Verfahrensgang

ArbG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 13.04.1993; Aktenzeichen 3 BV 1/93)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu Ziffer 1 gegen denBeschluß desArbeitsgerichts Freiburg vom13.04.1993 – 3 BV 1/93 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Zustimmung des Beteiligten zu Ziffer 2 (im folgenden: Betriebsrat) zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem Beteiligten zu Ziffer 3 (im folgenden: Betriebsratsvorsitzender) durch die Beteiligte zu Ziffer 1 (im folgenden: Arbeitgeberin) zu ersetzen ist.

Das Arbeitsgericht hat mit dem der Arbeitgeberin am 09.07.1993 zugestellten Beschluß vom 13.04.1993, auf den zur Sachdarstellung Bezug genommen wird, den Antrag der Arbeitgeberin,

die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses von Herrn … zu ersetzen,

zurückgewiesen und in den Gründen im wesentlichen ausgeführt,

es könne dahingestellt bleiben, ob der Betriebsratsvorsitzende im Betriebsratsbüro Haschisch konsumiert habe. Die Zustimmung sei nicht zu ersetzen gewesen, da ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 BGB, die Behauptung der Arbeitgeberin unterstellt, nicht vorliege.

Indes könne dahinstehen, ob durch den behaupteten Konsum von Haschisch während einer Betriebsratssitzung zugleich das konkrete Arbeitsverhältnis des Klägers unmittelbar und erheblich beeinträchtigt worden sei. Selbst wenn man davon ausgehe, daß der Konsum nicht aus Anlaß, sondern bei Gelegenheit der Betriebsratssitzung erfolgt sei, liege kein wichtiger Grund für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor. Die Arbeitgeberin stelle zur Begründung auf die herausgehobene Position des Beteiligten zu Ziffer 3 als Betriebsratsvorsitzenden ab sowie auf den Vertrauensbruch, der sich daraus ergebe, daß der Betriebsratsvorsitzende Räumlichkeiten, die zur Erledigung von Betriebsratstätigkeit zur Verfügung gestellt worden seien, mißbraucht habe.

Diese Punkte seien bei der Prüfung der Frage der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht ausschlaggebend. Die besondere Stellung des Beteiligten zu Ziffer 3 als Betriebsratsvorsitzender könne nicht dazu führen, daß der Pflichtverstoß, der dem Beteiligten zu Ziffer 3 vorgehalten werde, zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führe.

Der Beteiligte zu Ziffer 3 sei als Arbeitnehmer weder in einer herausgehobenen Position tätig noch sei das Arbeitsverhältnis von einem besonderen Vertrauensverhältnis geprägt. Würden die von der Arbeitgeberin vorgetragenen Gründe berücksichtigt, so bedeute dies, daß der Beteiligte zu Ziffer 3 im Hinblick auf seine Betriebsratstätigkeit im Vergleich zu einem Zusteller, der diese Tätigkeit nicht ausübe, schlechter gestellt werde. Dies verbiete § 78 BetrVG. Die besondere Position des Beteiligten zu Ziffer 3 als Betriebsratsvorsitzender könne daher nicht zur Begründung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses herangezogen werden. Die von der Arbeitgeberin angeführten Gründe vermöchten eine Rolle zu spielen in einem möglichen Ausschlußverfahren nach § 23 BetrVG.

Prüfungsmaßstab sei nur die Frage, ob es ein wichtiger Grund sei, wenn ein Zusteller während der Arbeit Kanabis konsumiere, ohne daß dies erkennbar Auswirkungen auf die ausgeübte Tätigkeit habe.

Dabei sei davon auszugehen, daß der Konsum von Kanabis strafrechtlich nicht sanktioniert werde. Zwar sei derzeit nach § 29 BtMG der Besitz von Kanabis strafbar. Ob, wie der Betriebsratsvorsitzende meine, das Betäubungsmittelgesetz im Hinblick auf Art. 3 Grundgesetz verfassungswidrig sei, müsse nicht geprüft werden. Entscheidend sei, daß, stelle man auf das Arbeitsverhältnis ab, es der Arbeitgeberin unter Berücksichtigung des Bestandes des Arbeitsverhältnisses unter Auswirkungen des Verstosses, soweit das Arbeitsverhältnis tangiert sei, zumindest zumutbar gewesen sei, die ordentliche Kündigungsfrist zu wahren.

Ob überhaupt ein Grund für eine ordentliche Kündigung vorliege, könne dahinstehen. Zumindest rechtfertige das behauptete Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden keine außerordentliche Kündigung. Der Arbeitgeberin sei zumindest zumutbar gewesen, die ordentliche Kündigungsfrist von 2 Monaten zum Monatsende nach § 622 Abs. 2 BGB einzuhalten.

Stelle man auf die Länge der Beschäftigungsdauer von 14 Jahren ab, so sei es der Arbeitgeberin zumutbar gewesen, die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten. Dies auch deswegen, weil Auswirkungen des behaupteten Drogenkonsums auf die Erbringung der Arbeitsleistung weder ersichtlich seien noch behauptet worden seien.

Konsequenz dieses Ergebnisses sei, daß die beantragte Zustimmung des Betriebsrats zu einer in Aussicht genommenen außerordentlichen Kündigung nicht ersetzt habe werden können. Dem könne nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß eine ordentliche Kündigung nicht möglich sei. Dies sei Konsequenz der besonderen Stellung des Beteiligten zu Ziffer 3 als Betriebsratsmitglied und könne nicht zu einer Schlechterstellung des Betriebsratsmitgliedes führen. Soweit die Arbeitgeberin der Auffassung sei, daß das be...

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