Entscheidungsstichwort (Thema)

pauschalierte Tariflohnerhöhung und Streik

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Zeit ihrer Streikteilnahme haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf die Pauschale nach § 4 Ziffer 2 des Lohntarifvertrages für die Sägeindustrie in Baden-Württemberg vom 09.03.95

 

Normenkette

Lohntarifvertrag für die Sägeindustrie in Baden-Württemberg vom 09.03.95

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Urteil vom 14.12.1995; Aktenzeichen 10 Ca 1102/95)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Stuttgart – Kammern Ludwigsburg – vom 14.12.95 – 10 Ca 1102/95 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Zeit seiner Streikteilnahme vom 06.03.95 bis 10.03.95 einen anteiligen Anspruch auf die in § 4 Ziffer 2 des Lohntarifvertrags für die Sägeindustrie in Baden-Württemberg gültig ab 01. März 1995 (im folgenden: LTV) vorgesehene Pauschale hat.

Der Kläger war im März 1995 Arbeitnehmer der Beklagten in deren Werk in …, einem Betrieb der Sägeindustrie. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet infolge beiderseitiger Verbandszugehörigkeit der unter dem 09.03.95 abgeschlossene, ab 01.03.95 geltende LTV Anwendung.

Dieser LTV (s. Tasche nach Bl. 3 d.A.) sieht in § 4 unter der Überschrift „Lohnregelung” u. a. folgendes vor:

„1. Der tarifliche Ecklohn der Lohngruppe IV (100 %) erhöht sich ab 1. Juli 1995 von 18,72 DM um 0,67 DM auf 19,39 DM.

Ab 1. März 1996 erhöht sich der tarifliche Ecklohn von 19,39 DM um 0,66 DM auf 20,05 DM. Ab 1. Oktober 1996 erhöht sich zum Zwecke des Lohnausgleichs entsprechend der Verkürzung der Wochenarbeitszeit aus dem MTS vom 9. März 1995 auf 36 Stunden, der tarifliche Eck lohn von 20,05 DM um 0,56 DM auf 20,61 DM.

2. Für die Monate März, April, Mai und Juni 1995 wird eine Pauschale von 150,– DM je Monat gezahlt. Teilzeitbeschäftigte erhalten diese Leistung zeitanteilig entsprechend.

6. Die Stückakkorde, Wochen- und Monatslöhne erhöhen sich im gleichen Verhältnis wie die tariflichen Stundenlöhne.”

Die von den Tarifpartnern am 09.03.95 unterzeichnete „Ergebnisniederschrift” (s. FK. Bl. 34, 35 d.A.) lautet unter Ziffer 1. wie folgt:

„Entgelt

Für die März, April, Mai und Juni 1995 erhalten die Beschäftigten pro Monat zum Tarifentgelt eine Pauschalzahlung von 150,00 DM Brutto.

Teilzeitbeschäftigte erhalten diese Leistung zeitanteilig entsprechend.

Zum 1.7.1995 werden die tariflichen Löhne und Gehälter um 3,6 % angehoben.

Zum 1.3.1996 werden die tariflichen Löhne und Gehälter um 3,4 % angehoben.

Laufzeit Lohn/Gehaltstarifvertrag bis zum 28.2.1997.”

Die Tarifpartner vereinbarten ferner am 09.03.95 eine „Maßregelungsklausel” (s. FK. Bl. 36 d.A.), die u. a. wie folgt lautet:

  1. „Jede Maßregelung von Arbeitnehmer/innen aus Anlaß der Teilnahme an Arbeitskampf maßnahmen für den Abschluß der Tarifverträge/des Tarifvertrages vom 09.03.1995 unterbleibt oder wird rückgängig gemacht, falls sie bereits erfolgt ist. Die Arbeitnehmer/innen werden unmittelbar nach Beendigung des Arbeitskampfes zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt.
  2. Eine Schlechterstellung von den an den Arbeitskampf – maßnahmen beteiligten Arbeitnehmer/innen darf nicht erfolgen. Soweit Ansprüche und/oder Anwartschaften von der ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses oder der Betriebszugehörigkeit abhängen, gelten das Arbeitsverhältnis oder die Betriebszugehörigkeit als nicht unterbrochen. Soweit Ansprüche von der Berechnung des Durchschnitts Verdienstes abhängen, darf die Beteiligung an den Arbeitskampf – maßnahmen nicht zu einer Minderung des Durchschnittsverdienstes führen.”

Der Kläger beteiligte sich vom 06.03.95 bis 10.03.95 an dem im Betrieb der Beklagten geführten Streik. Im Hinblick darauf zahlte die Beklagte dem Kläger ebenso wie den anderen Arbeitnehmern, die sich an dem Streik beteiligt hatten, die Pauschale nach § 4 Ziffer 2 LTV nicht in der vollen Höhe von 150,– DM, sondern lediglich in Höhe von 117,36 DM aus. Den Differenzbetrag macht der Kläger in vorliegendem Rechtsstreit geltend.

Zur Begründung hat der Kläger im 1. Rechtszug insbesondere vorgetragen, es sei eine Pauschalzahlung vereinbart worden, die nach ihrem Wortlaut unabhängig von der Streikteilnahme sein solle.

Der Kläger hat im 1. Rechtszug beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 32,64 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag zu bezahlen.

Die Beklagte hat wegen eventueller rechnerischer Unstimmigkeiten den Betrag von DM 0,03 brutto anerkannt und im übrigen

beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat insbesondere geltend gemacht, die Pauschalzahlung stelle nichts anderes als die tarifliche Lohnerhöhung dar, wobei es – was der Kläger nicht bestritten hat – ziel der Gewerkschaft gewesen sei, die unteren Lohngruppen für eine bestimmte Zeit überproportional anzuheben.

Das Arbeitsgericht hat mit dem am 14.12.95 verkündeten Urteil, auf dessen Tatbestand (Bl. 39-41) ergänzend verwiesen wird, entsprechend dem Anerkenntnis die Beklagte zur Zahlung von...

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