Entscheidungsstichwort (Thema)

Substantiierungspflicht des Informationsanspruchs nach Art. 15 DSGVO durch Arbeitnehmer. Rechtsschutzinteresse keine Voraussetzung für Informationsanspruch. Anspruch auf Erhalt von Kopien. Kein unverhältnismäßiger Aufwand zur Erfüllung der Informationspflicht

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Informationsanspruch des Art. 15 Abs. 1 2. Halbs. DSGVO ist hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn der Antragsteller konkret mitteilt, welche Informationen er im Rahmen von lit. a bis h der Norm für welche Kategorie von personenbezogenen Daten begehrt. Dasselbe gilt für den Anspruch auf Zurverfügungstellung von Kopien personenbezogener Daten gem. § 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO.

2. Eines besonderen Rechtsschutzbedürfnisses für die Geltendmachung von Ansprüchen nach Art. 15 Abs. 1 und Abs. 3 DSGVO bedarf es nicht. Es genügt grundsätzlich die Behauptung des Antragstellers, die Verantwortlichen iSd. Art. 4 Nr. 1, 2, 7 DSGVO würden personenbezogene Daten seiner Person verarbeiten.

 

Normenkette

DSGVO Art. 15 Abs. 1, 3, Art. 13 Abs. 4, Art. 14 Abs. 5, Art. 23 Abs. 1, Art. 12 Abs. 5; BDSG § 34 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 28 Abs. 2, § 27 Abs. 2; ZPO § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 05.06.2019; Aktenzeichen 3 Ca 4960/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.12.2021; Aktenzeichen 2 AZR 235/21)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 05.06.2019 - Az: 3 Ca 4960/18 - in den Ziffern 3 und 4 des Tenors teilweise abgeändert, im Kostenpunkt aufgehoben und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Informationen

      1. über die Empfänger, denen von der Beklagten die bei ihr verarbeiteten Leistungs- und Verhaltensdaten des Klägers bisher offengelegt worden sind,
      2. über die Herkunft der bei der Beklagten verarbeiteten Verhaltens- und Leistungsdaten des Klägers, soweit diese nicht beim Kläger selbst erhoben worden sind, insbesondere über

        die Herkunft solcher verarbeiteten Verhaltens- und Leistungsdaten,

        • -

          die im bei der Beklagten betriebenen CMS System,

        • -

          die im bei der Beklagten vorhandenen E-Mail-System im Rahmen des E-Mail-Verkehrs zwischen dem Kläger und Herrn F. L. im Zeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2017,

        • -

          und die in den den Kläger betreffenden BPO-Fällen mit den Aktenzeichen AL-XXXX-XXXXX und AL-XXXX-XXXXX

          erhoben worden sind,

      3. über das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling und bei Bestehen einer solchen Entscheidungsfindung aussagekräftige Informationen über die involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen einer derartigen Verarbeitung für den Kläger,

      zu erteilen, soweit jeweils nicht die in den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 2, 29 Abs. 1 Satz 2 und 34 Abs. 1 BDSG geregelten Ausnahmen vorliegen,

      und soweit diese Informationen sich nicht in der Personalakte des Klägers befinden.

      Die Verpflichtung der Beklagten erstreckt sich nicht auf die bei der Beklagten vorhandenen IT-Systeme

      • -

        My Feedback

      • -

        My Contribution

      • -

        Employee Satisfaction

      • -

        My Points

      • -

        bei Lead IT die Performance Bewertung.

    2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Kopie einer verkörperten Zusammenstellung der von der Beklagten verarbeiteten Verhaltens- und Leistungsdaten des Klägers, insbesondere

      • -

        eine Kopie einer verkörperten Zusammenstellung der verarbeiteten Leistungs- und Verhaltensdaten des Klägers im bei der Beklagten betriebenen CMS System,

      • -

        eine solche des E-Mail-Verkehrs zwischen dem Kläger und Herrn F. L. im Zeitraum 01.012016 bis 31.12.2017 im bei der Beklagten vorhandenen E-Mail System,

      • -

        und eine solche in den den Kläger betreffenden BPO-Fällen mit den Aktenzeichen AL-XXXX-XXXX und AL-XXXX-XXXX,

      zur Verfügung zu stellen, soweit jeweils nicht die in den §§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 2, 29 Abs. 1 Satz 2 und 34 Abs. 1 BDSG geregelten Ausnahmen vorliegen und soweit diese Leistungs- und Verhaltensdaten des Klägers sich nicht in dessen Personalakte befinden.

      Die Verpflichtung der Beklagten erstreckt sich nicht auf die bei ihr betriebenen IT-Systeme

      • -

        My Feedback

      • -

        My Contribution

      • -

        Employee Satisfaction

      • -

        My Points

      • -

        bei Lead IT die Performance Bewertung.

    3. Im Übrigen werden die Klaganträge Ziffer 5 und 6 vom 01.02.2019 abgewiesen.
  • II.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und die Kosten der vorliegenden Berufung werden gegeneinander aufgehoben.

  • IV.

    Die Revision wird sowohl für den Kläger als auch für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob und in welchem Umfang die Beklagte (noch) verpflichtet ist, dem Kläger bestimmte Informationen gem. Art. 15 Abs. 1 2. Halbs. 2. Alt. DSGVO über bei der Beklagten verarbeitete verhaltens- und leistungsbezogene Daten des Klägers zu erteilen und darüber hinaus über die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger gem. Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO Kopien der leistungs- und verhaltensbezogenen Daten des Klägers, die Gegenstand der Verarbeitung bei der Beklagten waren, zur Verfügung zu stellen.

Betreffend den u...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge