Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Bestimmtheit und Begründetheit der Drittschuldnerklage. Unschlüssige Drittschuldnerklage aufgrund unzureichender Darlegungen zur gepfändeten Forderung bei unvollständiger Drittschuldnerauskunft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Rahmen der Bestimmtheit des Klageantrags einer Drittschuldnerklage gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ist nicht die Schlüssigkeit der Klage sondern die Bestimmbarkeit der Rechtskraftwirkung maßgebend; da stets eine angeblich bestehende Forderung gepfändet und damit Gegenstand des Pfändungspfandrechtes ist, ist hinsichtlich der Bestimmtheit als Sachurteilsvoraussetzung keine schlüssige Darlegung der gepfändeten Forderung zu verlangen sondern ausreichend, dass das Rechtsverhältnis umrissen ist und die dem Pfändungspfandrecht angeblich unterliegende Forderung wenigstens nach Zeiträumen umrissen ist, wodurch der äußere Umfang der Rechtskraft hinreichend bestimmt ist.

2. Für eine schlüssig begründete Drittschuldnerklage sind darzulegen: (1) Der Vollstreckungstitel mit Hauptsumme, Zinsen und Kosten, (2) die Pfändung und Überweisung der Bezüge des Arbeitnehmers bei der Arbeitgeberin wegen der titulierten Beträge, (3) die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner, (4) in welchem Arbeitsverhältnis der Schuldner bei dem Drittschuldner steht und welche Art der Berufstätigkeit der Schuldner ausübt, (5) welches Nettoeinkommen dem Schuldner aus dem Arbeitsverhältnis zufließt und inwieweit es von der Pfändung erfasst wird und (6) dass trotz Pfändung und Überweisung der Forderung keine Zahlung erfolgte.

3. Die Darlegungs- und Beweislast bezüglich der Voraussetzungen der Drittschuldnerklage obliegt der klagenden Partei, die ihrer Darlegungspflicht grundsätzlich bereits dadurch nachkommt, dass sie diejenigen Umstände vorträgt, aus denen sich die gesetzlichen Voraussetzungen der begehrten Rechtsfolge ergeben; eine Darstellung des streitigen Nebensachverhalt in allen Einzelheiten ist nicht erforderlich.

4. Die Bestimmungen zur Drittschuldnererklärung gemäß § 840 ZPO begründen weder eine Erfüllungshaftung noch eine Fiktionswirkung; die Norm bezweckt allein, die Rechtsdurchsetzung des Gläubigers durch Auskunft des Drittschuldners, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die gepfändete Forderung besteht und durchsetzbar ist, zu erleichtern, damit die Erfolgsaussicht eines Einziehungsrechtsstreites beurteilt werden kann.

5. Eine unterbliebene Drittschuldnerauskunft bewirkt weder einen Einwendungsausschluss noch entfaltet deren Nichtabgabe eine Ausschlusswirkung.

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, §§ 829, 835, 840

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 07.11.2013; Aktenzeichen 12 Ca 1786/13)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 07.07.2015; Aktenzeichen 10 AZR 416/14)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Stuttgart - Kn. Ludwigsburg - vom 07.11.2013 (12 Ca 1786/13) wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Wege der Drittschuldnerklage über die Verpflichtung des Beklagten gepfändetes Arbeitsentgelt an die Klägerin abzuführen. Die Klage ist als Teilklage im Umfang von 1.200,00 € erhoben.

Die Klägerin ist Inhaberin einer Forderung aufgrund eines Vollstreckungsbescheides des Amtsgerichts H. vom 24. März 2000, der dem Schuldner am 29. März 2000 zugestellt wurde (vgl. Bl. 4 d. erstinstanzlichen Akte). Die Forderung beläuft sich zum Stand 8. April 2013 auf insgesamt 3.092,60 €, bestehend aus Hauptforderung, Kosten, Auslagen und Zinsen (vgl. Bl. 5 und 6 d. erstinstanzlichen Akte). Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts B. vom 7. Mai 2013 (3 M ........) hat die Klägerin das Arbeitsentgelt des E. bei der Beklagten, E., gepfändet und sich zur Einziehung überweisen lassen. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss sowie die Aufforderung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung wurden der Beklagten am 16. Mai 2013, 12.45 Uhr zugestellt (vgl. Bl. 7 bis 17 sowie 18 und 19 d. erstinstanzlichen Akte).

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe trotz weiterer Mahnung und Aufforderung vom 6. Juni 2013 und 21. Juni 2013 eine vollständige und korrekte Drittschuldnererklärung nicht abgegeben. Sie ist der Auffassung, ohne ordnungsgemäß erteilte Drittschuldnerauskunft nicht wissen zu können, ob zwischenzeitlich pfändbares Einkommen vorhanden sei oder vorhanden gewesen sei. Der Bundesgerichtshof habe entschieden, dass der Gläubiger davon ausgehen dürfe, die gepfändete Forderung beim Drittschuldner in vollem Umfang beitreiben zu können, wenn die Drittschuldnerauskunft unterbleibe.

Die Klägerin hat erstinstanzlich wegen eines Teilbetrags der Forderung beantragt, im Wege des Versäumnisurteils zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.200,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Das Arbeitsgericht Stuttgart - Kammern Ludwigsburg - hat mit ...

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