Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeitreduzierung. Fortbildungsaufwand für Ersatzkraft. Kostenbelastung des Arbeitgebers. Sperrfrist für neuerlichen Antrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Arbeitgeber kann auf die zu seinen Gunsten bestehende Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG verzichten.

2. Erfordert der Fortbildungsaufwand für eine einzustellenden Ersatzkraft 2/5 der Jahresarbeitszeit, so steht dies außer Verhältnis zur „produktiven” Arbeitszeit und verursacht dem Arbeitgeber unverhältnismäßige Kosten und kann damit als betrieblicher Grund dem Wunsch eines Pharmareferenten im Außendienst, die vertragliche Arbeitszeit von 37,5 Stunden auf 30 Stunden bei einer Verteilung auf vier Arbeitstage zu verringern, entgegen stehen.

 

Normenkette

TzBfG § 8 Abs. 4, 6

 

Verfahrensgang

ArbG Ulm (Urteil vom 29.08.2003; Aktenzeichen 4 Ca 136/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ulm vom 29.08.2003 – 4 Ca 136/03 – wird zurückgewiesen.

2.Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3.Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Antrag des Klägers auf Verringerung und Neuverteilung seiner Arbeitszeit zuzustimmen.

Der Kläger ist seit 01.10.1990 bei der Beklagten als Pharmareferent im Außendienst beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein Arbeitsvertrag vom 04.09.1990 zugrunde. Das monatliche Bruttogehalt des Klägers belief sich im Monat Februar 2003 auf EUR 8.154,57. Die Beklagte ist ein Pharmaunternehmen. Bei ihr sind rund 750 Arbeitnehmer, davon rund 380 im Außendienst, beschäftigt.

Der Kläger betreut von seinem Wohnsitz in D aus Krankenhäuser und Krankenhausapotheken. Das Arbeitsgebiet des Klägers umfasst das Land S sowie Teile von H und von N. Unter den 68 oder 69 Krankenhäusern und Krankenhausapotheken im Gebiet des Klägers befanden sich im Jahr 2002 42 oder 43 umsatzbringende Kunden und im Jahr 2003 44 umsatzbringende Kunden.

Die Beklagte stellt jedem Außendienstmitarbeiter ein geleastes Firmenfahrzeug zur Verfügung. Der Kläger nutzt allerdings für die Dienstfahrten seinen privaten Pkw. Ferner erhält jeder Außendienstmitarbeiter einen Laptop, eine Drucker-/Fax-Kombination, ein Mobiltelefon und eine ISDN-Telefonanlage. Jeder Außendienstmitarbeiter erhält zudem zur Lagerung der Arzneimittel eine Lagerraumpauschale von EUR 720,00.

Neu eingestellte Pharmareferenten haben bei der Beklagten einen Grundkurs für Außendienstmitarbeiter von insgesamt zwei Wochen zu besuchen. Während der Einarbeitung bildet der neu eingestellte Mitarbeiter mit dem Regionalleiter für die Dauer von sechs Wochen ein Tandem. Während des Arbeitsverhältnisses haben die Außendienstmitarbeiter jährlich an sieben eintägigen Arbeitskreisen, an drei zweitägigen Regionaltagungen und an zwei dreitägigen Gesamttagungen teilzunehmen.

Am 08.01.2001 stellte der Kläger erstmals einen Antrag auf Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit (damals angegeben mit 40 Stunden) auf 30 Stunden bei einer Verteilung auf drei Arbeitstage. Nach Erörterung übersandte die Beklagte dem Kläger einen Änderungsvertrag vom 14.03.2001, der eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden, verteilt auf vier Arbeitstage, vorsah. Diesen Änderungsvertrag unterzeichnete der Kläger nicht. Er schlug vielmehr mit Schreiben vom 08.04.2001 eine Änderung vor, wonach die wöchentliche Arbeitszeit (nunmehr angegeben mit 38,5 Stunden) auf 32 Stunden, verteilt auf vier Arbeitstage, verringert werden sollte. Mit Schreiben vom 28.04.2001 beantragte der Kläger allerdings, seine wöchentliche Arbeitszeit auf 30 Stunden zu reduzieren, verteilt auf drei Arbeitstage. Die Beklagte übersandte dem Kläger sodann einen Änderungsvertrag vom 28.05.2001, wonach die wöchentliche Arbeitszeit auf 32 Stunden, verteilt auf vier Arbeitstage, verringert werden sollte. Diesen Änderungsvertrag unterzeichnete der Kläger nicht. In der Folgezeit arbeitete er in Vollzeit weiter.

Im Zusammenhang mit einem Antrag auf Teilzeitarbeit im Innendienst wandte sich der Betriebsrat mit Mail vom 29.10.2002 an die Personalleiterin Frau B. Er erwähnte in diesem Mail, dass der Kläger im Januar 2001 einen Teilzeitantrag gestellt habe. Der Betriebsrat teilte mit, der Kläger sei bereit, diesen Antrag erneut zu stellen. Hierauf antwortete der Personalreferent Herr W mit Mail vom 12.11.2002, dass der Kläger erneut einen Antrag auf Teilzeit stellen könne. Der Antrag werde erörtert und erneut geprüft.

Daraufhin beantragte der Kläger mit Schreiben vom 03.12.2002, seine wöchentliche Arbeitszeit ab 01.04.2003 von derzeit 37,5 Stunden auf 30 Stunden bei einer Verteilung auf drei Arbeitstage zu reduzieren. Nach Erörterung lehnte die Beklagte diesen Antrag mit Schreiben vom 24.02.2003 ab. Auf Bitte des Klägers erläuterte sie ihre Ablehnung mit Schreiben vom 05.03.2003.

Mit seiner am 19.03.2003 eingegangenen Klage hat der Kläger die Verringerung seiner wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden bei einer Verteilung auf drei Arbeitstage begehrt. Er hat vorgetrage...

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