Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung der Betriebsratswahl

 

Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 03.07.1990; Aktenzeichen 3 BV 1/90)

 

Tenor

1. Die Beschwerden der Beteiligten Ziff. 4 und 5 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Freiburg vom 3.7.1990 – 3 BV 1/90 – werden zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Antragsteller (Beteiligte Ziff. 1 bis 3/Beschwerdegegner) wenden sich im Wege der Wahlanfechtung gegen die Wirksamkeit der am 22.3.1990 bei der Badischen Verlags GmbH (Beteiligte Ziff. 5/Beschwerdeführerin) durchgeführten Betriebsratswahl. Beteiligter Ziff. 4 und weiterer Beschwerdeführer ist der aus dieser Wahl hervorgegangene Betriebsrat.

Die … GmbH (nachfolgend Arbeitgeber), deren Betriebszweck in der Herstellung und dem Vertrieb von Zeitungen besteht, beschäftigt neben ca. 530 Angestellten und 90 gewerblichen Arbeitnehmern ca. 1700 teilzeitbeschäftigte Zusteller, zu denen auch die Antragsteller seit vielen Jahren zählen. Die wöchentliche Arbeitszeit der Antragsteller beträgt ca. 28 Stunden und der monatliche Bruttoverdienst liegt bei etwa DM 2.000,–. Alle drei Antragsteller sind im Bereich des alten Landkreises Freiburg und der Stadt Freiburg tätig.

Der Arbeitgeber unterhält außerhalb des Bezirks der Stadt Freiburg und des alten Landkreises Freiburg im gesamten Verbreitungsgebiet Geschäftsstellen. Es gibt 14 Geschäftsstellenbereiche, und zwar: Lahr-Ettenheim, Emmendingen, Waldkirch, Müllheim, Weil, Lörrach, Schopfheim, Zell, Rheinfelden, Säckingen-Wehr, Waldshut-St. Blasien, Neustadt-Bonndorf, Donaueschingen-Blumberg und Villingen-Furtwangen. Teilweise befinden sich in diesen Bezirken mehrere Geschäftsstellen. In diesen Fällen ist jeweils eine der Geschäftsstellen Hauptgeschäftsstelle. Die Zusteller sind den Geschäfts- bzw. Hauptgeschäftsstellen organisatorisch zugeordnet. Die Aufgaben der Geschäftsstellen gliedern sich in die Schalterdienste, die Anzeigenberatung, die Redaktion und den Zustelldienst. Innerhalb der Zustelldienste werden die Zusteller entweder vom jeweiligen Geschäftstellenleiter oder von diesem unterstellten Inspektoren betreut. Die zuständigen Geschäftsstellenleiter/Inspektoren sind die unmittelbaren Vorgesetzten der Zusteller. Sie haben Vollmacht zur Einstellung und Entlassung von Zustellern. Den Einstellungsverträgen liegen vom Arbeitgeber vorgegebene Arbeitsverträge zugrunde. Im Bereich des alten Landkreises Freiburg und der Stadt Freiburg sind die Zusteller der stellvertretenden Vertriebsleitung im Verlag angegliedert.

In der Vergangenheit wurden die Zusteller bei Betriebsratswahlen regelmäßig nicht als wahlberechtigte Arbeitnehmer beteiligt. Erstmals im Rahmen der turnusmäßigen Betriebsratswahl im Frühjahr 1990 erhob der Antragsteller Ziff. 1 bis 3 mit Schreiben vom 1.2.1990 Einspruch gegen die Nichtberücksichtigung der Zusteller bei der Aufstellung der Wählerliste. Nach Zurückweisung des Einspruchs durch den Wahlvorstand, der ein Wahlrecht der Zusteller verneint hatte, fand die Betriebsratswahl am 22.3.1990 ohne Beteiligung der Zusteller statt. Mit Schriftsatz vom 25.3.1990 haben die Antragsteller unverzüglich die Unwirksamkeit der Wahl geltend gemacht.

Die Antragsteller haben vorgetragen, sämtliche Zusteller des Arbeitgebers seien Arbeitnehmer i.S. der §§ 5 und 7 BetrVG und damit wahlberechtigt. Daran ändere weder die Teilzeitbeschäftigung noch der Einsatz im Außendienst etwas. Auch könne bei der Zustellung als letztem Glied in der Vertriebskette keinesfalls von einer Tätigkeit untergeordneter Bedeutung gesprochen werden. Auch § 4 BetrVG sei im vorliegenden Falle nicht einschlägig. Die Zusteller bildeten weder einen Nebenbetrieb noch einen betriebsratsfähigen Betriebsteil. Ein Nebenbetrieb könne schon deshalb nicht angenommen werden, weil es insoweit an der erforderlichen selbständigen Betriebsorganisation auch auf wirtschaftlich-unternehmerischem Sektor fehle. Auch die Qualifikation als relativ eigenständiger Betriebsteil i.S. von § 4 S. 1 Nr. 2 BetrVG komme nicht in Betracht, da die überwiegende personelle und soziale Leitungsfunktion nicht von den jeweils unmittelbar vorgesetzten Inspektoren, sondern von der Geschäftsleitung selbst ausgeübt werde.

Die Antragsteller haben beantragt:

Es wird festgestellt, daß

  1. die Betriebsratswahl in der Gesamtheit nichtig bzw. ungültig ist;
  2. hilfsweise, daß die Wahl in der Gruppe der Arbeiter nichtig ist;
  3. hilfsweise, daß die Wahl in der Gruppe der Arbeiter ungültig ist.

Der Betriebsrat und der Arbeitgeber haben beantragt:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Der Betriebsrat hat vorgetragen, die Gruppe der Zusteller sei als eigenständiger betriebsratsfähiger Nebenbetrieb zu qualifizieren. Dies ergebe sich aus einer an der sachgerechten Wahrnehmung der Beteiligungsrechte orientierten Auslegung. Andernfalls würde eine vergleichsweise geringe Zahl von Beschäftigten, die die Zeitung herstelle, von einer dreimal so hohen Zahl teilzeitbeschäftigter Zusteller im Betriebsrat majorisiert. Im übrigen fehle es den ...

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