1.1 Herbeiführung einer Schwangerschaft

1.1.1 Erforderlichkeit

Die medizinischen Maßnahmen, eine Schwangerschaft herbeizuführen, müssen erforderlich sein. Dies ist der Fall, wenn

  • das Ehepaar ungewollt kinderlos ist und
  • andere medizinische Maßnahmen der Krankenbehandlung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten, nicht durchführbar oder nicht zumutbar sind.

Vorrangig sind somit Leistungen der Krankenbehandlung, die die Zeugungs- oder Empfängnisfähigkeit herstellen.[1]

 
Hinweis

Freiwillige Sterilisation

Ein Ehepaar ist nicht ungewollt kinderlos, wenn ein Ehegatte die Sterilität zuvor durch freiwillige, nicht krankheitsbedingte Maßnahmen herbeigeführt hat. In diesen Fällen ist der Leistungsanspruch ausgeschlossen.[2]

1.1.2 Erfolgsaussicht

Es muss eine hinreichende Aussicht bestehen, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird. Die hinreichende Aussicht besteht, wenn von dem betroffenen Paar insgesamt die Überwindung der Kinderlosigkeit erwartet werden kann und mit einer Gefährdung des Kindeswohls nicht zu rechnen ist.

Abhängig von der gewählten Behandlungsmethode ist nach mehrmaligen erfolglosen Versuchen davon auszugehen, dass keine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.[1]

 
Hinweis

Erfolgsaussichten

Eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht für die jeweiligen Behandlungsmaßnahmen dann nicht, wenn sie

  • bei der Insemination im Spontanzyklus bis zu 8-mal,
  • bei der Insemination nach hormoneller Stimulation bis zu 3-mal,
  • bei der In-vitro-Fertilisation bis zu 3-mal,
  • beim intratubaren Gameten-Transfer bis zu 2-mal,
  • bei der Intracytoplasmatischen Spermieninjektion bis zu 3-mal

vollständig durchgeführt wurden, ohne dass eine Schwangerschaft eingetreten ist.

Nach einer erfolgreichen Maßnahme (Geburt) besteht ein erneuter Anspruch auf die Leistung der Krankenkasse. Die Versuche vor der Geburt werden nicht berücksichtigt. Der Zähler wird auf "0" zurückgesetzt.

 
Hinweis

Geburt

Als Geburt gilt eine Lebend- oder Totgeburt gemäß § 31 PStV.

1.2 Ehe

Der Leistungsanspruch ist auf Personen beschränkt, die zum Zeitpunkt der einzelnen Leistungen in rechtsgültiger Ehe miteinander verheiratet sind.[1]

 
Hinweis

Nicht eheliche Lebensgemeinschaft

Versicherte Partner einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft sind vom Leistungsanspruch ausgeschlossen. Die gesetzlichen Grundlagen sind verfassungskonform.[2] Die Grundsätze sind auch auf die eingetragene Lebenspartnerschaft übertragbar.

1.3 Ei-/Samenzellen des Ehegatten

Bei der künstlichen Befruchtung werden ausschließlich Ei- und Samenzellen der Ehegatten verwendet (homologe Insemination). Fremde Zellen dürfen nicht verwendet werden (heterologe Insemination).[1]

 
Hinweis

Homologe Insemination

  • Die Regelung entspricht dem Verfassungsrecht und europäischem Recht.[2]
  • Aus dem Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 GG folgt keine Pflicht des Gesetzgebers, die Entstehung einer Familie mit gleichgeschlechtlichen Ehepartnern durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung (heterologe Insemination) mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung zu fördern. Die Vorschrift verstößt weder gegen das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 3 Abs 3 GG.[3]

1.4 Beratung/Durchführung

Die Ehegatten müssen sich von einem Arzt beraten lassen, bevor die Maßnahmen durchgeführt werden. Beide Ehegatten sind zu beraten. Die Beratung muss nicht unbedingt zeitgleich geschehen. Das Gespräch ist zu dokumentieren. Der beratende Arzt darf die Maßnahmen nicht selbst durchführen. Er überweist die Ehegatten an einen berechtigten Arzt.[1]

 
Hinweis

Erneute Beratung

Bei wiederholter Inanspruchnahme der Leistung ist eine erneute Beratung erforderlich, wenn

  • seit der letzten Unterrichtung mehrere Jahre vergangen sind oder
  • sich die für die beabsichtigte künstliche Befruchtung maßgeblichen Umstände erheblich geändert haben (z. B. neue wissenschaftliche Erkenntnisse, andere Befruchtungsmethode, veränderte Lebensumstände des Ehepaars).[2]

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