Entscheidungsstichwort (Thema)

Massenentlassungsanzeige. Kündigung. Entlassung. Massenentlassungsrichtlinie

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Verstoß gegen die Vorschriften zur Massenentlassung nach § 17 Abs. 1 KSchG hat nicht die Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen zur Folge (Festhalten an der Rechtsprechung des BAG; etwa BAG, Urteil vom 18.09.2003 – 2 AZR 79/02).

 

Normenkette

KSchG § 17 Abs. 1; Richtlinie 98/59/EG

 

Verfahrensgang

ArbG Lörrach (Urteil vom 24.03.2005; Aktenzeichen 2 Ca 466/04)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 12.07.2007; Aktenzeichen 2 AZR 619/05)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lörrach vom 24.03.2005, Az. 2 Ca 466/04, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen, soweit der Kläger festgestellt haben will, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 28.10.2004 wegen unterlassener Massenentlassungsanzeige nicht beendet wurde.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Arbeitgeberkündigung und um die Zahlung von Weihnachtsgeld.

Der Kläger war bei der Beklagten seit 31.03.1991 als Maschinist beschäftigt. Sein Arbeitsverdienst belief sich zuletzt auf EUR 2.500,00 brutto. Die Beklagte hatte ursprünglich in der Rechtsform der GmbH ein Unternehmen für Tief- und Straßenbau betrieben und befindet sich in der Liquidation. In ihren aktiven Zeiten hatte sie in S zuvor ca. 85 Arbeitnehmer beschäftigt.

Nachdem der Gesellschafter der Beklagten, Herr T B, am 06.09.2004 verstorben war, beschloss dessen Erbengemeinschaft am 15.10.2004 die Gesellschaft aufzulösen, keine neuen Aufträge mehr anzunehmen, an keinen weiteren Ausschreibungen teilzunehmen, den Immobilienbestand zu veräußern, die bei den Banken beanspruchten Kontokorrentmittel zurückzuführen, die laufenden Aufträge zu Ende zu führen und nach deren Beendigung das bewegliche Anlagevermögen zu veräußern. Zwei weitere Betriebsstätten, in H und H in den neuen Bundesländern, sollten an deren technischen Leiter veräußert werden. Unter dem 20.10.2004 fasste die Erbengemeinschaft den Beschluss, die Gesellschaft mit Wirkung zum Ablauf des 31.05.2005 aufzulösen und einen der Erben, nämlich Herrn C B zum alleinigen Liquidator zu bestimmen. In der Folgezeit wurden Mietverträge gekündigt, Kunden von der Auflösung in Kenntnis gesetzt, Telefonanschlüsse und Wartungsverträge sowie Zeitschriften, darunter das Bundesausschreibungsblatt, abbestellt. Die Agentur für Arbeit L verfügte auf Massenentlassungsanzeige der Beklagten mit Bescheid vom 18.11.2004 für 48 Arbeitnehmer eine Freifrist vom 30.11.2004 bis 27.02.2005 und wies darauf hin, dass für die ihr bereits mündlich bekannten Entlasstermine ab 31.03.2004 es einer erneuten Anzeige bedürfte. Auf die entsprechende Anzeige der Beklagten vom 26.01.2005 erfolgte mit Bescheid der Agentur für Arbeit L ohne Datum für weitere 35 Arbeitnehmer eine Freifristfestsetzung für die Zeit vom 27.02. bis 27.05.2005.

Dem Kläger war mit Schreiben vom 28.10.2004 zum 30.04.2005 gekündigt worden. Als Begründung gab die Beklagte an, der Betrieb müsse stillgelegt werden, weil die wirtschaftliche und finanzielle Situation eine Fortführung des Unternehmens nicht gestatte.

Der Kläger hatte während des bestehenden Arbeitsverhältnisses jahrelang ein Weihnachtsgeld erhalten, die Zahlung erfolgte ohne ausdrücklichen Vorbehalt regelmäßig in zwei Tranchen im November und April und in unterschiedlicher Höhe, letztmals im November 2003 in Höhe von EUR 850,00.

Der Kläger hat die Kündigung vom 28.10.2004 für unwirksam gehalten und die Auffassung vertreten, die beabsichtigte Auflösung der Gesellschaft und des Betriebs habe keinen erkennbaren wirtschaftlichen Sinn gehabt und sei nicht auf die wirtschaftliche Situation im Baugewerbe zurückzuführen gewesen. Im Übrigen sei die Kündigung wegen fehlender Massenentlassungsanzeige unwirksam. Der Kläger hat ferner ein Weihnachtsgeld in Höhe des Vorjahresbezugs auch für das Jahr 2004 geltend gemacht und im Rahmen eines wechselnden Sachvortrags behauptet, es sei jahrelang derselbe Betrag, ein jeweils volles 13. Monatsentgelt, ein gleichbleibender Prozentsatz vom Jahresbruttolohn, ein jeweils unterschiedlicher Betrag, aber ohne Bezug zum Geschäftsergebnis und lediglich in Abhängigkeit von der Arbeitsleistung des Klägers gezahlt worden. Hieraus ergebe sich auch ein Rechtsanspruch für die Zukunft.

Der Kläger hat die Anträge gestellt:

  1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordnungsgemäße Kündigung vom 28.10.2004 beendet wurde.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Weihnachtsgeld 2004 im Umfang von EUR 850,00 brutto für den Abrechnungsmonat November 2004 nach zu vergüten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.12.2004.

Die Beklagte hat

Klagabweisung

b e a n t r a g t.

Bezüglich der Kündigung hat sie auf den Stilllegungsbeschluss der Gesellschafterversammlung der Erbengemeinschaft des verstorbenen Gesellschafters der Beklagten verwiesen und die greifbare...

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