Eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung kann gegen den in Art. 3 GG statuierten Grundsatz, dass niemand wegen seiner Abstammung, seiner Rasse, seines Glaubens oder einer religiösen oder politischen Überzeugung oder seines Geschlechts benachteiligt werden darf, verstoßen. Erfolgt eine Kündigung tatsächlich im Hinblick auf diese Merkmale oder Eigenschaften des Arbeitnehmers, ist sie nichtig.[1]

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zwischen Männern und Frauen gemäß Art. 3 Abs. 2 GG ist dann gegeben, wenn die nachteilige Ungleichbehandlung aus geschlechtsspezifischen Gründen und nicht wegen eines verständigen und zu billigenden Grundes erfolgt.[2]

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden die genannten Kriterien ebenfalls geschützt. Hinzu kommen noch die weiteren Kriterien des Alters und der sexuellen Identität.[3] Danach darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht ohne Rechtfertigung[4] aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligen. Der Arbeitgeber ist aber berechtigt, aus anderen Gründen Differenzierungen vorzunehmen.

Für Kündigungen sollen nach § 2 Abs. 4 AGG "ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz" gelten. Damit erklärt der deutsche Gesetzgeber das AGG für unanwendbar auf Kündigungen. So klar diese Herausnahme von Kündigungen aus dem Diskriminierungsschutzrecht formuliert ist, so umstritten ist sie auch.[5] Erfolgt die Kündigung jedoch unter Verstoß gegen §§ 1, 7 AGG, ist sie unwirksam nach § 134 BGB. So kann eine Kündigung auch in der Wartezeit wegen einer Diskriminierung unwirksam sein, wenn sie aufgrund einer Behinderung des Arbeitnehmers ausgesprochen wurde. Dies setzt voraus, dass der Arbeitgeber die Kündigung durch zumutbare Maßnahmen hätte vermeiden können.[6]

In vielen Fällen wird die Rechtsfrage jedoch nicht entscheidungserheblich sein, denn in aller Regel ist eine nach dem AGG diskriminierende Kündigung schon nach anderen Gesetzen unwirksam. So wird für eine diskriminierende Kündigung grundsätzlich eher selten ein ausreichender Kündigungsgrund im Sinne des § 1 KSchG vorhanden sein. Selbst wenn das KSchG keine Anwendung findet, wird in den meisten Fällen eine nach dem AGG diskriminierende Kündigung an den Generalklauseln der §§ 138, 242 BGB scheitern, so z. B. eine Kündigung wegen der Homosexualität eines Arbeitnehmers.[7] Wegen Altersdiskriminierung wurde eine Kündigung in einem Kleinbetrieb für unwirksam gehalten. Der Arbeitgeber hatte die Kündigung mit Bezug auf die Pensionsberechtigung der Arbeitnehmerin ausgesprochen.[8]

Problematisch sind allerdings die Fälle, in denen sowohl ein Kündigungsgrund nach dem KSchG vorliegt (z. B. wirksame betriebsbedingte Kündigung mit ordnungsgemäßer Sozialauswahl) als auch der Arbeitgeber gleichzeitig eine Diskriminierung begeht.

 
Praxis-Beispiel

Kündigungsgrund + Diskriminierung

Nachdem nur noch eine Frau im Betrieb arbeitet und diese von den Sozialdaten mit dem einzig vergleichbaren Mann nahezu gleich steht, kündigt der Arbeitgeber bei Wegfall eines Arbeitsplatzes der Frau, weil er meint, Frauen gehörten "in die Küche". Entsprechend äußert er sich auch im Betrieb. Wie diese Fälle letztlich zu beurteilen sind, wird die Rechtsprechung noch zu entscheiden haben.

 
Praxis-Tipp

Keine Vermutung für Diskriminierung entstehen lassen

Trotz vieler zurzeit noch ungeklärten Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung des AGG sollten Arbeitgeber wegen der in § 22 AGG geregelten Beweislastumkehr in jedem Fall vermeiden, dass eine Vermutung (mehr als 50 % Wahrscheinlichkeit) entstehen kann, die Kündigung werde aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität[9] ausgesprochen. Eine solche Vermutung wird entstehen, wenn z. B. ein Vorgesetzter[10] im Zusammenhang mit der Kündigung etwa verlauten lässt: "Der Alte taugt nichts mehr" oder "sonst wird die noch schwanger". Auch sollte nicht mit dem Hinweis auf die Pensionsberechtigung gekündigt werden.[11] Hier sollte der Arbeitgeber darauf achten, dass insbesondere auf der mittleren Führungsebene das Bewusstsein geweckt wird, solche "flotten Sprüche" schon im Hinblick auf das Betriebsklima, aber auch zur Vermeidung rechtlicher Folgen zu unterlassen.

Relevant geworden sind die Diskriminierungsvorschriften des AGG bereits bei der Frage, ob bei der Sozialauswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung weiterhin das Alter des Arbeitnehmers berücksichtigt werden muss bzw. darf. Nach Ansicht des BAG ist das Alter unverändert mitzuberücksichtigen.[12] Auch die Bildung von Altersgruppen nach § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG ist weiterhin grundsätzlich zulässig und kann nach § 10 Sätze 1, 2 AGG gerechtfertigt sein.[13]

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