Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Verwertung von Zufallsfunden bei der Durchsuchung des Dienst-PC eines Arbeitnehmers

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Zulässigkeit der Verwertung von Zufallsfunden bei der Durchsuchung des Dienst-PC eines Arbeitnehmers ist es nicht notwendig, dass der Anlass für die Durchsuchung datenschutzrechtlich zulässig war. Es kommt für die Verwertbarkeit des Zufallsfundes allein darauf an, ob der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nicht stärker wiegt als die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Durchsuchung des Dienst-PC dem Arbeitnehmer vorher angekündigt wurde.

 

Normenkette

BDSG § 32 (neu: BDSG § 26)

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 31.07.2017; Aktenzeichen 24 Ca 2/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.01.2019; Aktenzeichen 2 AZR 426/18)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 31.07.2017 - Az: 24 Ca 2/17 - in der Kostenentscheidung aufgehoben, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Ausgleich für die Entziehung des Dienstwagens in Höhe von EUR 10.528,19 brutto

      nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 315,71 seit 01.01.2015, aus jeweils EUR 425,52 seit 01.02.2015, seit 01.03.2015, seit 01.04.2015, seit 01.05.2015, seit 01.06.2015, seit 01.07.2015, seit 01.08.2015, seit 01.09.2015, seit 01.10.2015, seit 01.11.2015, seit 01.12.2015, seit 01.01.2016, seit 01.02.2016, seit 01.03.2016, seit 01.04.2016, seit 01.05.2016, seit 01.06.2016, seit 01.07.2016, seit 01.08.2016, seit 01.09.2016, seit 01.10.2016, seit 01.11.2016, seit 01.12.2016 und seit 01.01.2017

      zu zahlen.

    2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Verzugspauschalen in Höhe von EUR 240,00 zu zahlen.
    3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • II.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 31.07.2017 - Az: 24 Ca 2/17 - wird zurückgewiesen.

  • III.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 31.07.2017 - Az: 24 Ca 2/17 - wird zurückgewiesen.

  • IV.

    Die Beklagte hat 74,3 %, der Kläger 25,7 % der Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug zu tragen.

    Die Beklagte hat 24 %, der Kläger 76 % der Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug zu tragen.

  • V.

    Die Revision wird für den Kläger zugelassen, soweit er festgestellt wissen will, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 15.12.2016 nicht beendet worden ist.

    Die Revision für die Beklagte wird zugelassen, soweit sie verurteilt worden ist, an den Kläger Verzugspauschalen in Höhe von EUR 240,00 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten, ordentlichen Kündigung, die die Beklagte gegenüber dem Kläger als Verdachts- und Tatkündigung ausgesprochen hat. Darüber hinaus ist die vom Kläger gegenüber der Beklagten geltend gemachte Zahlung von Schadensersatz für den Entzug seines Dienst-Pkw durch die Beklagte für die Zeiträume 09.12.2014 bis 31.12.2016 (in Höhe von 10.528,19 € brutto), die Zahlung von vom Kläger verauslagter Dienst-Pkw-Betankungskosten (in Höhe von 377,59 €), die Zahlung von vom Kläger für die Monate Juli bis Dezember 2016 geltend gemachter Verzugspauschalen gem. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB (in Höhe von 240,00 €) und vom Kläger gegen die Beklagte geltend gemachte restliche variable Vergütung für die Jahre 2013 bis 2015 (in Höhe von 9.000,00 € brutto) zwischen den Parteien streitig.

Der am 06.12.1965 geborene, ledige Kläger, der keiner Person unterhaltsverpflichtet ist, ist seit 01.04.1996 bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte ist ein großer Hersteller von Kraftfahrzeugen mit Sitz in S.. Sie betreibt eine Vielzahl von Werken in der Bundesrepublik Deutschland und im Ausland. Der Kläger war zuletzt im Standort der Beklagten in S.-M. tätig, an dem weit mehr als 10 Arbeitnehmer im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes für die Beklagte als Arbeitnehmer tätig sind. Für diesen Standort ist ein Betriebsrat gebildet. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 50 seit jedenfalls 17.02.2016. Im Zeitraum Januar 2001 bis Juli 2008 war er im Bereich Konzernrevision und ab August 2008 im Bereich Treasury/Finanzmanagement für die Beklagte tätig. Im Bereich Treasury/Finanzmanagement war er hauptsächlich mit der Erstellung und der Abstimmung von Richtlinien für die Kreditierung/Finanzierung von Exporten und damit verwandten Themen beschäftigt. Seiner Tätigkeit bei der Beklagten liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag (datiert) vom 16.09.2013 zugrunde, bezüglich dessen Einzelheiten vollinhaltlich auf Bl. 565 bis 569 d. Akten-ArbG verwiesen wird. Der Kläger war bei der Beklagten zuletzt auf der sogenannten Ebene 4 (4. Ebene unter dem Vorstand der Beklagten) mit einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von 8.333,33 € beschäftigt. Darüber hinaus wurde dem Kläger während seiner Tätigkeit ein Pkw - zu...

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