Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragliche Bezugnahme auf Tarifvertrag und Transparenzkontrolle

 

Leitsatz (redaktionell)

§ 307 Abs. 3 S. 2 BGB bezieht sich nicht auf einschlägige, global in Bezug genommene Tarifverträge.

 

Normenkette

BGB § 307 Abs. 3 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Karlsruhe (Urteil vom 15.04.2005; Aktenzeichen 1 Ca 352/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 28.06.2007; Aktenzeichen 6 AZR 750/06)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 15.04.2005 – Az.: 1 Ca 352/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen ordentlichen Kündigung.

Der 1947 geborene Kläger, bei dem aufgrund Bescheides vom 07.03.2000 eine Behinderung von 70 % festgestellt ist (vgl. Bl. 8 der Vorakte), war bei der Beklagten ab 01.03.2004 als Arbeiter beschäftigt. Dem zunächst bis 30.04.2004 befristeten Arbeitsverhältnis lag der Arbeitsvertrag vom 23.02.2004 (Bl. 6 der Vorakte) zugrunde. Dieser sieht die Anwendung des Bundesmanteltarifvertrages der Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung vor. Mit Arbeitsvertrag vom 27.04.2004 (Bl. 7 der Vorakte) wurde dieses Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab 01.05.2004 gem. § 14 Abs. 3 TzBfG bis zum 28.02.2007 verlängert.

Vor der Einstellung wurde ausweislich eines Aktenvermerks vom 18.02.2004 (ABl. 104) durch den ärztlichen Dienst der Stadt K. eine Eignung des Klägers als Wagenpfleger im Schichtdienst mit der Einschränkung „Heben nur bis 10 kg, kein häufiges Überkopfarbeiten, keine STRAB-Rangiertätigkeiten” festgestellt. Am 17.06.2004 erlitt der Kläger während der Ausübung seiner Tätigkeit einen Asthmaanfall. Es mußte der Notarzt gerufen werden. Im Jahr 2005 wurde dieser Vorfall auf Antrag des Klägers durch die zuständige Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anerkannt (vgl. Schreiben vom 23.08.2005 Bl. 39 der Vorakte). Aufgrund einer erneuten Untersuchung des Klägers durch den ärztlichen Dienst der Stadt K. am 29.06.2004 wurde festgestellt, dass der Kläger nicht der Einwirkung von Stäuben, Nässe, Kälte und Zugluft ausgesetzt werden darf, Tätigkeiten mit erhöhten Belastungen für die rechte Schulter zu vermeiden sind, vor allem häufiges Überkopfarbeiten rechts und Nachtdienste nicht möglich sind. Nichts einzuwenden sei gegen Überkopfarbeit mit nur einem Arm und gelegentliches Heben und Tragen von Lasten über 10 kg (Bl. 41 der Vorakte).

Die Beklagte informierte mit Schreiben vom 03.08.2004 den Betriebsrat über eine beabsichtigte Kündigung des Klägers zum 31.08.2004 (Bl. 34/35 der Vorakte). Der Betriebsrat hat der Kündigung nicht zugestimmt und um nochmalige Prüfung einer Einsatzmöglichkeit gebeten (ABl. 13 der Vorakte). Mit Schreiben vom 11.08.2004 (Bl. 11 der Vorakte) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2004 unter Bezugnahme auf die tarifvertragliche Kündigungsfrist gem. § 50 Abs. 1 BMT-G.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund der Befristung des Arbeitsvertrages sei eine ordentliche Kündigung mangels entsprechender Vereinbarung ausgeschlossen. Die pauschale Veweisung auf den Tarifvertrag verstoße gegen das Transparenzgebot, den Grundsatz des Vorrangs der Individualabrede und die Unklarheitenregel gem. §§ 305 ff. BGB. Aus der Vereinbarung der einmonatigen Probezeit auch im zweiten Arbeitsvertrag ergebe sich, dass nur innerhalb dieses Zeitraums eine ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses möglich sein sollte. Die Kündigung sei auch treu – bzw. sittenwidrig. Der Asthmaanfall sei beim Befüllen der Sandbehälter der Bremsanlagen aufgetreten, weil die Beklagte ihm keinen schwerbehindertengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt habe. Vor Ausspruch der Kündigung sei die Schwerbehindertenvertretung nicht angehört worden. Ebenfalls sei die Betriebsratsanhörung zu beanstanden. Die Kündigung sei im Übrigen erst am 19.08.2004 zugegangen und könne daher nicht zum 31.08.2004 wirksam werden.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers durch die zum 31.08.2004 ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.08.2004 nicht aufgelöst wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Kündigungsmöglichkeit beruhe auf dem arbeitsvertraglich in Bezug genommenen BMT-G. Auf die tariflichen Regelungen seien die Vorschriften für allgemeine Geschäftsbedingungen nicht anwendbar.

Die Kündigung sei weder treu- noch sittenwidrig. Die Ursache des Asthmaanfalles vom 17.06.2004 sei ihr nicht bekannt. Für den Kläger sei kein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden. Sowohl die Tätigkeit als Wagenpfleger, als auch eine solche als Fahrscheinprüfer fänden im Freien und in Räumen mit ständigem Wechsel von Kälte und Wärme statt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage am 15.04.2005 abgewiesen. Die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung des bef...

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