Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Streitwert für Kündigungsschutzklage bei Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens mit geänderter Klage auf Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle. Stufenstreitwert in unterschiedlicher Höhe für die Zeit vor und ab Aufnahme des Rechtsstreits gegen Insolvenzverwalter

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts gemäß § 63 Abs. 2 GKG kommt es gemäß § 40 GKG ausschließlich auf den Zeitpunkt der Einleitung des Rechtszuges an.

2. § 40 GKG wird jedoch für den Fall der Aufnahme eines unterbrochenen Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter mit einer geänderten Klage auf Feststellung von Forderungen zur Insolvenztabelle durch § 182 InsO verdrängt. In diesem Fall ist daher ein Stufenstreitwert zu bilden(Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Werts vor und ab der Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter mit unterschiedlicher Streitwerthöhe).

 

Normenkette

GKG § 39 Abs. 1, §§ 40, 42 Abs. 3 S. 1, § 48 Abs. 1, § 63 Abs. 2; InsO § 182; ZPO § 3

 

Verfahrensgang

ArbG Stuttgart (Entscheidung vom 08.12.2011; Aktenzeichen 23 Ca 2295/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde des beklagten Insolvenzverwalters wird der Wertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vom 08.12.2011 - 23 Ca 2295/10 - abgeändert.

Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert vor Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter wird auf 53.960,75 €, danach auf 12.979,32 € festgesetzt.

2. Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beschwerde betrifft die Wertfestsetzung des Arbeitsgerichts gemäß § 63 Abs. 2 GKG.

Im Ausgangsverfahren wandte sich der Kläger gegen die ihm am 26.02.2010 zugegangene ordentliche Arbeitgeberkündigung der Schuldnerin vom 25.02.2010 zum 30.04.2010 (Antrag zu 1), machte für den Fall der Stattgabe der Kündigungsschutzklage die Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzrechtsstreits geltend (Antrag zu 2), begehrte die Zahlung rückständiger Provisionen i.H.v 36.124,96 € nebst Zinsen i.H.v. 5.208,31 € (Antrag zu 3), hilfsweise die Auskunft über näher bestimmte Geschäftsabschlüsse in der Zeit vom 01.03.2007-28.02.2009 (Antrag zu 3a) sowie die Bezahlung einer Provision i.H.v.7 % des sich aus der Auskunft ergebenden Nettoumsatzes (Antrag zu 3b) und verlangte die Berichtigung eines ihm erteilten Zeugnisses betreffend mehrere Punkte (Antrag zu 4) sowie die Bezahlung von Urlaubsabgeltung i.H.v. 6.169,11 € (Antrag zu 5).

Nach Unterbrechung des Verfahrens wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der verklagten Schuldnerin nahm der Kläger den Rechtsstreit gegen den Insolvenzverwalter auf. Unter Rücknahme der Klage im übrigen begehrte er nur noch die Feststellung einer Forderung i.H.v. 42.293,11 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5.208,31 € (Stand: 19.03.2010) und 363,45 € (Stand: 24.06.2011) zur Insolvenztabelle.

Der Rechtsstreit endete durch Vergleich, in dem der Insolvenzverwalter sich zur Feststellung einer Forderung i.H.v. 12.500,00 € (6.169,11 € Urlaubsabgeltung sowie 6.330,89 € Provision) zur Insolvenztabelle verpflichtete. Damit sollten sämtliche Ansprüche erledigt sein.

Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert auf 51.044,08 € festgesetzt (eine Quartalsvergütung des Klägers i.H.v.8.750,01 € für den Antrag zu 1 zuzüglich der Nennwerte der bezifferten Hauptforderungen von 36.124,96 € für den Antrag zu 3 und 6.169,11 € für den Antrag zu 5). Eine vom Insolvenzverwalter beantragte Streitwertreduktion auf 1/10 nach Aufnahme des Rechtsstreits gegen ihn hat es mit der Begründung abgelehnt, § 182 InsO finde keine Anwendung.

Hiergegen wendet sich die Beschwerde des Insolvenzverwalters, mit der er die begehrte Streitwertherabsetzung weiterverfolgt.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, sondern diese dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde des Insolvenzverwalters ist statthaft (§ 68 Abs. 1 S. 1 GKG); sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 68 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 S. 2 GKG) und auch im übrigen zulässig, aber nur teilweise begründet. Das Arbeitsgericht hat den für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert mit einer einheitlichen Festsetzung auf 51.044,08 € vor Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter zu gering (1.), danach aber zu hoch bemessen (2.). Die Wertfestsetzung war deshalb auf 53.960,75 € vor Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter und danach auf 12.979,32 € zu korrigieren - unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen.

1. Der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert vor Aufnahme des Rechtsstreits gegen den Insolvenzverwalter

a) Die gemäß § 42 Abs. 3 S. 1 GKG erfolgte Bewertung des Kündigungsschutzantrags zu 1 mit einer Quartalsvergütung des Klägers i.H.v.8.750,01 € lässt Ermessensfehler nicht erkennen und wird von den Beteiligten auch nicht angegriffen, so dass sich weitere Ausführungen des Beschwerdegerichts hierzu erübrigen.

b) Den Weiterbeschäft...

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