Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit einer Befristung des Arbeitsvertrages nach § 1 BeschFG n.F.. Fehlen eines sachlich rechtfertigenden Grundes bei wiederholter Befristungsverlängerung nach Geltung der Neufassung des § 1 BeschFG

 

Leitsatz (amtlich)

Nach der ab dem 01.10.1996 geltenden Neufassung des Beschäftigungsförderungsgesetzes (BeschFG) kann § 1 den fehlenden sachlich rechtfertigenden Grund bei Anschlußbefristungen nicht heilen. Bei einem bis zum 31.12.1996 befristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag ohne sachlich rechtfertigenden Grund ist auch die am 16.12.1996 erneut vorgenommene Befristung unwirksam, wenn kein sachlich rechtfertigender Grund vorliegt.

Dem Kläger ist es nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit dieser Befristung zu berufen, auch wenn die erneute Befristung vor Ablauf des alten Vertrages vereinbart wurde, vorausgesetzt, der Kläger hat die dreiwöchige Klagefrist des § 1 Abs. 1 u. 5 BeschFG eingehalten.

 

Normenkette

BGB § 620; BeschFG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 27.03.1997; Aktenzeichen 11 Ca 30/97)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 26.07.2000; Aktenzeichen 7 AZR 43/99)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 27.03.1997 AZ: 11 Ca 30/97 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß festgestellt wird, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses vom 05.07.1996 und vom 16.12.1996 rechtsunwirksam ist.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das zwischen ihnen vereinbarte Arbeitsverhältnis durch Befristungsablauf geendet hat.

Die Klägerin ist seit dem 11.01.1996 in der Niederlassung Freiburg der Beklagten als Arbeiterin beschäftigt. Sie war fast ausschließlich in der neu erstellten Großbriefsortieranlage tätig. Zwischen den Parteien wurden die folgenden befristeten Arbeitsverträge geschlossen:

Vertragsschluß

Beginn

Angaben z. Befristg.u. Beendigung

15.01.1996

11.01.1996

zeitbefristet für die Zeit bis 31.03.1996

09.04.1996

01.04.1996

30.06.1996

05.07.1996

01.07.1996

31.12.1996

16.12.1996

01.01.1997

27.03.1997 (nach § 1 Abs. 1 BeschFG)

Gegen den am 05.07.1996 abgeschlossenen Arbeitsvertrag hat die Klägerin am 17.01.1997, gegen den am 16.12.1996 abgeschlossenen Vertrag am 12.02.1997 Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Befristung erhoben.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die mit ihrer Klage angegriffenen Befristungen seien rechtsunwirksam, da ein sachlicher Grund für die Befristung nicht vorgelegen habe.

Die Klägerin hat beantragt:

  1. Es wird festgestellt, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag vom 05.07.1996 rechtsunwirksam ist und daß das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.
  2. Es wird festgestellt, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertrag vom 16.12.1996 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unbefristet fortbesteht.
  3. Im Falle des Obsiegens wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, für den am 05.07.1996 und den davor abgeschlossenen Arbeitsvertrag seien die Befristungen sachlich gerechtfertigt gewesen. Der letzte Arbeitsvertrag vom 16.12.1996 sei nach § 1 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG) in der Fassung vom 25.09.1996 zu beurteilen, weshalb eine Prüfung entfalle, ob die vorangehenden Arbeitsverhältnisse rechtlich oder tatsächlich zulässig begründet gewesen seien. Jedenfalls lägen bei dem am 16.12.1996 abgeschlossenen Arbeitsvertrag die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BeschFG n. F. vor, da die Gesamtdauer der befristeten Verträge zwei Jahre nicht überschritten habe und die Voraussetzung der dreimaligen Verlängerung eingehalten sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 27.03.1997 festgestellt, daß die Befristung des Arbeitsverhältnisses vom 05.07.1996 und vom 16.12.1996 rechtsunwirksam ist. In der Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe den Beweis nicht erbracht, daß die jeweiligen Befristungen der vor dem 16.12.1996 abgeschlossenen zeitbefristeten Verträge sachlich gerechtfertigt gewesen seien. Der im Anschluß an diese sachlich nicht gerechtfertigten befristeten Verträge abgeschlossene weitere zeitbefristete Vertrag vom 16.12.1996 sei deshalb auch nicht nach § 1 Abs. 1 BeschFG n. F. gerechtfertigt. Nach dieser Gesetzesregelung könne ein Arbeitsvertrag nur an Verträge angeschlossen werden, deren Zeitbefristungen sachlich gerechtfertigt gewesen seien.

Gegen das der Beklagten am 09.06.1997 zugestellte Urteil hat diese am 09.07.1997 Berufung eingelegt.

Die Beklagte hat im Berufungsverfahren eingeräumt, daß sie den Beweis für die im erstinstanzlichen Verfahren behauptete sachliche Rechtfertigung der Zeitbefristung des Vertrages vom 01.07.1996 bis zum 31.12.1996 nicht führen könne. Die Vertragsbefristungen seien jedoch aus rechtlichen Gründen rechtmäßig. Nach dem Inkrafttreten der neuen Regelung des arbeitsrechtlichen Beschäftigungsförderungsgesetze...

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