Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlängerung Elternzeit

 

Leitsatz (amtlich)

Stimmt ein Arbeitgeber einer beantragten Verlängerung der Elternzeit im Rahmen des § 15 II BEEG nicht zu, ist nicht zu prüfen, ob die Ablehnung des Arbeitgebers nach § 16 Abs. 3 S. 1 BEEG billigem Ermessen entspricht. Die Ablehnung durch den Arbeitgeber bedarf bis zur Begrenzung durch den Rechtsmissbrauch keiner Begründung.

 

Normenkette

BEEG §§ 15-16

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Urteil vom 01.09.2009; Aktenzeichen 8 Ca 109/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 18.10.2011; Aktenzeichen 9 AZR 315/10)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg vom 01.09.2009, Az. 8 Ca 109/09 wie folgt abgeändert:

  1. Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit über den 02.01.2009 hinaus bis zum 02.01.2010 begehrt.
  2. Die Klage wird abgewiesen, soweit die Klägerin die Entfernung der Abmahnung vom 26.02.2009 aus der Personalakte begehrt.

2. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um den Anspruch der Klägerin auf Verlängerung der Elternzeit.

Die 35 Jahre alte ledige Klägerin ist bei der Beklagten seit Oktober 2005 als Arbeiterin in Vollzeit zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsentgelt von EUR 2.000,00 beschäftigt. Die Klägerin mit 4 minderjährigen Kindern hat am 03.01.2008 ein weiteres Kind geboren. Auf ihren schriftlichen Antrag vom 04.03.2008 wurde der Klägerin unter Hinweis auf die Nichteinhaltung der Ankündigungsfrist im Hinblick auf die familiäre Situation die Elternzeit für die Zeit vom 03.01.2008 bis zum 02.01.2009 bestätigt.

Mit am 08.12.2008 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben hat die Klägerin darum gebeten, die bestehende Elternzeit um 1 Jahr zu verlängern, da es ihr gesundheitlich nach der letzten Schwangerschaft nicht gut gehe und sie häufig krank sei. Diesen Antrag hat die Beklagte mit Schreiben vom 11.12.2008 abgelehnt und darauf hingewiesen, dass Arbeitsbeginn nach Ende der Elternzeit am Montag, den 05.01.2009 sei.

Mit Schreiben vom 30.12.2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin der Beklagten mitgeteilt, dass diese der Aufforderung, die Tätigkeit aufzunehmen, nicht nachkommen könne. Es liege zwar kein schriftliches Einvernehmen im Sinne des § 16 Abs. 3 S. 1 BEEG betreffs Verlängerung der Elternzeit vor. Sie habe jedoch Anspruch auf Verlängerung aus wichtigem Grund nach § 16 Abs. 3 S. 4 BEEG, da ihre Tochter ernsthaft und akut erkrankt sei und eine ernsthafte Herzerkrankung vermutet werde. Daher müsse sie auch nicht die Ankündigungsfrist nach § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG einhalten.

Der Beklagtenvertreter hat mit Schreiben vom 15.01.2009 mitgeteilt, dass ein Anspruch nicht bestehe. Das Verlängerungsbegehren sei spätestens 7 Wochen vor Ende der Elternzeit einzureichen gewesen. Ein wichtiger Grund für eine Verlängerung bestehe nicht.

Mit Schreiben vom 05.02.2009 wurde die Klägerin wegen unentschuldigtem Fehlen am Arbeitsplatz abgemahnt.

Mit am 25.02.2009 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass sich bei ihrer Tochter Ende des Jahres 2008 eine ernsthafte und akute Erkrankung gezeigt habe, welche dazu führen würde, dass die Tochter aschenfahl werde und die Lippen blau anlaufen würden. Solche Vorfälle hätten sich unregelmäßig z. B. Ende Dezember 2008, 20.01.2009 und zuletzt am 06.02.2009 gezeigt. Angesichts der Kindeserkrankung habe sie die Ankündigungsfrist nicht einhalten müssen. Da die beantragte Verlängerung der Elternzeit rechtmäßig gewesen sei, liege auch ohne Zustimmung der Beklagten derzeit Elternteilgewährung vor, daher sei auch die Abmahnung rechtsunwirksam.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt:

  1. Es wird festgestellt, dass auch über den 02. Januar 2009 hinausgehend bis auf weiteres der Klägerin Elternzeit zusteht und genommen hat.
  2. Es wird festgestellt, dass die Arbeitgeberabmahnung vom 06.02.2009 wegen Fehlzeit rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Verlängerung der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 komme nur in Betracht, wenn ein Wechsel in der Person des Anspruchsberechtigten vorliegen würde. Dies sei nicht der Fall. Eine Verkürzung der 7-Wochenfrist sei zudem nur aus dringenden Gründen nur bei der erstmaligen Geltendmachung des Anspruches zulässig.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit folgendem Entscheidungstenor stattgegeben:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, zuzustimmen in die Verlängerung der Elternzeit über den 02.01.2009 hinaus bis auf weiteres, längstens bis zum 02.01.2011.
  2. Die Beklagte wird verurteilt, die Abmahnung vom 26.02.2009 aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen.

Der Anspruch auf Verlängerung der Elternzeit ergebe sich aus § 16 Abs. 3 S. 1 2. Hs i. V. m. § 15 Abs. 2 BEEG. Es würden Gründe für die Verlängerung der Elternzeit nach § 15 Abs. 2 BEEG vorliegen, da die Herzerkrankung der Tochter eine besondere Härte darstelle. Die Zustimmung zur Verlängerung der Elternzeit könne daher nur aus dringenden betrieblic...

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