Kläger auch nicht benachteiligt, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausgeübt habe. Die Rechtsausübung durch den Kläger, nämlich die Weigerung, eine Änderungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag zu unterzeichnen, sei für die Herausnahme aus der Sonderzahlung kein Motiv gewesen.

Die Beklagte beantragt,

  1. unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 27.03.2007, Aktenzeichen 28 Ca 10340/06, soweit der Klage stattge...

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